Einige Fragen zur Aufteilung der Mehr- und Sondernbedarfkosten

  • Hallo zusammen,


    Ich bin seit 7 Jahren geschieden und unterhalte eine zehnjährige Tochter, die bei meiner Ex-Frau nach der Trennung lebt. Bei der Scheidung haben wir eine Scheidungsvereinbarung (SV) getroffen, wonach ich 2/3 und meine Ex-Frau 1/3 der Mehr- und Sonderbedarfkosten übernehmen sollte. Meine Ex-Frau wurde nach dem Hochschulabschluss recht schnell schwanger. Nach der Geburt war sie 3 Jahre in unbezahlter Elternzeit. Erst dann fing sie langsam an nach der Arbeit umzuschauen. Als wir die SV schlossen, war sie bei einer Zeitarbeitsfirma eingestellt und ich betrachtete diese 2/3 -1/3 Aufteilung als fair. In der SV steht aber explizit, dass die Gewichtung angepasst werden soll, sobald sich die Umstände bei den Eltern maßgeblich ändern sollten.

    Bei der Vermögungsaufteilung bekam meine Ex eine Eigentumswohnung, die schon damals 250 TSd Euro kostete und mittlerweile mehr als 500 TSd Euro wert ist.


    Meine Tochter besuchte seit ihrer frühen Kindheit eine Menge an Kursen. Darüber hinaus ging sie nach dem Kindergarten in die private Ganztagsschule, damit beide Eltern ganztägig arbeiten konnten. Spätestens mit dem Schulanfang beliefen die Mehr- und Sonderbedarf-Kosten auf 700-800 Euro monatlich. Meine Ex-Frau hatte in 3-4 Jahren nach der Scheidung einen recht steilen Karrieresprung geschafft und hatte ihr monatlicher Gehalt in dieser Zeit fast verdoppelt.


    An meinem Gehalt hat sich leider so gut wie nichts geändert. Dafür schätzte ich die Freiräume in meinem Unternehmen und kümmerte mich um meine Tochter persönlich. Die ersten 5 Jahre nach der Scheidung schlief sie bei mir zirka 100 Nächte im Jahr, d.h., dass ich sie fast an jedem zweiten Tag sah.


    Spätestens im Jahr 2017 war mir auf einmal klar, dass meine Ex-Frau durch erleichterte Besteuerung und meine Kindesunterhaltzahlungen monatlich mehr Geld zur Verfügung hatte als ich selbst. Ich schrieb sie an und teilte ihr mit, dass es nun an der Zeit wäre, die Aufteilungsformel neu zu berechnen. Sie antwortete mir, dass sie kein Interesse hat die SV zu ändern. Stattdessen engagierte sie einen Rechtsanwalt, der meine Einkommenssituation prüfen sollte. 2018 zog sie mit meiner Tochter zu ihrem neuen Lebenspartner (LP) und fing an ihre Eigentumswohnung zu vermieten. Ich bat sie mir Auskunft über ihre Mieteinkünfte zu geben, die sie ignorierte.


    Seit 2018 senkte ich eigenwillig die monatlichen Zahlungen auf 900 Euro, die ich als vorläufige Kindesunterhaltleistung an meine Ex-Frau bezahle und bestehe seitdem darauf, dass wir die Aufteilungsformel auf das aktuelle Einkommen anpassen. Meine Ex-Frau weigert sich mir die Auskunft über ihre Einkünfte zu geben und besteht weiter auf die 2/3-1/3 Aufteilung wie in der SV.


    1. Frage: Kann ich die Anpassung der Formel an unsere tatsächlichen Einkünfte erzwingen?


    2. Frage: Habe ich einen Anspruch auf die Auskunft über ihre Mieteinkünfte?

    2020 heiratete sie ihren LP und gebar ein weiteres Kind noch in gleichem Jahr. Seitdem ist alles noch komplizierter geworden. Denn meine Ex-Frau hatte die Steuerklasse 5 eingenommen und befindet aktuell in der Elternzeit.


    3. Frage: Darf meine Ex-Frau die ungünstigere Besteuerungsklasse für die Berechnung ihres Anteils an den Mehr- und Sonderbedarfunterhalt verwenden?


    4. Frage: Was passiert mit der Aufteilungsgewichtungen, wenn meine Ex-Frau sich nun entscheidet nur halbtags zu arbeiten oder sogar eine reine Hausfrau für die nächsten Jahre zu werden. Sie hat ja nun zwei Tochter. Heißt es, ich werde wohl für meine Tochter mehr zahlen müssen?


    Vor letzte Woche schrieb sie mich an und forderte, dass ich ihr 3 TSD Euro nachzahle, die, ihrer Meinung nach, seit 2018 aufgesammelt hatten. Ich denke aber, dass wenn wir die Teilungsformel für die letzten Jahren anpassen, dann wird es sich herausstellen, dass ich eher zu viel bezahlt hatte.


    5. Frage: Kann meine Ex-Frau von mir Nachzahlungen verlangen während sie selbst ihre Einkünfte nicht offenlegen will.


    6. Da ich das recht höhe Grundunterhalt zahle, wundert es mich, dass die Ex-Frau immer wieder irgendwelche einmalige Kosten im Bereich 10-40 Euro als Sonderbedarf auflistet. Sind die Kosten für das Blumenstrauß für die Lehrerin, Lehrbücher für die Sprachkurse, Zahnplombe oder Zahnreinigung gleich ein Sonderbedarf? Und was ist mit dem Kinderfahrrad? Es soll doch möglich sein innerhalb von ein paar Jahren 300-400 Euro vom Grundunterhalt aufzusparen? Dafür muss man nur 3 Jahre 10 Euro im Monat sparen. Ich habe den Eindruck, dass meine Ex-Frau gar keine Ersparnisse für die zukünftigen großen Ausgaben macht…


    Danke für eure Aufmerksamkeit!


    Ich werde mich über eure fachlichen Antworten sehr freuen!

  • Hi,


    dann versuchen wir mal, dir etwas Freude zu bereiten.


    1. Zum Vertrag: es ist immer schwierig, ohne Kenntnis des ganzen Vertrages eine wirklich sichere Beurteilung abzugeben. Ich bin hier aber mal mutig. Die Aufteilung 2/3 zu 1/3 ist letztlich nur durch eine neue Vereinbarung zu kippen. Wenn die erforderliche Auskünfte für eine neue Vereinbarung nicht gegeben werden, bleibt im Prinzip nur der Weg des Gerichtsverfahrens. Dann muss die Kindsmutter die Auskunft erteilen, notfalls ist eben ein Zwangsgeld festzusetzen.


    Im Augenblick ist es natürlich schwierig bzw. nicht unbedingt erfolgreich, so etwas durch zu ziehen. Zwar geht man bei direkten Unterhaltszahlungen davon aus, dass der Verpflichtete alles tun muss, um diesen Pflichten nachzukommen, sich also nicht künstlich bedürftig machen darf, etwa durch Elternzeit. Hier geht es aber nicht um den Grundbedarf des Kindes, und wenn in der Vereinbarung keine entsprechende Regelung zu finden ist, dann wird es schwierig.


    2. Ich sehe aber einen anderen Ansatzpunkt. Ihr scheint beide völlig falsche Vorstellungen über das zu haben, was wirklich Mehrbedarf iSd Gesetzes ist. Mehrbedarf ist (jetzt frei von mir definiert) ein regelmäßig anfallender Bedarf, der über den üblichen Bedarf des Kindes hinaus geht.


    Damit fallen schon mal alle einmalig anfallenden Ausgaben weg, wie Blumensträuße, Lehrmaterial u.s.w. Außerdem muss dieser Mehrbedarf erforderlich sein. Klassiker sind Nachhilfestunden, Schulgeld, eventuelle Förderungsmaßnahmen für bestimmte Begabungen, also Musikunterricht oder Reitstunden. Wobei wir bei letzterem schon genau hingucken müssen, um einen Mehrbedarf zu konstruieren.


    Bleibt noch der Sonderbedarf. Ich weiß jetzt nicht, ob der auch durch den Vertrag abgedeckt sein soll. Sonderbedarf ist einmalig anfallender Zusatzbedarf, der nicht einplanbar war und nicht durch den normalen Unterhalt abgedeckt ist. So, was ist nicht durch den Unterhalt abgedeckt? Mal anders herum: was ist durch den Unterhalt abgedeckt und muss von diesen Zahlungen beglichen werden? Alle Anschaffungen, die typischerweise für ein Kind getätigt werden müssen, wie etwa eine neue Zimmereinrichtung, das größere Bett, das Fahrrad, neue Klamotten, was auch immer. Auch einmalige Zusatzkosten, die planbar sind, sind kein Sonderbedarf. Das sind z.B. die Klassenfahrt, die Kosten für die Ausrichtung der Konfirmation, um mal zwei Beispiele zu nennen.


    Du siehst, es bleibt wenig übrig, was in Deinem Fall unter Mehrbedarf oder Sonderbedarf fallen könnte. Jetzt rechne erst einmal spitz, dann sieht das alles wahrscheinlich schon ganz anders aus.


    Herzlichst


    TK

  • Ich schließe mich diesen Ausführungen an.


    zu 3.) Ich sage ja, wenn die Wahl der Steuerklasse gerechtfertigt ist, z.B. durch ein höheres Einkommen des Ehegatten. Allerdings ist insoweit auch die Steuererstattung vorzulegen.


    zu 4.) Ja, ich sehe beim Mehr/Sonderbedarf keine gesteigerte Erwerbsobliegenheit. Ist das Einkommen der Mutter also nicht hoch genug, kann es sein, dass du diese Sonderzahlungen auch allein bestreiten muss. Wohlgemerkt nur unter der Voraussetzungen, dass es sich überhaupt um Mehr/Sonderbedarf handelt, wie dir von TK schon erklärt wurde.


    zu 5.) Wenn die SFV vollstreckbar ist, kann sie es einfach pfänden, natürlich. Deine einseitige Zahlungsveränderung war kein kluger Schachzug. Wenn du ihre Einkünfte außergerichtlich nicht bekommst, musst du sie gerichtlich einfordern.

  • TR, wobei ich da Schwierigkeiten mit der Pfändung habe, hinsichtlich der Umsetzung. Wie soll der Antrag beim Gericht aussehen? Da müsste man mehr wissen. Denn es gibt ja durchaus Titel, die nicht so konkretisierbar, dass sie nicht unsetzbar sind. Aber, dieser Stress muss ja nicht sein. Erst einmal spitz rechnen, und dann sieht man weiter.


    TK

  • Timekeeper und Tabula Rasa, Vielen Dank für eure Ausführungen!


    Darf ich noch ein paar konkreten Fragen stellen?


    7.) Gehören die Kosten von 30 Euro für eine Zahnplombe ( oder generell kleine medizinische Aufwendungen) zum Sonderbedarf?

    8.) Bei zahlreichen Kursen, die meine Tochter besucht, fallen immer wieder irgdenwelche einmalige Kosten, sei es Lernhäfte, das Stimmen vom Klavier oder Schulausflug. Meine Frau ist der Auffasung, dass das alles Sonderbedarf ist, weil alle diese Posten zu Kursen gehören. Alle diese einamligen Sachen haben mir in den letzten 7 Jahren in der Summe bestimmt mehrere Tausend Euro gekostet.

    9.) Kann meine Ex-Frau sich auf das Gewöhnheitsrecht berufen, und darauf bestehen, dass ich die einmalige Aufwendungen aus 8.) weiter bezahle?


    10.) In der erwähnten Forderung von 3 TSD Eur, die ich von meiner Ex-Frau letzte Woche bekam, ist auch die Anschaffung eines "Homeschooling-Laptops" mit dem Preis von ca. 560 Euro aufgelistet. Diese Anschaffung wurde mit mir nicht besprochen. Meine Tochter war zu diesem Zeitpunkt in der Grundschule und brauchte eigentlich nur ein Mittel für Online-Kommunikaion. Meine Ex hat, soweit ich weiß, midestens zwei Notebooks und ein Ipad im Haushalt . Somit gab es m.E. keinen Grund für die Neubeschaffung. Bei mir in der Wohnung liegt auch ein ziemlich neues Tablet, welches ich meiner Tochter zum Lernen daurhaft überlassen/geschenkt hätte, ohne Sekunde zu zögern. Aber ich wurde schlicht nicht gefragt! Kann ich diesen Posten ganz abweisen?

  • Hi,


    eigentlich müsstest du nach unserer Definition selbst abschätzen können, was Mehr/Sonderbedarf ist. Ich versuche es trotzdem mal weiter.


    Nö, Plombe gehört nicht zu Sonderbedarf, ist doch in der Regel auch durch die Krankenkasse gedeckt, hat sie die Mutter für eine Luxusausführung entschieden? Wenn ja, ihr Ding. Auch mit Heften und Schulausflügen tu ich mich schwer. Schulausflüge fallen in jeder Schule an, da kann man drauf sparen, kein Sonderbedarf. Was für Hefte sind das denn, die da erforderlich sind? Ich neige dazu auch das zu verneinen, aber da müsste man auf den Einzelfall gucken. Was für Kurse sind das denn? Der eigene Rechner ist auch nicht zwingend erforderlich. Mag sein, dass er heute auch schon in jungen Jahren zum Standard gehört, eben wie ein Fahrrad oder ein Puppenwagen. Dann ist er aber mit dem normalen Unterhalt abgegolten.


    Gewohnheitsrecht - selten etwas erlebt, was so oft missverstanden wird. Mal ein Beispiel: nur weil ich drei meiner Schwiegermütter umgebracht habe und nicht verurteilt wurde, kann ich mich im vierten Fall unter Berufung auf Gewohnheitsrecht nicht auf Straffreiheit berufen. Oder, nicht aus jeder großzügigen Handhabung von was auch immer lässt sich ein Recht herleiten. Mal eine grob vereinfachte Definition, die es m.E. aber ganz gut trifft: es muss eine Regelungslücke existieren, durch Gesetz und/oder Vertrag. Die Betroffenen müssen zusätzlich davon ausgehen, dass aufgrund von Gesetzen/Verträgen eine Verpflichtung besteht. Es ist etwas komplizierter, aber für deinen Fall langt das.


    Ihr habt den Vertrag mit klarer Aufgabenverteilung (schon keine Lücke da). Es geht lediglich um die Ausfüllung der unbestimmten Rechtsbegriffe Mehrbedarf/Sonderbedarf. Und da gibt es klare Vorgaben. Und aus Großzügigkeit aus der Vergangenheit lässt sich nun mal nichts herleiten. Es bleibt jedem unbenommen, gegenüber wem auch immer großzügig zu sein. Und irgendwann eben das auch einzustellen.


    Hilft das weiter?


    Herzlichst


    TK

  • @ TR: rein gefühlsmäßig sind doch die meisten Eheverträge in letzter Konsequenz nicht vollstreckbar. Ein erschreckend großer Teil hat zum Vertragsinhalt doch auch Verhaltensmaßregeln ("A soll sich B gegenüber immer angemessen verhalten") oder aber sind so unbestimmt gefasst (wie hier), dass man auf der Vollstreckungsebene letztlich nicht viel damit anfangen kann.


    TK

  • Hallo und Gruß nach Bayern.


    Was würde denn die Mutter tun, wenn du die Forderungen nichgt erfüllst?

    Sie kann natürlich versuchen, das bei Gericht einzuklagen.

    Dazu müsste Sie dann aber auch ihre Einkommenssituation offen legen, denn ohne geht die Berechnung ja nicht.


    Zu einer solchen Eskalation muss es ja nicht kommen.

    Deine Bereitschaft wird ja hauptsächlich durch die fehlende Auskunft gehemmt.

    Natürlich kann man auch fehlende Absprachen ins Feld führen, wie aber beweisen, hier ist dann Aussage gegen Aussage, also ein Patt und was genau in eurer SFV steht ist ja schlecht zu beurteilen.


    Wenn du der privaten Grundschule zugestimmt hattest, sollte dir auch klar sein, dass hier gesteigerte Kosten anfallen werden.

    TK hat es auch schon geschrieben, es geht um einen unbestimmten Rechtsbegriff.

    Es wäre also ratsam, diesen mit Substanz zu füllen, damit in Zukunft weniger Konflikte auftauchen.

    Wenn Mutter und Vater hier nicht einig werden, kann man ja auch eine unabhängige Familienberatung hinzuziehen.

    Dabei auch die Vermögensvorsorge für das Kind mal ansprechen, hier sehe ich in eurem Fall auch Handlungsbedarf.


    Geuß


    frase

  • Frase, wir haben keine "Aussage gegen Aussage" Situation. Es gibt eine Vereinbarung, die sagt, Mehrbedarf/Sonderbedarf ist anteilig zu zahlen. Und was Mehrbedarf und Sonderbedarf ist, das ist inzwischen ziemlich klar definiert, durch Rechtsprechung.


    Es geht hier nur um die Umsetzung dieser Vereinbarung.


    LG


    TK

  • Hallo TK

    Es geht hier nur um die Umsetzung dieser Vereinbarung.

    Genau, um die konkrete Umsetzung.

    Da aber beide Elternteile hier doch unterschiedliche Meinungen haben, wäre eine Präzisierung der Vereinbarung (die wir ja nicht kennen) hilfreich.


    Es ist doch immer problematisch, wenn der zahlende Elternteil eine Reduzierung vornimmt, nicht nur bei Mehr- und Sonderbedarf.


    Gruß


    frase

  • Auch dazu hatte ich schon was geschrieben. In Ermangelung einer vollstreckungsfähigen Vereinbarung wird der Vater auf Auskunft klagen müssen. Wobei ich davon im Augenblick abraten würde, weil sie ja mit dem zweiten Kind wohl in Elternzeit ist. Da dürfte eine Auskunft den Vater nicht weiter bringen. Und es steht ja dann im Raum, dass sie auf dem Weg der Gegenklage auf Erweiterung seines Anteils an den zusätzlichen Kosten geltend macht. Die Auskunftsklage lohnt sich, wenn die Frau wieder arbeitet, zumindest 2/3.


    Aber spitz rechnen, das kann er schon jetzt, auch für die Vergangenheit. Bei den falschen Vorstellungen der Frau hinsichtlich der Definition von Mehrbedarf/Zusatzbedarf dürfte da dann nicht viel rauskommen, was er nachzahlen muss. Also Blumenstrauß, Kosten für Klavierstimmen, Klassenfahrten, u.s.w. rausnehmen. Unklar sind für mich lediglich die Zusatzkosten für diese Kurse (Arbeitshefte).


    LG


    TK