Unterhaltsfreistellung bei Samenspende - Anerkennung oder Nichtanerkennung der Vaterschaft

  • Mein Thema hat mehrere Aspekte, ich hoffe, ich bin in diesem Forumsbereich richtig...


    Ich möchte als lediger Mann einer befreundeten ledigen Frau durch eine private Samenspende zu einer Schwangerschaft verhelfen. Wir haben uns bereits sehr ausführlich damit auseinander gesetzt, streben definitiv keine Partnerschaft an (sie hetero, ich schwul). Ich möchte keine umfassende Vaterfunktion übernehmen, sondern eher eine begleitende "Onkelfunktion" (Begriff aus Co-Parenting-Modellen). Dementsprechend würde ich auch auf das Sorgerecht verzichten - und müsste dann von mir aus auch nicht zwingend die Vaterschaft anerkennen.


    Die Frau hat sich beraten lassen und ihr wurde gesagt, dass es möglich sei, durch einer notariell abgesegneten Vereinbarung den Kindsvater/Erzeuger, der von sich aus auf von Unterhaltspflichten zu befreien. Ich habe allerdings gelesen, dass ein solcher Vertrag rechtlich nicht bindend ist, weil er gegen das deutsche Sorgerecht verstößt. Außerdem ist sie der Ansicht, dass eine solche Vereinbarung erst nach der Zeugung getroffen werden kann - das halte ich für falsch und zu unsicher, was ist, wenn einer sich nicht an die vorher mündlich getroffenen Absprachen hält?


    In dem Zuge beschäftigt mich auch die Frage, inwieweit ich über die "Onkelfunktion" letztendlich dann doch mit der Vaterschaft belangt werden kann, wenn ich Kontakt zu dem Kind pflegen würde.


    Jemand Ahnung? Tipps, vielleicht sogar mit Quellen?

  • Hi,


    ganz so einfach, wie ihr euch das vorstellt, ist es nicht. Es gibt zwar seit einigen Jahren ein Gesetz, welches grundsätzlich auch die Befreiung des Samenspenders von jedweden finanziellen Verpflichtungen ermöglicht, die Voraussetzungen hierfür sind jedoch sehr eng. Es muss sich um eine offizielle Samenspende handeln, der Samenspender muss in dem Samenspenderegister als Spender eingetragen sein. Nur dieser Eintrag befreit ihn dann auch von allen Pflichten und Rechten. Eine Korrektur etwa durch ein Familiengericht ist dann auch nicht möglich.


    Ein notarieller Vertrag bietet diese Sicherheit nicht. Durch einen solchen kann man zwar ausschließen, dass die Mutter Unterhaltsansprüche für sich oder das Kind geltend macht, sollte sie jedoch jemals bedürftig werden, also Unterstützung der öffentlichen Hand benötigen, etwa wegen Arbeitsunfähigkeit während der Kleinkindphase oder auch Unterhalt für das Kind benötigt, dann muss der Spender bei der hier angestrebten Konstellation zahlen. Der Grund ist ganz einfach: man kann sich nicht zu Lasten des Steuerzahlers von individuellen persönlichen Verpflichtungen befreien. Es sei denn, es liegt eine gesetzlich niedergelegte Ausnahme vor.


    Was ihr da als Modell entwickelt habt, funktioniert so nicht, bis hin zum Erbrecht. Und, wenn das Kind volljährig ist, kann es ohnehin selbst entscheiden, wie es weitergehen soll, unterhaltstechnisch. Ich verfolge so Ratgeber aus dem www in der Regel nicht. Weil die ja (selbst wenn die Auskünfte korrekt sind) irgendwann veraltet sind, und Aktualisierungskorrekturen meist nicht erfolgen. Man weiß also nie, ob sie noch der derzeitigen Gesetzeslage entsprechen oder auch nur der aktuellen Rechtsprechung. Deshalb sind Widersprüche nicht zu vermeiden.


    Herzlichst


    TK

  • Hallo,
    ich stoße ggf. ins gleiche Horn. Der Stand, den ich mir angelesen habe, entspricht dem, den timekeeper ausgeführt hat. Ich bin in rechtlichen Dingen ein unbeschriebenes Blatt und frage daher ggf. recht Laienhaft. Man sehe es mir nach...

    Wäre ggf. ein Vertrag zwischen Mutter und Samenspender denkbar, der bei Unterhaltsforderungen des Kindes greift und die Mutter "Schadensersatz" in gleicher Höhe an den Spender zahlen muss? Oder ist das vollkommen abwegig?

    Grüße und Dank für jede hilfreiche Antwort! :-)

  • Hi,


    Voraussetzung für die Haftung unter dem Gesichtspunkt des Schadesersatzes ist ein vorsätzlich oder fahrlässig herbeigeführtes Ereignis, welches einen Schaden verursacht hat. Die Rechtsprechung hat in einer Reihe von Fällen festgestellt, dass Kinder kein Schaden iSd Gesetzes sind. Aber selbst wenn man das anders sehen würde, dann wäre der "Schaden" ja von beiden zu vertreten. Von diesem Grundsatz abweichende Regelungen (Ersatz ohne Schaden, oder andere Ausnahmen) müssen gesetzlich geregelt sein. Und die abschließende Regelung finden wir in den von mir weiter oben genannten Bestimmungen.


    TK

  • Hallo TK,

    danke für die schnelle Antwort! :-)
    Ich gehe mal davon aus, dass meine Idee damit die vollkommende Abwegigkeit erfüllt ;-)

    Ist irgendeine andere Regelung/Vereinbarung mit dem für den Spender gleichen Result denkbar? Oder fällt das generell unter "Ersatz ohne Schaden, oder andere Ausnahmen" und ist generell ausgeschlossen?

    Vielen Dank schon einmal im Voraus! :-)

  • Deine Frage ist nicht abwegig. Die rechtliche Abwicklung für den Otto-Normalverbraucher im Streitfall aber komplizierter als man es sich vielleicht vorstellt.


    Selbstverständlich kann die Mutter den privaten Samenspender (am besten notariell) vertraglich von Unterhaltszahlungen freistellen (sogenannte Freistellungsvereinbarung). Diese Freistellungsvereinbarung muss sich aber ein Kind nicht entgegenhalten lassen und kann seine Abstammungs- und Unterhaltsansprüche trotzdem durchsetzen. Ob nun selbst oder bei Rechtsnachfolge durch Sozialleistungsbehörden, der Vater kann sich dagegen nicht wehren. Auf Basis der Freistellungsvereinbarung kann er den gezahlten Unterhalt dann von der Mutter wieder zurückfordern. Und da wir hier im Zivilrecht sind, muss das bei fehlender Einigkeit immer gerichtlich und im Zweifel mittels Zwangsvollstreckung erfolgen. Kann man das nicht selbst oder darf es teilweise auch nicht, braucht man regelmäßig und ggf. wiederholt einen kostenpflichtigen Anwalt.


    Abschließende Rechtssicherheit kann nur bei einer ärztlich unterstützten künstlichen Befruchtung in einer Einrichtung der medizinischen Versorgung im Sinne von § 1a Nummer 9 des Transplantationsgesetzes unter heterologer Verwendung von Samen, der vom Spender einer Entnahmeeinrichtung im Sinne von § 2 Absatz 1 Satz 1 des Samenspenderregistergesetzes zur Verfügung gestellt wurde, hergestellt werden. Nur dann ist die rechtliche Vaterschaft des Spenders ausgeschlossen und damit auch jegliche Unterhaltsansprüche.