Schonvermögen für Bestattungsvorsorge hernehmen?

  • Hallo zusammen,

    meine Mutter lebt seit einigen Jahren im Pflegeheim. Bis Ende 2019 habe ich die nicht gedeckten Kosten getragen. Auf Grund der sich ändernden Rahmenbedingungen zum Elternunterhalt (Einkommen <100 TEUR) wurde Anfang 2020 der Sozialhilfeantrag (Hilfe zur Pflege) gestellt. Dieser wurde im April 2021 (nach über 1 Jahr) endlich bewilligt. Eine Sterbegeldversicherung wurde damals aufgelöst, weil der Sozialhilfeträger nicht erlaubt hat, dass man bei der Sterbegeldversicherung für die Bestattungsvorsorge verwendet (d.h. den Bestatter als Begünstigten einträgt). Man hat uns gesagt, dass eine Bestattungsvorsorge nach Antrag auf Sozialhilfe nicht mehr möglich ist. Damit ist das Geld jetzt am Girokonto (unter 5.000 Euro)


    Jetzt zu meiner Fragen:

    1. Darf meine Mutter meiner Schwester (= Bevollmächtigte) den am Girokonto vorhandenen Betrag (rd. 3.500 Euro) geben, damit sie damit eine Bestattungsvorsorge für sie abschließt. Den Restbetrag (3.500 Euro werden für die Beerdigung nicht reichen) würde ich dann übernehmen.


    2. Oder ist es sinnvoller, dass unsere Mutter den Bestattungsvorsorgevertrag selbst abschließt?


    3. Prüft das Sozialamt im Todesfall, wohin das Schonvermögen gekommen ist und sagt dann die Bestattungsvorsorge ist unzulässig (falls meine Mutter die Bestattungsvorsorge selbst abschließt)?


    4. Kann meine Mutter alternativ mir das Geld geben und ich schließe die Bestattungsvorsorge ab? In diesem Fall könnte man sagen, sie hat mir einen Teil der von mir über 3 Jahre getragenen Kosten zurückgegeben?


    Danke schon mal für eure Antwort.

  • Hallo Fridolin,


    dein Fall zeitg, wie dreist die Ämter agieren.

    Was geschen ist kann man aber nicht Rückgängig machen, die Sterbegeldversicherung (wenn angemessen) hätte nicht aufgelöst werden müssen.


    Nun zu den Fragen:


    zu 1. Es gibt hier in den Ländern unterschiedliche Regelungen, was die Höhe der Bestattungsvorsorge angeht.

    Das sollte vorher geprüft werden, dann kann aus dem Schonvermögen natürlich auch eine solche Vorsorge errichtet werden.

    Der Sozialhilfeempfänger kann mit seinem Schonvermögen verfahren, wie er will.


    zu 2. Das spielt eigentlich keine Rolle (bei Geschäftsfähigkeit), der Bestatter sollte hier beraten, welches die optimale Form wäre, auf die das Amt nicht zugreifen kann.


    zu 3. Das Amt prüft nach der Bestattung die Geldflüsse, also alles mit Rechnung aufheben und belegen.

    Auch ist es wichtig, den Kontostand, des Girokontos und des Taschengeldkontos im Heim im Auge zu behalten.

    Da aber die Bestattung oft mehr kostet (Formalitäten, Bestattungsart, Grabstelle, Grabstein, Grabpflege, Beisetzungskosten, Trauerfeier usw.) gibt es da wenig Probleme.


    zu 4. Was die Mutter mit ihrem Schonvermögen macht, ist ihre Sache (siehe 1.)

    Besprecht das in der Familie, es muss sich ja eh einer um die Abläufe nach dem Tod kümmern.


    Ich habe diesen ganzen Vorgang selber durchgeführt und meine Mutter hatte ein sehr gutes Gefühl, dass alles für den "Fall der Fälle" geregelt war.

    Über den Bestatter habe ich ein Treuhandkonto (bei schon lange laufender Sozialhilfe) für Sie eingerichtet und für Berlin waren 4000€ erlaubt.


    Lasst euch von den Ämtern immer die Rechtsgrundlage mit den genauen § mitteilen, wenn die was fordern.

    Nach dem AEG sind die alle klamm und versuchen jede Möglichkeit zu nutzen.


    Gruß


    frase

  • die Sterbegeldversicherung (wenn angemessen) hätte nicht aufgelöst werden müssen.


    es kommt auch auf den Zeitpunkt des Abschlusses an



    Zur Angemessenheit und der Meinung der SHT darüber:


    https://www.kreis-kleve.de/www/hbsweb.nsf/files/%C2%A7%2090%20Einzusetzendes%20Verm%C3%B6gen;%20Stand%2001.12.2020/$file/090-Einzusetzendes%20Verm%C3%B6gen%20-%2001.12.2020.pdf


    8.3. Vorsorge für den Todesfall

    Eine Härte kann auch angenommen werden bei Sterbegeldversicherungen

    und Bestattungsvorsorgeverträgen, soweit diese nicht im Hinblick auf eine

    konkret zu erwartende Sozialhilfebedürftigkeit abgeschlossen worden sind.

    ...

    ...




    https://www.hamburg.de/content…gbxii-90-00-vermoegen.pdf

    5.4.10 Verschonung eines Vermögens zur Bestattungsvorsorge

    Gemäß der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urteil vom 18. März 2008, Aktenzeichen:

    B 8/9b SO 9/06 R) ist ein Bestattungsvorsorgevermögen anrechnungsfrei zu belassen, sofern die

    nachfolgend genannten Voraussetzungen vorliegen. In solchen Fällen ist grundsätzlich von einem

    Härtefall im Sinne des § 90 Abs. 3 Satz 1 SGB XII auszugehen. Dies trifft erst recht zu, wenn der Bestattungsvorsorgevertrag so individuell gestaltet ist, dass ein Dritter an der Übernahme eines solchen

    Rechts keinerlei Interesse hat (z.B. bei einem Vertrag mit einer Kirchengemeinde, der die Pflege einer

    bestimmten Grabstätte vorsieht oder bei einer Grabstätte, die Teil eines Familiengrabes ist).

    5.4.10.1 Zweckbindung des Vermögens

    Zu verschonen ist das Vermögen, soweit es nachweislich für den Zweck bestimmt ist, finanziell für

    eine angemessene Bestattung und Grabpflege vorzusorgen. Der bloße Abschluss einer Lebensversicherung oder das Anlegen eines Sparbuches, welche ohne Einschränkungen verwertbar sind, reichen

    hierfür nicht aus.

    Grundsätzlich sind solche angesparten Vermögenswerte einzusetzen. Ausnahmsweise sind Geldbeträge zur Bestattungsvorsorge jedoch zu verschonen, wenn das hierfür angesparte Vermögen nach

    dem Ableben der betreffenden Person ausschließlich zu diesem Zweck verwendet werden kann.

    Dann darf die Auszahlung aus einer Sterbegeldversicherung oder einem Bestattungsvorsorgevertrag

    nur an diejenige Person oder an dasjenige Bestattungsinstitut erfolgen, die bzw. das rechtlich ver-

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    pflichtet ist, für die Bestattung finanziell aufzukommen. Es reicht beispielsweise nicht aus, wenn vertraglich vereinbart ist, dass das Vermögen im Todesfall einem nahe stehenden Verwandten ausgezahlt wird, dieser aber rechtlich nicht verpflichtet ist, die Bestattungskosten zu tragen.

    5.4.10.2 Angemessenheit des Vermögenseinsatzes

    Das angelegte Vermögen muss der Höhe nach für eine angemessene Bestattung und Grabpflege bestimmt sein. Die Angemessenheit ist danach zu beurteilen, welche Kosten üblicherweise für eine einfache Bestattung aufzuwenden sind, sowie für eine Grabpflege, wenn das Grab für die Dauer der

    Mindestruhezeit in einem der maßgeblichen Friedhofsordnung entsprechenden Zustand gehalten

    werden soll.

    Für eine finanzielle Vorsorge für den Todesfall wird ein Gesamtbetrag bis zur Höhe von 8.200,- EUR

    als angemessen angesehen (maximal 5.510,- EUR für die Bestattung sowie maximal 2.690,- EUR für

    die Grabpflege).

    Ein übersteigendes Vermögen ist dem Schonvermögen bis zur maßgeblichen Grenze nach § 90 Abs.

    2 Nr. 9 SGB XII hinzuzurechnen, wenn die für diesen Freibetrag maßgeblichen Schutzgrenzen noch

    nicht ausgeschöpft sind oder in vollem Umfang zu verwerten, wenn der Freibetrag bereits vollständig

    ausgeschöpft ist. Wird die Kündigung eines Vorsorgevertrages notwendig, da die Schonbeträge überschritten werden, ist eine Einzahlung in einen Neu-Vertrag unter Einhaltung der geltenden Schonbeträge möglich. Einzusetzen sind nur übersteigende Beträge.

    5.4.10.3 Leistungsausschluss bei absichtlicher Vermögensminderung

    Ein Härtefall mit der Folge einer Vermögensverschonung ist nicht gegeben, wenn die Anlage einer

    Bestattungsvorsorge in der Absicht vorgenommen wurde, das Vermögen der Sozialhilfe zu entziehen

    (z.B., wenn der Hilfeempfänger den Bestattungsvorsorgevertrag kurze Zeit vor Eintritt der Bedürftigkeit abgeschlossen hat mit der Absicht, die Leistungsvoraussetzungen für den Bezug der Sozialhilfe

    herbeizuführen).

    Abkürzungen: UHP = Unterhaltspflichtige(r), UHB = Unterhaltsberechtigte(r), RWA = Rechtswahrungsanzeige, SHT = Sozialhilfeträger, AVV = Altersvorsorge(schon)vermögen


  • Hallo Meg,


    ich drücke es mal einfach aus. Natürlich darf die Sterbegeldversicherung nicht über die Sozielhilfe finaziert werden.

    Das Problem bleibt aber die aufgelaufene Sparleistung, die steht dem Versicherten zu.

    Wie ich es geschrieben hatte, habe ich die Bestattungsvorsorge in Absprache mit dem Sozialamt auch bei schon lange laufender Sozialhilfe errichtet.

    Das Treuhandkonto wurde der Sozialhife mitgeteilt und die Summe bis zum Freibetrag über die Jahre aufgefüllt.

    Selbst ein Auseinandersetzungsbetrag ihrer Genossenschaftsanteile, der in dieser Zeit ausgeschüttet wurde, hat das Amt nicht mehr fordern können, denn ich hatte diesen direkt auf das Treuhandkonto transferieren lassen und schon bei allen Anträgen immer diese Genossenschaftsanteile immer als Bestattungsvorsorge ausgewiesen.

    Es ist also schon wesentlich, wie man die Sache angeht und nach welchen Richtlinen das Amt handelt.

    Diese würde ich mir immer zeigen und erklären lassen.


    Gruß


    frase

  • Hallo zusammen,


    erst noch einmal danke für eure Antworten.

    Zwischenzeitlich habe ich in Erfahrung gebracht, dass meine Angaben nicht ganz korrekt waren. Meine Schwester berichtete über die Sterbegeldversicherung, aber es war de fakto keine, sondern eine Lebensversicherung, die meine Mutter zur Deckung der Beerdigung abgeschlossen hatte. Als bezugsberechtigt war meine Schwester eingetragen und das hat das Sozialamt nicht akzeptiert. Wahrscheinlich wurde richtig gehandelt.

    Meine Schwester wollte schon damals eine Bestattungsvorsorge einrichten und den Bestatter als "bezugsberechtigt" in die Lebensversicherung eintragen lassen. Das war nach Sozialamtsauskunft damals nicht möglich.

    Wie auch immer die Lebensversicherung ist aufgelöst und der Betrag von 3.500 Euro auf dem Girokonto meiner Mutter.


    Heute war meine Schwester bei einem Bestatter, der jetzt ein Angebot macht und sagt, die Beerdigung würde mit rd. 4.000 Euro veranschlagt.

    Sobald das konkrete Angebot vorliegt, will meine Schwester den Vertrag über die Bestattungsvorsorge abschließen. Der Bestatter will dafür eine Sterbegeldversicherung abschließen. Der Bestatter empfiehlt dem Sozialamt telefonisch mitzuteilen, dass man dies tut.


    Frase sagt, er hätte in Abstimmung mit dem Sozialamt ein Treuhandkonto eingerichtet und dieses bis zum Schonvermögen aufgefüllt.

    Das Schonvermögen liegt aktuell bei 5.000 Euro. Ich verstehe nicht, warum man das mit dem Sozialamt abstimmen muss. Und falls sich das aus welchen Gründen auch immer empfiehlt, reicht dann wirklich eine telefonische Mitteilung?


    Ich frage deshalb so "blöd", weil wir nur schlechte Erfahrungen mit dem Sozialamt bzw. der zuständigen Sachbearbeiterin gemacht haben. Alleine der Antrag auf Bewilligung der Hilfe zur Pflege hat über 1 Jahr gedauert, ständig wollten sie etwas neues. Ich habe selbst x-Mal nachgefragt, warum das solange dauert, aber die haben mich einfach "abtropfen" lassen. Im Vergleich dazu hat die Bewilligung der Hilfe zur Pflege bei der Mutter einer Kollegin nur 4 Wochen gedauert. Und die Bearbeiterin soll supernett gewesen sein. Aber vielleicht lag das auch am Bundesland (Sachsen-Anhalt anstatt Bayern). Ich traue diesem bayrischen Sozialamt einfach nicht und wir sind froh, wenn wir dort nix "erbetteln" müssen.


    Danke schon mal für die Antwort auf meine Frage, ob man das Sozialamts bei der Bestattungsvorsorge mit einbeziehen muss, wenn der Betrag unter der 5.000 Euro-Grenze liegt. Und falls man das tun muss, reicht dann eine "Mitteilung" oder muss man sich eine "Zustimmung" einholen?


    Ich wünsche allen einen schönen Abend bzw. eine gute Nacht.


    Gruß

    Fridolin

  • Hallo Fridolin.


    ich rate euch von einer Sterbegeldversicherung ab. Das verursacht nur Extrakosten.

    Nichts gegen den Bestatter, aber der kassiert auch eine Provision für die Vertragsvermittlung.

    Ein Treuhandkonto ist hier die bessere Wahl, kostet kein Geld und ihr habt ja schon die Summe fast zusammen, braucht ja keinen Sparplan mehr.

    Schau mal im Netz nach Bestattungsvorsorge Treuhandvertrag.

    Der Bestatter wird als Verwertungsberechtigt eingetragen und im Sterbefall darf er zugreifen und rechnet dann dann mit dem Nachlassbeauftragten (Du oder deine Schwester) genau ab. Ich hatte ca. 4000 € auf diesem Konto, das habe ich dem Sozialamt dann mitgeteilt.

    Die waren auch nicht entzückt, denn ein Teil des Geldes war ja eine Ausschüttung der Genossenschaftsanteile meiner Mutter, die ich ein Jahr nach der Wohnungsauflösung dann direkt auf das Konto transferieren ließ.

    Da ich das aber schon immer bei allen Anträgen so deklariert hatte, war das Amt machtlos.


    Die Info ist deshalb von Bedeutung, weil die Bestattungsvorsorge ja "zusätzlich" zum Schonvermögen bestehen darf.

    Konkret bedeutet das, ein Sozialhilfeempfänger in vollstationärer Pflege darf ein Schonvermögen zur freien Verfügung und eine Bestattungsvorsorge eben für den Todesfall besitzen. Je nach Bundesland sind hier die Freibeträge abweichend.

    Berlin hatte hat 5000€ Schonvermögen und 4000€ Bestattungsvorsorge erlaubt.


    Gruß


    frase

  • reicht dann wirklich eine telefonische Mitteilung?


    Grundsätzlich: in den meisten Fällen ist es besser mit dem SHT schriftlich und nicht mündlich zu kommunizieren. Bei wirklich wichtigen Sachen sollte man eine Empfangsbestätigung/Einschreiben/Fax haben.

    Wenn das gesamte Vermögen eines UHP inkl. "Sterbevorsorge" unter 5000 Euro liegt, gibt es keine Notwendigkeit dem SHT das mitzuteilen. Wenn man in eine Situation kommt, dass man zB 4000,- wie auch immer geartete "Sterbevorsorge" hat und es an einem bestimmten Tag auf dem Girokonto zusätzlich noch 1001,- Euro liegen, dann würde ich dem SHT mitteilen, dass der UHP eben diese 4000 Euro besitzt.


    Grüße,

    m

    Abkürzungen: UHP = Unterhaltspflichtige(r), UHB = Unterhaltsberechtigte(r), RWA = Rechtswahrungsanzeige, SHT = Sozialhilfeträger, AVV = Altersvorsorge(schon)vermögen