Bestimmung Dauer der Unterhaltungszahlungen

  • Guten Tag,


    ich sehe, die Frage zum Thema "Dauer des Unterhalts" ist ein Dauer-Brenner und immer sehr individuell zu betrachten, jedoch haben mir andere Posts noch keine Antwort gebracht.

    Daher meine Frage:


    Nach 7 Jahren Ehe und absolvierten Trennungsjahr wollen wir, um Kosten zu sparen, eine einvernehmliche Scheidung einreichen

    Das Jugendamt hat zum Zeitpunkt der Trennung den Kindes und Trennungsunterhalt berechnet, den ich für Frau und zwei Kinder zahle.

    Der Umgang mit den Kindern ist ebenfalls geregelt, ich habe sie jedes zweite Wochenende bei mir


    Mein Einkommen liegt bei ca. 3600 Netto und ich zahle ca. 1600 Trennungs/Kindesunterhalt.

    Da meine Frau die letzten 2 Jahre nach der Geburt des zweiten Kindes in Elternzeit war, hat sie aktuell kein Einkommen und tritt ihre Stelle erst wieder Mitte nächsten Jahres an.

    Was ich nicht verstehe, ist, wann und wie denn die Dauer des nachehelichen Unterhalts festgelegt wird. Im Grunde sind wir uns ja einig, dass ich den Betrag weiterhin zahle, bis sie wieder ein Einkommen erzielt. Ab dann müsste der nacheheliche Unterhalt ja angepasst werden, oder irre ich da? Wer bestimmt zudem, wie lange überhaupt Unterhalt gezahlt werden muss und ist eine einvernehmliche Scheidung überhaupt möglich, wenn man sich darüber im Unklaren ist?


    Vielen Dank!

  • Hi,


    im Prinzip wird nachehelicher Unterhalt überhaupt nicht festgelegt. Entweder man einigt sich, oder aber eine Gerichtsentscheidung ersetzt die fehlende Einigung. Ob überhaupt nachehelicher Unterhalt zu zahlen ist, ist eine Einzelfallentscheidung. Grundsätzlich sollte jeder der Expartner für sich alleine sorgen können. Ausnahmen sind kleine Kinder (unter drei), Erkrankungen des sozial Schwächeren, andere Gründe, die eine Arbeitsaufnahme verhindern. Und, ein wesentlicher Punkt ist natürlich auch die Dauer der Ehe. Nach 40 Jahren Ehe, die nach dem klassischen Modell gelebt wurde, wird niemand von der Ehefrau erwarten, dass sie nunmehr völlig allein für sich sorgt. Du siehst, wir haben viele Einzelfälle und jeder ist eben einzeln zu entscheiden.


    Wenn keine besonderen Umstände vorliegen, die Versorgung der Kinder sicher gestellt ist, wird der Frau bei nur sieben Ehejahren zumindest eine teilzeitige Arbeit zuzumuten sein. Ob mehr möglich ist - kann ich hier nicht abschätzen. Es kann also sein, dass du dann noch eine gewisse Zeit ihren Verdienst aufstocken musst.


    Im Rahmen des Scheidungsverfahrens wird nur das entschieden, was auch beantragt wurde. Wenn ihr euch ohne gerichtliche Hilfe einigt, dann interessiert es das Gericht überhaupt nicht, und der Vorteil ist eine schnelle preisgünstige Scheidung. Ich scheint ja noch miteinander reden zu können. Da würde ich erst einmal bis zur Arbeitsaufnahme zahlen, und dann eventuell eine neue Vereinbarung treffen. Oder eben auch die Zahlungen ganz einstellen. Jedenfalls wirst du nicht ewig zahlen müssen.


    So, ich hoffe, das langt als Einstieg. Jetzt kannst du auf den Punkt nachhaken.


    Herzlichst


    TK

  • Hallo TK,


    an dieser Stelle erst mal vielen Dank für die ausführliche Antwort und dass du/ihr euch hier die Zeit nehmt Fragen zu beantworten und Unterstützung zu leisten. Ganz toll!


    Ja, wir können noch reden und Unterhalt zu zahlen ist selbstverständlich für mich, jedoch ist es schon schwierig sich selbst und ohne große Kosten eine Perspektive für die nächsten Jahre zu erstellen.


    Die einvernehmliche Scheidung habe ich über eine Anwältin einreichen lassen (1100 Euro Anwalts + 1000 Gerichtskosten Vorschuss). So weit so gut. Nun ist meine Noch-Frau jedoch der Meinung, der Unterhalt, der berechnet wurde und schriftlich vorliegt sowie der Umgang mit den Kindern, die ich jedes zweite Wochenende habe, müsste noch notariell festgehalten werden, damit sie mehr Sicherheit hat.


    Ich bin kein Experte, aber was ich mir bisher angelesen habe, sagt mir, dass die Beurkundung jetzt eigentlich nur nochmal Geld verschlingt (Anwalt + Notar). Der Unterhalt wird sowieso in unregelmäßigen Abständen angepasst (Alter der Kinder bei Kindesunterhalt, Einnahmen der Mutter bei nachehelichem Unterhalt).


    Zusätzlich kam bei mir eben die Frage auf: wer regelt denn die Dauer des Unterhalts. Weil jetzt einen Betrag X für die Dauer Y festzulegen und Beurkunden zu lassen, nur um sich dann einvernehmlich scheiden zu können, ist uns ja nicht ohne weiteres möglich. Meine Frau meinte, dass das Jugendamt die Beglaubigung ausstellen und die Dauer festlegen kann. Das JA scheint mir aber nicht die geeignete Stelle dafür bzw glaube ich kaum, dass die für die Dauer des nachehelichen Unterhalts verantwortlich sind. Meine Anwältin könnte wahrscheinlich Rahmenbedingungen festlegen und ein Notar sie anschließend beurkunden, aber welchen Vorteil bringt das denn? Ich sehe da nur die Kosten und dass man eigentlich trotzdem nichts handfestes hat, weil sich der Unterhalt ja je nach Umstand ändert, was wahrscheinlich auch für die Dauer des Unterhalts gilt.


    Hat meine Noch-Frau denn Nachteile durch die einvernehmliche Scheidung?


    Macht die notarielle Beurkundung / Scheidefolgenvereinbarung denn überhaupt Sinn für uns. Es gibt keinen Besitz/Vermögen sondern es geht nur um Unterhalt und Umgang mit den Kindern. Dass sie Sicherheit haben will, ja klar, aber ich glaube sie verrennt sich da in etwas, das uns einfach nicht weiterhilft.


    Sollte das ganze vielleicht doch besser vom Gericht geklärt werden?


    Vielen Dank und schon mal einen guten Rutsch ins neue Jahr!

  • Hi,


    ich fang mal an.


    Es ist zwar dem Jugendamt möglich, Titel zu erstellen, allerdings nur für Kindesunterhalt. Das solltest du da durchziehen, ist gratis. Bitte achte darauf, dass der Titel für Kindesunterhalt auf die Zeit bis zur Volljährigkeit begrenzt ist. Da muss eh neu gerechnet werden und dass er flexibel ist, also ohne Abänderung bei Erreichen einer neuen Altersstufe automatisch angepasst wird. Wenn der Umgang funktioniert, macht es wenig Sinn, das noch notariell festhalten zu lassen. Ganz einfach, weil gerade beim Umgang sich kurzfristig was ändern kann. Einmal bei den Eltern, durch Beruf, veränderte private Verhältnisse, was weiß ich. Aber auch die Bedürfnisse der Kinder ändern sich. Je älter sie werden, desto mehr eigenes Privatleben entwickeln sie. Und das findet typischerweise auch an Wochenenden statt. Da macht es häufig Sinn, den Umgang seltener, dafür aber länger durchzuziehen. Und was da eine notarielle Vereinbarung soll, keine Ahnung. Wie soll die denn umgesetzt werden, wenn was schief geht?


    So, nun zum Exenunterhalt. Ich wehre mich ein wenig zwischen der Unterscheidung zwischen Trennungsunterhalt und Nachehelichenunterhalt. Denn letztlich sollte Trennungsunterhalt je nach Ehedauer und der anderen Umstände im Minimum ein Jahr gezahlt werden, aber nicht unbedingt bis zur Scheidung. Das wird zwar häufig so geregelt, weil die Scheidung auch kurz nach dem Trennungsjahr erfolgt und dadurch dann ein klarer Schnitt da ist. Aber, die mir bekannte längste Scheidung von der Dauer her wurde richtig ein Jahr nach der Trennung eingereicht und geschieden wurde sechs Jahre später. Nicht auszudenken, wenn dort so lange hätte Trennungsunterhalt gezahlt werden müssen.


    Ich hatte ja schon oben meine Gedanken geäußert hinsichtlich der Dauer, für die Unterhalt zu zahlen ist. Daran ändert auch eine notarielle Vereinbarung nichts. Würde nur die Vollstreckung beschleunigen, wenn eine entsprechende Klausel in die notarielle Vereinbarung aufgenommen wird. Bringt der Frau also nicht unbedingt was.


    So, was ist jetzt in Kürze zusammengefasst das Ergebnis:


    Du lässt den Kindesunterhalt beim Jugendamt titulieren.

    Die Umgangsregelung bleibt ohne irgendwas zusätzlich so, wie sie getroffen ist und wird beim Bedarfsfall abgeändert. Das könnt ihr alleine schaffen.

    Ehegattenunterhalt wird bis zur Arbeitsaufnahme der Frau im nächsten Jahr von dir bezahlt, so wie ihr es vereinbart habt. Wenn sie drauf besteht, dieses in einer notariellen Vereinbarung niederzulegen, bitteschön. Dann sollte sie aber auch die Kosten übernehmen.


    Noch was: natürlich nutzen notarielle Vereinbarungen immer, ausnahmslos immer jemandem. Dem Konto des Notars.


    Herzlichst


    TK

  • Guten Morgen TK,


    vielen Dank für das erneut ausführliche Feedback und ein frohes neues Jahr!

    Ich sehe meine Vermutungen durch deine Nachricht bestätigt und werde versuchen, meine Frau entsprechend abzuholen und auf den Schritt mit dem Notar zu verzichten.


    Abschließend hätte ich noch ein zwei Fragen:


    Meine Noch-Frau hat bisher in einem Call-Center gearbeitet und befindet sich in unbezahlter Elternzeit.

    Neben der Unterhaltszahlungen erhält sie noch eine geringe Aufstockung vom Amt.


    Über das Amt wurde ihr nun die Option geboten, eine berufsbegleitende Umschulung im Kindergarten zu machen. Sie würde dadurch natürlich weniger verdienen, als in ihrem vorherigen Job und wäre weiterhin auf zusätzliche Leistungen angewiesen. Weniger zumindest auf dem Papier, da sie in unbezahlter Elternzeit ist und aktuell überhaupt keinen Verdienst hat.


    Die erste Frage:

    Grundsätzlich bin ich ja der Meinung, es ist ihre Sache, wenn sie ihren Beruf nochmal überdenken möchte, das Trennungsjahr ist seit mehr als 4 Monaten rum. Wenn wir den nachehelichen Unterhalt nun aber unter uns vereinbaren (Beispiel: Du verdienst jetzt wieder 600€/Monat und ich zahle dafür weniger) entstehen ihr denn Nachteile in Bezug auf etwaige Leistungsansprüche, weil sie über ein Gericht vielleicht mehr hätte rausholen können?


    Die zweite Frage:

    Die Ämter wollen ja häufig auch selbst noch Berechnungen anstellen. In der Vergangenheit hat das JA eine Berechnung für den Unterhalt erstellt und das Amt (Sozialamt? bin nicht sicher, nicht Arbeitsagentur) kam dann im Nachgang auch nochmal, als meine Noch-Frau Leistungen beantragt hat und wollte selbst eine Berechnung vornehmen, auf deren Basis ich dann Kindes- und Ehegattenunterhalt gezahlt habe.

    Wenn wir uns nun also privat über den nachehelichen Unterhalt einigen, ist das dann endgültig oder kann hier auch wieder ein Amt o.ä. kommen und eine eigene Berechnung verlangen?


    Danke und Gruß

  • Hi,


    ich bemühe mich mal.


    Zunächst zum einfacheren Teil, nämlich zur Berechnung der Unterhaltsansprüche der verschiedenen Ämter. Ja, die sind verschieden. Basis für die Berechnung des Jugendamtes ist der Verdienst des Verpflichteten, evtl. in Kombination mit Sonderbedarf, je nach den individuellen Umständen. Basis für die Berechnung des Job-Centers ist der Bedarf des Kindes, letzterer ist festgelegt und unabhängig vom Verdienst des Verpflichteten. Er ist niedriger festgelegt, weil der auf der Basis des altersgebundenen Regelbedarfs für ein Kind ermittelt wird. Und er hat mehr Variable, z.B. den Anteil des Kindes an dem Mietzins. Deshalb muss also jeweils neu gerechnet werden.


    So, ob die Kindsmutter bei Wiederaufnahme der Arbeit weniger verdient, wenn sie die Umschulung macht, keine Ahnung. Das müsste man sich als erstes anschauen. Dann ist die nächste Frage, wenn dem so ist, wie die Ämter darauf reagieren. Sie ist ja schon jetzt Aufstockerin. Für sie dürfte sich auch bei voller Subventionierung durch das Job-Center oder die Arbeitsagentur in der Höhe der Bezüge nichts ändern. Allerdings darf sie sich nicht künstlich bedürftig machen, anders ausgedrückt, der Staat springt erst ein, wenn nicht andere vorrangige Verpflichtete, hier der Ehemann da sind.


    So, und jetzt wird meine Einschätzung schwammig. Die Ehe war ja nicht so wahnsinnig lang, allerdings sind zwei Kinder da. Ich würde so aus dem Bauch auf zwei Jahre insgesamt tippen, die Einschätzung der Ämter kann natürlich eine andere sein. Da müsste man die Rechtsprechung eures Familiengerichts genauer kennen. Jedenfalls wird kein Amt sich über die Sitten und Gebräuche eines Gerichts so ohne weiteres hinweg setzen. Diese eine Frage sollte man mit seinem Anwalt absprechen. Und wenn das klar ist, hindert euch nichts daran, eine Abmachung zu treffen, die auch Bestand hat.


    Herzlichst


    TK