Kindesunterhalt (Unterhaltsvorschusskasse)

  • Ihr habt völlig Recht! Das ist definitiv eine heiße Kiste!


    Rein theoretisch: Gibt es eine Möglichkeit den "Karren" für den Kindsvater aus dem Dreck zu ziehen, ohne dass die Kindsmutter davon etwas erfährt?

  • Hi,


    das ist doch etwas widersprüchlich. Einerseits weißt du gar nicht, was mit Kind und Mutter los ist, ob die noch existieren, und andererseits soll die Mutter nichts erfahren? Wenn man nicht weiß, wo Mutter und Kind sind, ob sie noch leben, dann benötigt man das Gerichtsverfahren nicht. In diesem muss man quasi als Vorstufe ganz klar darlegen, was man alles getan hat, um das Kind zu finden. Da sind die Anforderungen aus gutem Grund sehr hoch. Das Spielchen "ich weiß was, was du nicht weißt" läuft da nicht.


    TK

  • Update:


    Die KM hat lt. Melderegisterauskunft geheiratet und ist verzogen. Das Kind hat lt. Melderegisterauskunft auch den "neuen" Namen angenommen. Das passierte in jedem Fall ohne Zustimmung des leiblichen Vaters. Ist hier etwas rechtswidrig gelaufen? Ich meine nein, da das Kind ab 5 Mitspracherecht hat und ohnehin den Namen der Mutter hatte...?!


    Thema Adoption. Könnte es denn sein, dass das Kind adoptiert wurde? Schwer vorstellbar zwar, da es hier eine Zustimmung des leiblichen Vaters braucht, oder?


    Gibt es sonstige etwaige Gründe, warum Unterhaltsforderungen von der KM/des Sohnes unterbleiben?


    Versteht mich nicht falsch und ich bin hier auch nur Vermittler...... Was geht da vor sich?!


    Dazu muss auch erwähnt werden, dass der leibliche Vater und der Sohn sich absolut nicht kennen. Die haben sich in den ersten 3 Jahren maximal 4 mal gesehen.... Seitens des Vaters und wohl auch seitens des Buben besteht 0% Interesse.

  • Wenn kein gemeinsames Sorgerecht besteht und das Kind den Namen der Mutter führte, ist für die Einbenennung in den Ehenamen keine Zustimmung des Vaters erforderlich.


    Eine Adoption wäre dagegen nur mit Einwilligung des rechtlichen Vaters möglich. Das ist zumindest mal sehr unwahrscheinlich, dass diese ohne dessen Kenntnis vollzogen wurde.


    Sonstige Gründe gibt es sicherlich einige. Aber keine, die Sinn machen. Es ist wirklich sehr ungewöhnlich, dass die Mutter ihre Bankverbindung ändert und regelmäßig gezahlten und titulierten Unterhalt einfach nicht mehr einfordert. Ohne Schriftwechsel(versuch) mit der Mutter, kann man den Fall nicht rechtssicher lösen. Es sei denn es besteht gar kein Titel. Diese Frage wurde ja noch nicht beantwortet.

  • Hi,


    wir können auch nicht wissen, was da vorgeht, wir haben keine hellseherischen Fähigkeiten. Da die Mutter neu verheiratet ist, hat sie bzw. das Kind keinen Anspruch auf Zahlungen der Unterhaltsvorschusskasse. So, jetzt sind Adresse und neuer Name bekannt. Jetzt würde ich die Mutter anschreiben und mich um Klärung der Angelegenheit bemühen.


    TK

  • Update zum Sachverhalt:


    Inzwischen wurde auch mit einem Anwalt diesbezüglich gesprochen. Anwaltlicher Rat: Der KV soll die Füße still halten.
    Zwar besteht hinsichtlich des Unterhalts ein Titel, jedoch kann es höchstens zu Forderungsansprüchen für die letzten 3 Jahre kommen. Alles was älter als 3 Jahre ist, ist lt. Anwalt verjährt. Für mich eigentlich schlussfolgernd logisch. Kann ja kaum vertretbar sein, dass man nach 5 oder 10 Jahren mit einer Forderung i. H. v. mehreren TEUR um die Ecke kommt...


    Teilt Ihr diese Aussage?

  • Katastrophe. Den Anwalt kannst du gleich in der nächstbesten Mülltonne entsorgen.


    Die Verjährung von laufend titulierten Unterhaltsansprüchen ist bis zum 21. Geburtstag des Kindes gehemmt, nachzulesen in § 207 Abs.1 Nr.2a BGB. Diese Frist wurdedurch den Gesetzgeber zuletzt mit Gesetz zur Änderung des Erb- und Verjährungsrechts von 18 auf 21 angehoben. In der Gesetzesbegründung findet man dazu die Erläuterung:


    "Die künftige Regelverjährung von drei Jahren würde dazu führen, dass die Verjährung bei Beibehaltung der jetzt geltenden Fassung von § 207 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB mit Vollendung des 21. Lebensjahres ebenfalls vollendet wäre. Das würde dem Ziel eines Schutzes der Familiengemeinschaft auch für die Dauer der Übergangszeit nicht gerecht werden. Der Entwurf sieht daher eine Verlängerung der Verjährungshemmung bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres der Kinder vor. Ansprüche zwischen Kindern und Eltern verjähren dann erst mit Vollendung des 24. Lebensjahres der Kinder."


    Titulierte bezifferte Unterhaltsrückstände verjähren sogar erst nach 30 Jahren, kommen aber eher selten vor.


    Dass ein Anwalt für diese Falschauskunft Geld verlangt, ist eine bodenlose Frechheit und ein Armutszeugnis. Er muss es ja nicht mal unbedingt sofort wissen. Aber mal kurz ins Gesetz zu schauen oder in seiner Online-Datenbank das erstbeste Ergebnis zum Thema zu überfliegen, das kann man wohl verlangen von einem Menschen mit zwei juristischen Staatsexamen.

  • Deine Recherche ist in Ordnung. Es fehlt nur der zweite Teil.


    Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt 3 Jahre. Ob nun nach § 195 BGB oder nach § 197 Abs.2 BGB. Wurscht. Der Eintritt der Verjährung ist aber unter bestimmten Umständen gehemmt. Und zwar in diesem Fall bis zum 21. Geburtstag. Der Zeitraum, während dessen die Verjährung gehemmt ist, wird in die Verjährungsfrist nicht eingerechnet (§ 209 BGB).


    Deshalb beginnt die Verjährungsfrist von 3 Jahren für den Kindesunterhalt mit dem 21. Geburtstag. Für laufend titulierte Unterhaltsansprüche tritt eine Verjährung damit frühestens zum 24. Geburtstag des Kindes ein.


    (In OLG Naumburg, Beschluss vom 09.07.2008 - 3 WF 139/08 hatte das Kind die Feststellung der dreißigjährigen Verjährungsfrist beantragt, was für diesen Fall sinnfrei war, da noch überhaupt keine Verjährungsfrist eingetreten war. Das Gericht hat daher lediglich auf die zusätzlich auch noch möglichen Maßnahmen nach § 212 BGB hingewiesen, welche die Verjährungsfrist komplett neu beginnen lassen. Mit der Ablaufhemmung hat sich das Gericht gar nicht erst auseinandergesetzt. (Der Beschluss bezieht sich auch auf die damals noch leicht andere Gesetzeslage)


    In OLG Hamm, Beschluss vom 17.03.2014 - 6 UF 196/13 geht es gar nicht um Verjährungsfristen, sondern um die Verwirkung. Und das ist auch die eigentlich interessante Frage. Zum Umstands- und Zeitmoment hatte ich dir ja schon ein paar Infos und die BGH Rechtsprechung von 2018 geliefert. Ich vermag aus den bisherigen Schilderungen nicht zu erkennen, dass der Unterhaltspflichtige sich erfolgreich auf Verwirkung berufen kann. Man lese sich mal den erheblichen Unterschied zum Sachverhalt des OLG Hamm durch. Dort hatte der Unterhaltspflichtige über Jahre hinweg alle Unterhaltsangelegenheiten mit dem Beistand des Jugendamtes abschließend geregelt. Erst nach Abschluss der Beistandschaft meldete sich plötzlich die beauftragte Rechtsanwältin der Mutter und wollte plötzlich einen alten Rückstand haben und hat diesen sogar zwangsvollstreckt. Dass der Pflichtige sich hier erfolgreich auf das Umstandsmoment berufen konnte, war okay. Denn das Jugendamt hatte es trotz zahlreichem Schriftverkehr versäumt, den Rückstand weiter zu erwähnen oder einzufordern. Sogar in einem weiteren Gerichtsverfahren hat man es versäumt, darüber zu sprechen. Das reichte dem OLG, um eine illoyal verspätete Rechtsausübung zu bejahen. Ein klarer Haftungsfall des Jugendamtes. Das Kind kann Schadensersatz vom Jugendamt verlangen.


    Nur am Rande hat das OLG Hamm auch die Verjährungsfrist und die Ablaufhemmung erwähnt. Allerdings mit Verweis auf einen falschen Paragraphen und falschem Inhalt. Peinlich.)

  • Ergänzung:


    Ich habe gerade noch einen interessanten Hinweis erhalten. Die Verjährungshemmung greift laut BGH nicht bei eingetretener Rechtsnachfolge, z.B. beim Bezug von Unterhaltsvorschuss oder ALG II. Das heißt, dass die Unterhaltsvorschusskasse oder das Jobcenter ihre Ansprüche weitaus zügiger geltend machen müssen, als das Kind selbst.


    Sollte hier also ein Leistungsbezug bestehen und diese Träger sich nicht melden, so könnte man diesen gegenüber Verjährung einwenden, wenn sie sich erstirgendwann nach vielen Jahren melden. Recht eindeutig könnte so ein Sachverhalt vorliegen, wenn der Unterhaltstitel bereits zu Händen des Rechtsnachfolgers ausgestellt wurde und nicht zu Händen des Kindes.


    Beim Anspruch des Kindes ist die Verjährung aber definitiv gehemmt.

  • Danke für Deine Einschätzung. Deine letzte Ausführung könnte sich tatsächlich so zugetragen haben. Fraglich bleibt jedoch, warum sich keiner meldet..
    Insofern schürt das wiederum Zweifel, ob es sich so zugetragen haben könnte.


    Ich habe soeben noch das Urteil BGH XII ZB 133/17 vom 31.01.2018 gelesen. Ich glaube, der Anwalt stützt seine Aussage auf das Thema Verwirkung.


    Zitat: "Dementsprechend kann ein bloßes Unterlassen der Geltendmachung des Anspruchs für sich genommen kein berechtigtes Vertrauen des Schuldners auslösen. Dies gilt nicht nur für eine bloße Untätigkeit des Gläubigers, sondern grundsätzlich auch für die von diesem unterlassene Fortsetzung einer bereits begonnenen Geltendmachung. Auch wenn der Gläubiger davon absieht, sein Recht weiter zu verfolgen, kann dies für den Schuldner NUR DANN berechtigterweise Vertrauen auf eine Nichtgeltendmachung hervorrufen, wenn das Verhalten des Gläubigers Grund zu der Annahme gibt, der Unterhaltsberechtigte werde den Unterhaltsanspruch nicht mehr geltend machen, insbesondere weil er seinen Rechtsstandpunkt aufgegeben habe"


    Grad noch ein Telefonat mit dem RA gehabt (es hat mich brennend interessiert, auf was er seine Aussage stützt):


    Wenn man großzügig argumentiert, trifft Verwirkung im vorliegenden Fall zu? Zeitmoment ist zweifelsfrei erfüllt. Die KM hat Ihre Kontoänderung bzw. Kontolöschung nie dem Unterhaltsschuldner mitgeteilt. Eine Kontaktaufnahme gab es auch nicht. Wer verzichtet freiwillig auf ein Geld, welches sogar tituliert ist?

  • Das ist doch unwahrscheinlich, dass der Anwalt von Verwirkung spricht, aber die 3-jährige Verjährungsfrist anbringt.


    Ob hier ein Gericht eine Verwirkung bejahen würde, kann keiner vorhersagen. Die Wahrscheinlichkeit bei bestehendem Titel ist auf jeden Fall deutlich geringer als ohne Titel. Denn durch den Titel ist es dem Schuldner die ganze Zeit klar, dass der Betrag zu zahlen ist und jeden Monat fällig wird. Sich dann allein auf die Untätigkeit des Gläubigers zu berufen, das wird zumindest mal richtig dünnes Eis.