Wenn das Einkommen um die 100.000€ schwankt.

  • In Ergänzung zur Vorbereitung auf die 100.000€ Grenze würde ich gerne hier mal einen weiteren Aspekt vorstellen.


    Ein vermeindlich Unterhaltspflichtiger hat Einkommen laut Einkommenssteuerbescheid von 101000.€.

    Das ganze Programm läuft an und er muss EU-zahlen.


    Fall A: Nach einem Jahr korrigiert das Finanzamt v.A.w. den Bescheid und setzt einen Wert von 99.000€ fest.


    Wie sollte sich der nun schon Zahlende verhalten?


    Ein vermeindlich Unterhaltspflichtiger hat Einkommen laut Einkommenssteuerbescheid von 99.000.€.

    EU ist ausgeschlossen.


    Fall B: Nach einem Jahr korrigiert das Finanzamt v.A.w. den Bescheid und setzt einen Wert von 101.000€ fest.


    Was macht der eigentlich Unterhaltspflichtige jetzt?


    LG frase

  • ich möchte mal an dieser Stelle daran erinnern, außergewöhnliche Belastungen und Sonderausgaben können bei der Prüfung der Einkommensgrenze nicht abgezogen werden

    so wird gerechnet:


    Gemäß § 16 SGB IV ist Gesamteinkommen die Summe der Einkünfte i. S. des Einkommenssteuerrechts. Hierunter fallen nach § 2 Abs 2 Einkommenssteuergesetz (EStG) Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb, selbstständiger Arbeit, nichtselbstständiger Arbeit, Kapitalvermögen, Vermietung und Verpachtung. Bei den Einkünften aus selbstständiger Arbeit zählt der Gewinn vor Steuern. Bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit, Kapitalvermögen, Vermietung und Verpachtung ergeben sich die Einkünfte aus dem Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten. Einkünfte aus Kapitalvermögen sind unter Abzug des Sparerfreibetrages zu berücksichtigen, § 2 Abs 2 Satz 2, § 20 Abs 9 EStG (vgl. BSG, Urteil vom 22. Mai 2003 - B 12 KR 13/02 R -; BFG, Urteil vom 26. September 2000 - VI R 85/99 -; Klattenhoff, in: Hauck/Haines, Kommentar zum SGB IV, § 16, Rdnr 25). Die in den einzelnen Einkommensarten errechneten Ergebnisse werden schließlich zur Summe der Einkünfte zusammengefasst. Hierbei kommt im Rahmen eines die Einkunftsarten übergreifenden - vertikalen - Verlustausgleichs eine Verrechnung negativer und positiver Einkünfte verschiedener Art in Betracht (vgl. Klattenhoff, a. a. O., Rdnr 2).



    und deswegen ist bei der Prüfung der Grenze das Ergebnis des Einkommenssteuerbescheid nicht heranzuziehen, sondern dieser kann daher nur der Kontrolle dienen

  • Der Tenor des Gestztgebers besteht in dem Willen, den vermeindlich Unterhaltspflichtigen zu entlasten.

    Daher ist ein möglichst einfaches Vorgehen angezeigt, sonst würden ja die aufgezeigten Einsparungen bei der Bearbeitung nicht erreicht werden.

    Was spricht also dagegen, den Einkommenssteuerbescheid als Gradmesser zu verwenden?

    so wird gerechnet:

    Ergebnis, siehe auch den Einkommenssteuerbescheid.

    Hier Zeile, Gesamtbetrag der Einkünfte.

    ich möchte mal an dieser Stelle daran erinnern, außergewöhnliche Belastungen und Sonderausgaben können bei der Prüfung der Einkommensgrenze nicht abgezogen werden

    Danke nochmal für den Hinweis.

    Die Anrechnung erfolgt im Steuerecht auch erst nach der Feststellung des Gesamtbetrags der Einkünfte.


    LG frase

  • Ein vermeindlich Unterhaltspflichtiger hat Einkommen laut Einkommenssteuerbescheid von 101000.€.

    Das ganze Programm läuft an und er muss EU-zahlen.


    Fall A: Nach einem Jahr korrigiert das Finanzamt v.A.w. den Bescheid und setzt einen Wert von 99.000€ fest.

    wenn du hier Zahlen aus dem Einkommensteuerbescheid nimmst, dann sollte klargestellt werden, um welche Art von Beträgen es sich handelt


    - Gesamtbetrag der Einkünfte, oder

    - das zu versteuernde Einkommen


    denn du sprichst hier von Einkommen lt. Steuerbescheid, das zu versteuernde Einkommen beinhaltet neben den Werbungskosten auch den den Abzug von Sonderausgaben und außergewöhnliche Belastungen, und das ist falsch


    "Bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit, Kapitalvermögen, Vermietung und Verpachtung ergeben sich die Einkünfte aus dem Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten."


    zu der Thematik des § 16 SGB IV gibt es reichlich Urteile, siehe Urteile


    § 16 SGB IV

    Gesamteinkommen ist die Summe der Einkünfte im Sinne des Einkommensteuerrechts; es umfasst insbesondere das Arbeitsentgelt und das Arbeitseinkommen.



  • Steuerrecht ist nicht Unterhaltsrecht.

    Bei Nicht-Selbständigen kann der Einkommensteuerbescheid das Prüfungsergebnis andeuten.

    Bei Selbständigen ist das Steuerrecht in den Abzügen allerdings um einiges "großzügiger" und das Sozialamt wird sich nicht lediglich mit der Vorlage eines Steuerbescheides zufrieden geben, sondern vermutlich wie gehabt Gewinn-und Verlustrechnungen, Bilanzen, Steuererklärungen, Abschreibungslisten etc. für die letzten 3 Jahr vorlegen lassen.

  • Ich glaube das hatten wir schon mal geklärt.


    Es geht um den Gesamtbetrag der Einkünfte.

    Steuerrecht ist nicht Unterhaltsrecht.

    Auch hier herrscht Einigkeit.


    Das die Prüfung bei selbständiger Arbeit deutlich Komplexer sein wird ist ja auch schon bisherige Praxis.

    Daher ergeben sich hierbei ja auch viele strittige Aspekte, anders als bei nichtselbständigen Einkünften.


    LG frase

  • Das die Prüfung bei selbständiger Arbeit deutlich Komplexer sein wird ist ja auch schon bisherige Praxis.

    Daher ergeben sich hierbei ja auch viele strittige Aspekte, anders als bei nichtselbständigen Einkünften.

    und darum ist es notwendig, sich mit den einzelnen Einkunftsarten zu beschäftigen, denn die Steuerbescheide sind nur bedingt hilfreich, wie die Rechtsprechung immer wieder in diesem Zusammenhang betont


    interessant ist die Fragestellung, wenn eine Steuernachzahlung oder eine Steuerrückerstattung vorliegt, was passiert dann, ich bin auf eure Meinung gespannt

    ist eine rückwirkende Korrektur korrekt, gilt das Zufluss- bzw. Ablussprinzip, oder haben sie keinerlei Auswirkungen?

  • interessant ist die Fragestellung, wenn eine Steuernachzahlung oder eine Steuerrückerstattung vorliegt, was passiert dann, ich bin auf eure Meinung gespannt

    ist eine rückwirkende Korrektur korrekt, gilt das Zufluss- bzw. Ablussprinzip, oder haben sie keinerlei Auswirkungen?

    Ich meine mich zu erinnern, dass einige OLG Leitlinien ganz klar das Abflussprinzip vorsehen. Sind aber nicht viele und könnte jetzt auch keine nennen.

    Praktibal ist m. E. nur das Zuflussprinzip, da dass Abflussprinzip ja eine fiktive Steuerrechnung nach sich zieht.

  • interessant ist die Fragestellung, wenn eine Steuernachzahlung oder eine Steuerrückerstattung vorliegt, was passiert dann, ich bin auf eure Meinung gespannt

    ist eine rückwirkende Korrektur korrekt, gilt das Zufluss- bzw. Ablussprinzip, oder haben sie keinerlei Auswirkungen?


    Wenn die Diskussion wieder die Richtung verlässt, benötigen wir auch nicht den neuen Thread.

    der von mir angesprochene Aspekt ist erheblich mitentscheidend, bei der Antwort auf die Fragestellung " wenn das Einkommen um die 100.000 € schwankt"


    Beispiel: Steuerückstattung im Jahr 2021 für das Jahr 2020 in Höhe von 5.000 €


    welche Wirkung hat diese Zahlung bei der Prüfung der 100.000 € Grenze, für das Jahr 2020 oder für das Jahr 2021?

  • Beispiel: Steuerückstattung im Jahr 2021 für das Jahr 2020 in Höhe von 5.000 €


    welche Wirkung hat diese Zahlung bei der Prüfung der 100.000 € Grenze, für das Jahr 2020 oder für das Jahr 2021?

    unterhaltsrechtlich ist diese Steuerrückerstattung im Jahr 2021 Einkommen des Unterhaltspflichtigen, aus dem Zuflussprinzip,

    verändert somit nicht das Einkommen für das 2020

    Zu welcher Einkunftsart sollen denn die Steuererstattungen gehören?


    Ich hoffe doch nicht, dass hier das Unterhaltsrecht wieder eine Besonderheit hervorbringt.

    natürlich ist eine Steuerrückerstattung keine steuerrechtliche Einkunftsart


    wenn im Jahr 2020 der Unterhaltspflichtige zu seinen Einkünften Auskunft aus den Daten aus dem Jahr 2019 erteilt, weil beispielsweise aus Sicht des Sozialamts "die Vermutung widerlegt" wurde und auf dieser Basis die Prüfung das Überschreiten der Grenze ergibt (Summe der Einkünfte), und der Unterhaltspflichtige zur Zahlung verpflichtet ist, und es auch macht,

    es gab auch eine Steuerrückerstattung im Jahr 2020, dann erhöht diese seine unterhaltsrechtliche Leistungsfähigkeit


    um aus dieser "Falle" herauszukommen, gibt es 2 Möglichkeiten:

    - Verminderung der Einkünfte, was in der Regel unterhaltsrechtlich problematisch ist, auch wenn es steuerrechtlich soweit ok ist,

    oder

    - Erhöhung der Werbungskosten, diese müssen sich im erheblichen Maße erhöhen, um die Einkünfte unter die 100.000 € Grenze zu drücken


    bleibt der Unterhaltspflichtige auch danach über der Grenze, so bewirken die erhöhten Werbungskosten eine höhere Steuererstattung,

    Folge: höhere Leistungsfähigkeit im Jahr 2021

  • oder

    - Erhöhung der Werbungskosten, diese müssen sich im erheblichen Maße erhöhen, um die Einkünfte unter die 100.000 € Grenze zu drücken

    erhöhen sich die Sonderausgaben oder die außergewöhnlichen Belastungen, so haben diese zwar positive steuerrechtlichen Wirkungen (Steuererstattung),

    aber führen zugleich zur Erhöhung der Leistungsfähigkeit

    jedoch keine Auswirkungen bei der Bemessung (Prüfung) der 100.000 € Grenze

  • Hallo liebes Forum, hier ist mal wieder der Lemming!


    Nach der guten Unterstützung durch euch im Mai und Juni ( nochmal herzlichen Dank dafür ) warten wir noch immer auf die Rechtswahrungsanzeige.

    Meine Schwiegermutter ist seit Anfang April im Pflegeheim. Unmittelbar nach dem Einzug in dieses wurde vom Sozialamt die Geburtsurkunde meines Mannes angefordert und seitdem ist Funkstille.

    In der Zwischenzeit ist ja jetzt Bewegung bei dem neuen Gesetz bezüglich der 100.000 € Grenze eingetreten.


    Dazu nun Fragen:


    Beziehen sich die 100.000 € nur auf das Einkommen meines Mannes (UP) oder gilt die Grenze für das Familieneinkommen, also muss ich mein Einkommen dazu rechnen ??


    UP verdient knapp über 100.000 €. Wird in dem Fall alles so berechnet wie bisher oder gibt es dann eine Änderung der Berechnung ?


    Ich danke euch schon mal vorab


    Herzliche Grüße


    Lemming

  • Beziehen sich die 100.000 € nur auf das Einkommen meines Mannes (UP) oder gilt die Grenze für das Familieneinkommen, also muss ich mein Einkommen dazu rechnen ??


    UP verdient knapp über 100.000 €. Wird in dem Fall alles so berechnet wie bisher oder gibt es dann eine Änderung der Berechnung ?

    in der Prüfungsstufe wird geprüft, ob der Unterhaltspflichtige über oder unter 100.000 € liegt, und das geht so:

    nur der Unterhaltspflichtige,

    wenn seine jeweiligen Einkunftsarten, wie unselbständige Arbeit, Mieteinnahmen, Kapitalerträge, etc. nach Abzug der jeweiligen Werbungskosten, zusammengenommen unter 100.000 € liegen, dann ist er befreit,

    Vermögen spielt bei der Prüfung ob über oder unter 100.000 keine Rolle, genausowenig der Ehepartner


    >dies ist Sozialhilferecht kombiniert Einkommensteuerrecht


    liegt der Unterhaltspflichtige über 100.000, dann gilt folgendes:

    dann gelten die üblichen unterhaltsrechtlichen Regelungen des Elternunterhalts, wie jeweiliger Selbstbehalt, Einbeziehung des Ehepartners und auch die Vermögensprüfung


    > dies ist das bürgerliche Recht (BGB) = Unterhaltsrecht