Wann tritt Verjahrung der Elternuntehaltsforderung ein

  • Hallo Betroffene,


    auch wenn wir alle gespannt auf den kommenden Freitag warten, gibt es ja auch noch Altfälle die geregelt werden könnten.


    Daher habe ich zu folgender Situation eine Frage:


    Sozialhilfefall tritt im Januar 2018 ein und Auskunft wird erteilt.

    Nur der UHP gibt Auskunft, seine Ehefrau weigert sich und das Amt versucht auch nicht weiter an die Auskunft der Ehefrau zu kommen.

    Die Berechnung (Forderung) kommt im Dezember 2018 nur auf Datenlage der Auskunft des UHP.

    Die Berechnung wird zurückgewiesen und auch keine Zahlung geleistet, Letzter Kontakt dazu mit dem Amt über einen Anwalt im Februar 2019.

    Seit dem keine Bewegung.

    Bewusst wurde auch keine weitere Kommunikation betrieben, das letzte Schreiben war das vom Anwalt und blieb bisher unbeantwortet.


    Was soll man nun tun, wenn das Gesetz kommt? Man würde ja mit der Information, das man unter 100.000€ liegt, den Verjährungsvorgang selber unterbrechen.


    VG frase

  • Abwarten! Nichts zahlen! Ruhig verhalten!

  • Hallo,

    auch ohne die geplante Gesetzesänderung zum Anfang kommenden Jahres habe ich noch ein Altproblem.


    Wir wurden im März 2017 für ergänzende Sozialkosten ab 01.04.2017 vom SA angeschrieben. Wir haben dann in mehreren persönlichen Gesprächen direkt im Amt die Situation erörtert und mit Hilfe eines verständnisvollen aber wenig motivierten Beamten die angeforderten Unterlagen ausgefüllt und gleichzeitig in das Datensystem eingegeben. Während meine Schwester aufgrund ihrer Einkommensverhältnisse gleich aus dem Raster fiel, gestaltete sich die Situation bei mir etwas knapper. Trotzdem sollte es reichen und mir die Befreiungsmitteilung demnächst zugehen. Meinem Bruder wurde übrigens auf die Einreichung seiner Unterlagen bis zum heutigen Tag nicht geantwortet.


    Ich habe dann zweimal mich telefonisch nach der ausstehenden Mitteilung erkundigt, danach bin ich auf Tauchstation gegangen. Bis zum heutigen Tage habe ich vom Amt nichts mehr gehört, weder eine Nachprüfung nach 2 Jahren, einfach gar nichts außer von einer anderen Stelle des Hauses Änderungen der Zahlbeträge. Sind etwaige Forderungen ab 01.04.2017 teilweise schon verwirkt?

  • Unikat, bist du dir da ganz sicher? Unser Anwalt hat das nämlich zunächst auch gesagt, meinte aber, dass das nun doch nicht mehr so ist und man nun drei Jahre warten muss.

    absolut sicher, denn


    wenn das Gesetz am 01.01.2020 kommt und der Unterhaltspflichtige unter der Grenze liegt, dann kann das Sozialamt für 2020 keinen Unterhalt mehr fordern

    im ganzen 2020 läuft die 12 Monatsfrist der zeitlichen Verwirkung, Ende Dezember 2020 ist die 12 Monatsfrist abgelaufen, sämtliche Verpflichtungen vor 2020, also Ende 2019, sind dann erloschen


    grundsätzlich:


    zeitliche Verwirkung bedeutet, es kann nur für die letzten 12 Monate gefordert werden, wenn das Sozialamt sich länger als 12 Monate nicht mehr gemeldet hat

  • Sind etwaige Forderungen ab 01.04.2017 teilweise schon verwirkt?

    wenn sich das Sozialamt seitdem nicht mehr gemeldet hat, dann liegt zeitliche Verwirkung vor,

    es können bisher nur die letzten 12 Monate gefordert werden, also die Zeit vom November 2018 bis November 2019


    die Zeit vor dem November 2018 ist verwirkt, für das Sozialamt verloren


    umso länger das Sozialamt schweigt, umso besser für den Unterhaltspflichtigen

  • siehe dazu Urteil des BGH vom 15.09.2010, AZ: XII ZR 148/09 (Elternunterhalt)


    Diese Gründe, die eine möglichst zeitnahe Geltendmachung von Unterhalt nahe legen, sind so gewichtig, dass das Zeitmoment der Verwirkung auch dann erfüllt sein kann, wenn die Rückstände Zeitabschnitte betreffen, die etwas mehr als ein Jahr zu-rückliegen (Senatsurteil vom 23. Oktober 2002 - XII ZR 266/99 - FamRZ 2002, 1698, 1699). Dieselben Anforderungen gelten, wenn die aus übergegangenem Recht klagende Behörde tätig wird.


    Dieser Grundsatz der 12 Monatsfrist gilt im gesamten Unterhaltsrecht, wird in etlichen Urteilen bestätigt

  • Er meint nun, dass der BGH inzwischen (ich meine Anfang 2018) von diesem Zeitpunkt leider abgerückt ist.

    der BGH ist nicht abgerückt,

    siehe Urteil des BGH vom 31.01.2018, AZ: XII ZB 133/17


    "Diese Gründe, die eine möglichst zeitnahe Geltendmachung von Un-terhalt nahelegen, sind so gewichtig, dassdas Zeitmoment der Verwirkung auch dann erfüllt sein kann, wenn die Rückstände Zeitabschnitte betreffen, die etwas mehr als ein Jahr zurückliegen."


    das Urteil bezieht sich auf Kindesunterhalt,

    und in diesem traten bei dem Urteil besondere Umstände hinzu, denn bei der zeilichen Verwirkung gilt das sog. Zeitmoment, die 12 Monate, und

    das sog. Umstandsmoment


    "b) Nach diesen Maßstäben ist im vorliegenden Fallentgegen der Auffas-sung des Oberlandesgerichts eine Verwirkung nicht eingetreten.Zwar steht die Annahme des Zeitmoments im Einklang mit der Senatsrechtsprechung. Es fehlt aber an der Verwirklichung des Umstandsmoments."


    "Der Antragsgegner ist dementsprechend zunächst selbst nicht davon ausgegangen, er müsse keinen Unterhalt zahlen. Denn er berechnete seiner-

    seits den von ihm zu erbringenden Unterhaltsanteil auf monatlich 129€ und leistete drei Zahlungen von je 140€."


    wer sich so verhält, dann ist klar, keine zeitliche Verwirkung, Stichwort Umstandsmoment,


    wenn ein Unterhaltspflichtiger von sich aus aktiv wird, in welcher Form auch immer, keine zeitliche Verwirkung

  • Okay, verstehe ich das richtig: Die zeitliche Verwirkung ist in dem obigen Fall nicht eingetroffen, weil er gezahlt hat? Hätte er nicht gezahlt, hätte es sich um zeitliche Verwirkung gehandelt?


    Du schreibst oben noch, dass es sich um zeitliche Verwirkung handelt, wenn das SA sich nicht meldet. Wenn das Amt einen Prozess androht, sagen wir 11 Monate nach der Berechnung des Unterhalts, dann zählt das als "sie haben sich gemeldet"? Oder muss innerhalb der 12 Monate nach der Unterhsltsforderung ein Prozess gestartet werden?

  • Hallo liebe Forumsmitglieder,

    bezüglich der zeitlichen Verwirkung möchte ich Euch meinen Fall zur Beurteilung schreiben:

    Juni 2017 RWA erhalten

    Juli 2018 SA stellt meine Leistungsfähigkeit fest und fordert 130,-- mtl. rückwirkend ab 1.6.2017

    August 2018 Schreiben meines Rechtsanwaltes -

    Oktober 2018 Schreiben meines Rechtsanwaltes wg. Instandsetzung Wohnhaus und weitere Kredite

    März 2019 Schreiben Rechtsanwalt wg. angeforderter Unterlagen von SA.

    Bis heute hat das SA nicht reagiert. Obwohl ich alles hier gelesen habe, bin ich nicht sicher, ob schon ein Teil der Forderung erloschen ist.

    Ich bin dankbar für Euren Rat.

    Giesea1951

  • Okay, verstehe ich das richtig: Die zeitliche Verwirkung ist in dem obigen Fall nicht eingetroffen, weil er gezahlt hat? Hätte er nicht gezahlt, hätte es sich um zeitliche Verwirkung gehandelt?

    wer beim Sozialamt nachfragt, warum auch immer, oder eine Neuberechnung verlangt, oder sogar eine Abschlagszahlung leistet, der unterbricht selbst die zeitliche Verwirkung, kann sich nicht mehr darauf berufen

    deswegen sagt awi auch immer hier im Forum, Leute haltet die Füße still

  • Greife den Faden hier nochmal auf.


    Die zeitlichen Abläufe sind soweit geklärt.


    Wenn ein Amt aber fast ein Jahr keine Erwiederung zum letzten Schreiben schickt, hat man da nicht auch ein gutes Argument um auf einen Vergleich hinzuwirken.

    Es macht doch keinen Sinn, wenn in dem Briefwechsel am Ende eigentlich vom UHP seine Leistungsfähigkeit negiert wird und das Amt dann erst nach einem Jahr neue Auskünfte wünscht um eine neue Berechnung anzustellen.

    Nach dem was ich hier bisher gelesen habe, kann das Amt doch nur das fordern, was nach der ersten Berechnung verlangt wurde.


    VG frase