wenn die 100.000 Grenze kommt ...

  • es wird zugleich über die Vergangenheit ein Urteil verfasst und zugleich der zukünftige Unterhalt festgelegt, die zukünftige mtl. Unterhaltszahlung ist immer eine Prognose auf die Zukunft, beruht auf der Vergangenheit

    dies ist die Leistungsklage eines Sozialamts

    wenn der Unterhaltspflichtige bereits zuviel gezahlt hat, dann kann der Unterhaltspflichtige dies mit einer Widerklage kontern, quasi eine Aufrechnung der Vergangenheit

  • all diese Aspekte gelten auch ohne die zukünftige Grenze, ist ganz normales Unterhaltsrecht

    wir sollten es dabei belassen, eins wird klar, die Grenze wird jedenfalls die Gerichte beschäftigen

    für diejenigen die bereits vom Gericht zum Unterhalt verurteilt wurden, und ab 2020 unter der Grenze liegen wird eine Abänderungsklage notwendig

  • Streitereien um die Auskunftspflicht hat es schon immer gegeben,

    davon zeugen etliche Beiträge hier im Forum,

    davon zeugen etliche Verfahren vor den Sozialgerichten,


    das hatte mit der Grenze nichts zu tun


    die Grenze, und die damit verbundenen Fragestellungen sind eine neue Dimension, wie hier bereits aufgezeigt


    die Grundfrage, wie wird die Grenze berechnet, ist aus meiner Sicht im Großen und Ganzen bereits in der Vergangenheit von den Gerichten geklärt worden, das dürfte zukünftig nicht das große Thema sein

  • wir sollten es dabei belassen, eins wird klar, die Grenze wird jedenfalls die Gerichte beschäftigen

    für diejenigen die bereits vom Gericht zum Unterhalt verurteilt wurden, und ab 2020 unter der Grenze liegen wird eine Abänderungsklage notwendig

    Das müsste dann aber umgekehrt auch zum eigenen Vorteil ausgelegt werden können, sprich wenn man vorher unter 100.000€ lag und später bei bis zu 110.000 €, man trotzdem nicht zahlen müsste, richtig?

  • Wir hatten hier im Forum schon öfter das Thema,

    wenn ein Unterhaltspflichtiger ab 01.01.2020 weiterhin Unterhalt bezahlt,

    obwohl er unter der 100.000 € Grenze liegt,

    kann er diesen Unterhalt zurückfordern


    in diesem Zusammenhang möchte ich auf das folgende Urteil des BGH aufmerksam machen, vom 20.12.2006, AZ: XII ZR 84/04, siehe Urteil


    Unterhaltsleistungen mindern - anders als bloße Unterhaltsansprüche - allerdings den Anspruch auf Grundsicherungsleistungen.


    Zum Einkommen des Grundsicherungsberechtigten gehören deshalb tatsächlich an ihn erbrachte Unterhaltszahlungen, selbst wenn das Einkommen des Unterhaltsverpflichteten die Einkommensgrenze des § 43 Abs. 2 Satz 1 SGB XII unterschreitet

    Der Auffassung der Revision, die Regelung verstoße gegen Art. 3 Abs. 1 GG, weil die Gewährung von Leistungen der Grundsicherung letztlich davon abhänge, ob der Unterhaltspflichtige oder der Träger der Grundsicherung zuerst zahle, ist nicht zu folgen.

    Der Ungleichbehandlung, die darin zu sehen ist, dass Unterhaltsansprüche nicht berücksichtigt, Unterhaltsleistungen dagegen als Einkommen behandelt werden, liegt ein die Differenzierung rechtfertigender Umstand zugrunde. Durch die Einführung der Grundsicherungsleistungen soll, wie schon ausgeführt wurde, die verschämte Armut im Alter und in Fällen voller Erwerbsminderung verhindert werden. Einer solchen Hilfeleistung bedarf es nicht, wenn und soweit der Lebensbedarf durch Unterhaltsleistungen sichergestellt wird.



    > wer also bereits Unterhalt zahlt, ob freiwillig oder tituliert, sollte daher rechtzeitig die Zahlung einstellen, ansonsten läuft der Unterhaltspflichtige Gefahr,

    die Unterhaltsleistung wird als Einkommen des Elternteil angerechnet,

    Folge, eine Rückforderung kann ausgeschlossen sein

  • Zum Einkommen des Grundsicherungsberechtigten gehören deshalb tatsächlich an ihn erbrachte Unterhaltszahlungen, selbst wenn das Einkommen des Unterhaltsverpflichteten die Einkommensgrenze des § 43 Abs. 2 Satz 1 SGB XII unterschreitet

    Anmerkung dazu:


    die neue Regelung der Grenze ab 01.01.2020 ist identisch mit den Grundlagen zur Grundsicherung,

    es findet nur eine Erweiterung auf sämtliche Leistungen der Sozialhilfe statt

  • Wir hatten hier im Forum schon öfter das Thema,

    wenn ein Unterhaltspflichtiger ab 01.01.2020 weiterhin Unterhalt bezahlt,

    obwohl er unter der 100.000 € Grenze liegt,

    kann er diesen Unterhalt zurückfordern


    in diesem Zusammenhang möchte ich auf das folgende Urteil des BGH aufmerksam machen, vom 20.12.2006, AZ: XII ZR 84/04,


    Zum Einkommen des Grundsicherungsberechtigten gehören deshalb tatsächlich an ihn erbrachte Unterhaltszahlungen, selbst wenn das Einkommen des Unterhaltsverpflichteten die Einkommensgrenze des § 43 Abs. 2 Satz 1 SGB XII unterschreitet

    wenn Unterhaltspflichtige für das Jahr 2020 zuviel bezahlt haben, dann dürfte der Rückzahlungsanspruch schwierig werden, wenn das Sozialamt sich auf dieses Urteil bezieht

  • Unikat : Danke, das du uns auf diesen Sachverhalt mochmal hingewiesen hast.

    Da ich hier leider auch persönliche Erfahrungen gemacht habe, kann ich die Angaben von unikat nur dringlichst unterstreichen.

    Ich hatte , um meine Mutter finanziell unter die Arme zu greifen , vor über 10 Jahren mal einen Dauerauftrag über 150€ angelgt.

    Bei der jährlichen Überprüfung und Neuberechnung der GS hat das Amt diese "Untersrützung" als Einkommen gewertet und die Grundsicherung entsprechend gekürzt. Ich war entsetzt und musste feststellen, das ich sehr dumm war und mich nicht informiert hatte.

    Daher hier noch ein "Folgehinweis" für alle, deren Eltern im Heim leben und neben "Hilfe zur Pflege" auch noch Grundsicherung beziehen.

    Kein Geld auf das "Barbetragskonto" einzahlen, es kann als Einkommen gewertet werden.


    LG frase

  • Bei der jährlichen Überprüfung und Neuberechnung der GS hat das Amt diese "Untersrützung" als Einkommen gewertet und die Grundsicherung entsprechend gekürzt. Ich war entsetzt und musste feststellen, das ich sehr dumm war und mich nicht informiert hatte.

    in Zukunft wird dies nicht nur für die Grundsicherung gelten, sondern für jede Art von Sozialhilfe, wie Hilfe zur Pflege, Eingliederungshilfe, .....

    siehe § 8 SGB XII

  • wie schwierig das Thema der Umsetzung der Grenze zukünftig sein wird zeigt sich an den Erläuterungen von RA Hauß, siehe RA Hauß


    "Völlig unklar ist, ob die gesetzliche Vermutung eines unter 100.000 € liegenden Einkommens durch positive Kenntnis einer Einkommensauskunft vor dem 1.1.2020 widerlegt wird. Es käme dann auf den Zeitpunkt des Zugangs der Rechtswahrungsanzeige der Sozialhilfeträger beim unterhaltspflichtigen Kind an. Geht diese im Jahr 2019 zu, wäre Auskunft zu erteilen, um den für das Jahr 2019 zu zahlenden Unterhalt geltend zu machen. Ist die gesetzliche Vermutung so widerlegt, wäre auch für die Folgejahre Unterhalt zu zahlen. Bei einem Zugang der Rechtswahrungsanzeige im Jahr 2020 dagegen, kann sich das Kind auf die gesetzliche Vermutung berufen und muss keinen Unterhalt zahlen."


  • Bei einem Zugang der Rechtswahrungsanzeige im Jahr 2020 dagegen, kann sich das Kind auf die gesetzliche Vermutung berufen und muss keinen Unterhalt zahlen."

    wenn das Sozialamt die Vermutung jedoch widerlegen kann, dann kann Auskunft verlangt werden

    das Sozialamt prüft dann, liegt der Unterhaltspflichtige über oder unter der 100.000 € Grenze:


    nur der Unterhaltspflichtige,

    wenn seine jeweiligen Einkunftsarten, wie unselbständige Arbeit, Mieteinnahmen, Kapitalerträge, etc. nach Abzug der jeweiligen Werbungskosten, zusammengenommen unter 100.000 € liegen, dann ist er befreit,

    Vermögen spielt bei der Prüfung ob über oder unter 100.000 keine Rolle, genausowenig der Ehepartner


    >dies ist Sozialhilferecht kombiniert Einkommensteuerrecht


    liegt der Unterhaltspflichtige über 100.000, dann gilt folgendes:

    dann gelten die üblichen unterhaltsrechtlichen Regelungen des Elternunterhalts, wie jeweiliger Selbstbehalt, Einbeziehung des Ehepartners und auch die Vermögensprüfung


    > dies ist das bürgerliche Recht (BGB) = Unterhaltsrecht

  • nicht nur RA Hauß zeigt erhebliche Unsicherheiten im Zusammenhang mit der Grenze auf,

    ein weiteres Beispiel:

    siehe hier

    Außerdem können die Ämter im Blick haben, dass eine Unterhaltsleistungsfähigkeit nicht nur aus Einkommen, sondern auch aus Vermögen gezogen werden kann – und dann müssten sie sowieso Auskunft verlangen.


    Das bedeutet, dass auch für Mandanten, die weniger als 100.000 € verdienen, ggf. weiter Beratungsbedarf besteht. Nämlich dann, wenn sie z.B. mietfrei wohnen (und dadurch die genannte Grenze überschreiten) oder hohes Vermögen haben.


    > diese Aussage ist in jeglicher Hinsicht falsch, Mietfrei wohnen oder hohes Vermögen beeinflusst in keiner Weise die 100.000 € Grenze

    Beratungsbedarf haben die Anwälte,

    sie sollten sich mal intensiv mit der Rechtslage zur Grundsicherung beschäftigen und insbesondere § 16 SGB IV kennen

  • Hier ist oft von Richterrecht die Rede.

    Wäre es denkbar, dass sich das Amt auf den selben Standpunkt stellt wie der zitierte Anwalt, und ein Richter ihm Recht gibt?


    Und der Standpunkt, eine Einkommensgrenze kann nur sinnvoll auf die Leistungsfähigkeit aus dem laufenden Einkommen aber nicht auf die aus Vermögen angewendet werden, klingt auf jeden Fall nachvollziehbar. Was wenn ein Richter das auch so sähe?

  • Wäre es denkbar, dass sich das Amt auf den selben Standpunkt stellt wie der zitierte Anwalt, und ein Richter ihm Recht gibt?

    ganz klar nein, denn die gesetzliche Grundlage zur Prüfung der 100.000 € Grenze ist § 16 SGB IV


    "Gesamteinkommen ist die Summe der Einkünfte im Sinne des Einkommensteuerrechts; es umfasst insbesondere das Arbeitsentgelt und das Arbeitseinkommen."


    dies ist unmissverständlich, zur Auslegung gibt es etliche Urteile, nur die Einkünfte des Unterhaltspflichtigen sind zur Prüfung heranzuziehen, nie das Vermögen


    wenn ein Gericht zur Prüfung auch das Vermögen heranziehen würde, dann wäre dies nicht nur ein Verstoß gegen § 16 SGB IV, es wäre zugleich ein Verstoß gegen die Verfassung, denn ein Gericht darf nicht eigenes Recht setzen, dies ist dem Gesetzgeber vorbehalten


  • Ja, bei der Prüfung der Einkommensgrenze spielt das Vermögen kein Rolle, das ist unstrittig.


    Meine Frage zielte aber auf dieses fiktive Beispiel ab: Der (potentielle) UHP liegt unter der Einkommensgrenze von 100k (unstrittig). Das Amt stellt sich aber auf den Standpunkt, es müsse trotzdem Zahlen, weil er Leistungsfähig aufgrund eines (sehr) hohen Vermögens ist. Es kommt zum Gerichtsverfahren und der Richter gibt dem Amt Recht.


    Wäre dies denkbar (weil Richterrecht)?


    Nach allem was ich bisher gelesen habe: nein. Aber es scheint ja generell auch viel Willkür bei dem ganzen Thema im Spiel zu sein.