Aufenhaltbestimmungsrecht bei Schichtdienst

  • Hallo zusammen,


    mich beschäftigt folgende Frage:



    Mal angenommen der Sprößling geht in die Kita. Die Frau arbeitet etwas mehr als Teilzeit im Schichtdienst (Früh, Spät, Nacht Gesundheitswesen). Nun kommt es zur Trennung und die Frau möchte mit dem Kind weiter weg ziehen, was der Vater natürlich nicht will - es kommt zum Streit. Wie könnte sich die Entscheidung zum Aufenthaltsbestimmungsrecht ergeben, wenn die Mutter im Schichtdienst arbeitet und die Betreuung nicht vollständig über eine Kita gewährleistet werden kann? Wird dann auf ewig nachehelicher Unterhalt gezahlt oder wie wäre die Sachlage? Oder wäre der Vater besser gestellt, da er ein wesentlich besseres Arbeitszeitmodell hat und die Betreuung kontinuierlicher gestalten könnte?


    Vielen Dank!

  • Hi,


    die Frage war mir etwas zu allgemein gefaßt. Anderen hier wahrscheinlich auch. Ich versuche es trotzdem mal. Schichtdienst ist nicht unbedingt ein Kriterium, um zu entscheiden, wo das Kind leben soll. Es gibt neben der klassischen Kita noch eine Reihe von anderen Betreuungsmodellen, eben die Tagesmutter, der Kleinkindergarten (bis zu ich meine 5 Kindern), die Möglichkeit, dass die Mutter/der Vater der allerallerbesten Freundin des Kindes das Kind mit zu sich nimmt bis die Mutter kann, Betreuung durch Familie, Betreuung durch Nachbarin u.s.w.


    Also, das ist kein Kriterium. Ebenso wenig die Frage, ob und in welchem Umfang der Vater für die Kindsmutter Unterhalt zahlen muss. Es geht ausschließlich um das Kindeswohl, wobei ein wesentlicher Aspekt bei einem kleinen Kind in der Regel die Kontinuität der Erziehung ist. Wenn also die Mutter in Elternzeit war, damit auch die Hauptbezugsperson, wird das Kind auch bei ihr bleiben, selbst wenn sie arbeitet. Anders sieht es einige Jahre später aus, da kommen dann weitere Beurteilungskriterien dazu.


    Herzlichst


    TK

  • Hallo,


    das stimmt sicherlich, vielleicht ist eine direkte Befragung da kaum zielführend. Sogar bei Kindern im Pubertätsalter bekommt man da nicht immer eindeutige, verwertbare Aussagen, sogar da schwanken die Neigungen halt oft. Aber wir haben beispielsweise zwei Kleinkinder im Haushalt, da käme ich nicht auf die Idee, sie im Trennungsfall zu mir (als Vater) nehmen zu wollen, weil ich weiß, dass sie ohne die Mama nicht klar kämen. Und das meinte ich eigentlich. Es geht ums Kindeswohl und nicht um die Bequemlichkeit oder den finanziellen Vorteil der Eltern.

  • Hi,


    na, da sind wir uns ja wieder einig. Und in der Pubertät, du weisst ja, Pubertät ist, wenn die Eltern anfangen, schwierig zu werden.


    Letztlich setzt sich Kindeswohl aus eine Reihe von Faktoren zusammen. Die können wir hier im Einzelfall nicht abschätzen.


    Herzlichst


    TK

  • Hallo zusammen,


    vielen Dank, dass ihr doch noch so zahlreich geantwortet habt!


    Zitat


    was will denn das Kind? Hat das schon mal jemand gefragt?


    Das Kind ist leider zu klein, um befragt zu werden.


    Zitat

    ?Es gibt neben der klassischen Kita noch eine Reihe von anderen Betreuungsmodellen, eben die Tagesmutter, der Kleinkindergarten (bis zu ich meine 5 Kindern), die Möglichkeit, dass die Mutter/der Vater der allerallerbesten Freundin des Kindes das Kind mit zu sich nimmt bis die Mutter kann, Betreuung durch Familie, Betreuung durch Nachbarin u.s.w.


    Vielen Dank für deine Ausführung. Ich verstehe dann irgendwie nicht wirklich, was dann unter dem Kindeswohl (aus richterlicher Sicht) gemeint ist. Nach meinem Verständnis, was natürlich nicht unbedingt dem Gesetz entsprechen muss, kann es doch kaum dem Kindeswohl entsprechen, wenn das Kind bedingt durch Schichtdienste der Hauptbezugsperson durch verschiedene Betreuungspersonen/Gruppen "durchgereicht" wird. Beim Spätdienst wird es dann von der Tagesmutter geholt. Bei der Nachtschicht sitzt dann eine Freundin in der Wohnung. Beim Frühdienst bringt die alte Oma das Kind dann in die Kita??? Das ist dem Kindeswohl entsprechend auch wenn der Vater das alles regulierter liefern kann? Und ich frage mich auch, was dann mit künftigen Lebenssituationen ist. Wird das Kindeswohl denn nur am Status Quo festgemacht oder wird bei der Entscheidung auch die künftige Entwicklung mit berücksichtig? Ich überlege gerade wie es wäre, wenn ein 6 jähriges Kind aus der Schule kommt und das Elternteil dann in die Spätschicht geht. Ist hier die Förderung nicht gefährdet? Manchmal verstehe ich die Rechtssprechung nicht, aber das ist mein Problem :)


    Zitat

    ?es handelt sich offensichtlich um ein sehr kleines Kind. Das sollte man tunlichst aus dem Elternstreit raushalten, zumal ein Kind in dem Alter wohl kaum abschätzen kann, was dem Kindeswohl am ehesten entspricht.


    genau! Ich finde auch, Kinder gehören gänzlich aus dem Scheidungsstreit herausgehalten. Schade, dass man Elternteile nicht dazu verdonnern kann in der selben Stadt wohnen zu bleiben, wo das Kind auch geboren wurde. So könnte das Kind wie gewohnt seine Eltern haben, was meinem Verständnis von Kontinuität entsprechen würde und weniger, wer mehr auf dem "Elternzeitkonto" hat Es geht nicht darum Kosten durch das Erlangen eines Aufenthaltbestimmungsrecht zu sparen. Sondern darum, die bestmögliche Betreuung, Förderung und Entwicklung sicherzustellen. Am besten durch beide Elternteile auch nach einer Scheidung.


    Zitat

    ?Die können wir hier im Einzelfall nicht abschätzen.


    Das wäre auch zu viel verlangt! Vielen Dank noch mal, dass ihr mit diskutiert!

  • Hallo und guten Morgen,


    es mag sein, dass Deine Meinung richtig ist. Die Mutter ist offenbar anderer Auffassung. Vermutlich haben beide Ansichten ihre Berechtigung. Wenn man sich nicht einigen kann, dann muss man halt vor Gericht ziehen und darauf hoffen, dass die Richterin/der Richter ein Urteil fällt, das dem Kindeswohl am nächsten kommt.


    Ein Gesetz, das in der Lebensgestaltung Vorschriften macht, gibt es wohl kaum. Da muss jeder Einzelfall entschieden werden.


    Alles Gute.

  • Hi,


    auch Mobilität ist mit dem Kindeswohl vereinbar. Die Zeiten, in denen man irgendwo lebte, ein Leben lang, sind schon lange vorbei. Man kann von Mitarbeitern nicht bedingungslose Mobilität erfordern, und sie andererseits an einen Ort festbinden. Meine Eltern sind mit mir berufsbedingt über weite Teile meiner Jugend alle zwei-drei Jahre umgezogen, es war nicht ganz einfach, aber es hat funktioniert. Meine Kids sind mit mir auch umgezogen, haben sogar ein Jahr in den USA gelebt, auch alles prima überstanden, wir hatten Fremdbetreuung, da ich alleinerziehend war. Auch kein Problem. Kinder sind da wesentlich robuster und belastbarer als viele glauben, solange die emotionale Beziehung zu den Eltern stimmt. Nachtschicht, da gibt es z.B. in der Organisation, in der ich arbeitete, nachfolgendes Modell: wenn die Eltern nächtens arbeiten, können die Kids in der KitA übernachten. Gehen also zum Abendessen hin, schlafen dort, gehen von dort aus am nächsten Tag in die Schule, die Eltern können sich dann ausschlafen, nach dem Mittagessen kommen die Kids nach Hause und verbringen den Nachmittag mit den Eltern. Ich war sehr skeptisch, als dieses Angebot eingeführt wurde, ist heute der Renner, da hatte ich mich total verpeilt.


    Es gibt genug Eltern, die Schicht und "Aufzucht der Brut" gut miteinander verbinden können, glaub es mir einfach mal. Ich hab früher z.B. mit einem Babyphone und einer Nachbarin gearbeitet. Und, und, und. Zumal ja hier die Mutter nur teilzeitig arbeitet. Das ist organisierbar, glaub es mir mal.
    Und - Kindeswohl, das ist ein Puzzle, das sich aus vielen Einzelteilen zusammensetzt. Ein Teil ist die Art der Betreuung, da kommt aber noch vieles andere dazu. Und je kleiner das Kind ist, desto mehr spielt natürlich eine Rolle, wer bisher die Hauptbezugsperson war, wer in Elternzeit war. Und Schichtdienst - d.h. ja nicht, dass täglich gewechselt wird. Auch da kann man eine saubere Struktur reinbringen. Hinzu kommt ja noch, dass gerade in dem Pflegebereich zumindest in meinem Bundesland in der Regel mit nicht mehr als einer 30-Stunden-Woche gearbeitet wird. Also, man weiss nicht, wie da ein Gericht entscheidet.


    Ganz wichtig ist, dass das Kind aus dem Zoff völlig raus gehalten wird. Es muss wissen/fühlen, dass beide Elternteile bedingungslos für es da sind. Diese emotionale Sicherheit ist unglaublich wichtig. Und, selbst wenn die Mutter weit wegzieht und das Kind mitzieht, es gibt so viele Zeitmodelle des Umgangs. Ich bin sowieso ein Fan von seltener und länger (intensiver). Ich kann Eltern nur empfehlen, auch in dieser Richtung mal auszuloten, was geht. Etwa in Abstimmung mit dem Arbeitgeber in Zeiten, in denen das Kind beim anderen Elternteil ist, ein Zeitguthaben ansparen, welches man dann "abfeiert," wenn das Kind da ist. So Sachen halt. Einfach mal unübliche Modelle durchdenken. Dazu möchte ich Mut machen.


    Herzlichst


    TK