Anwalt Inkompetent?

  • Hallo.


    Folgender Sachverhalt. Meine Frau und ich leben seid Mitte 2019 getrennt und entschieden uns damals zur Scheidung.

    Alles soll einvernehmlich und ohne Ansprüche erfolgen. Um kosten zu sparen haben wir uns daher auch nur einen Anwalt genommen.

    Was die Sache etwas verkompliziert: lebe seid 2020 in Japan, kann also schlecht mal eben bei der Kanzelei vorbeischauen.


    Alle nötigen Dokumente für das Gericht wurden der Anwältin im April 2022 persönlich überreicht.

    Uns wurde damals gesagt dass der Termin innerhalb weniger Monate möglich sein wird.

    Haben der Anwältin außerdem kurz danach circa 3000euro für Ihre “Arbeit” gezahlt.

    Der Grund für die Gänsefüßchen: Kontaktaufnahme per Mail Ende November schlug fehl.

    Sowohl meine Frau als auch ein Familienmitglied riefen bei der Anwältin an und wurden vertröstet,

    dass der Termin bald komme und Gerichte ja überlastet waren wegen Corona (stimmt das? Kommen aus der Region NRW).

    Es wurde auch in Aussicht gestellt dass ich für den Termin wahrscheinlich nicht persönlich anwesend sein muss.

    Das ist jetzt wieder 2 Monate her.

    Mir platzt derweil der Kragen und werde demnächst in den sauren Apfel beißen und ein Telefonat aus Japan führen.


    Bevor ich dies tue, wollte ich mich erkundigen was von hier an unsere Optionen sind?

    Sollen wir den Anwalt wechseln (und draufzahlen)?

    Kann ich persönlich bei Gericht anrufen und nachfragen ob überhaupt Termin Anfragen zu unserer Sache vorliegen? Oder ist das ungern gesehen?

    Bin sehr verärgert und meine Frau und ich möchten einfach nur diese Scheidung schnell hinter uns bringen.


    Danke schonmal im Voraus.


    J.

  • Hallo JoeyBGood,


    Warum geht deine Noch-Frau nicht mal persönlich zur Anwältin ?


    edy

    Eine freundliche Begrüßung bei jedem Beitrag, ist eine Werschätzung gegenüber den Antwortgebern
    z.B. "Hallo"
    Das ist ein Laienforum, die Antworten sind nicht rechtsverbindlich. edy (Admin)

  • Okay, konkret gesagt: ich bin der Mandant bei der Anwältin.


    Danke zunächst für die Antworten.


    Leider wurden bisher keine meiner Fragen beantwortet.

    Die reine Kontaktaufnahme erscheint mir eine unzufrieden stellende Lösung, da dies ja bereits mehrere Male geschehen ist (ohne Erfolg). Ohnehin ist dies mein derzeit einziger und nächster Schritt. Vorher wollte ich folgende Fragen klären:


    Wollte mich erkundigen was von hier an unsere Optionen sind?

    Sollen wir den Anwalt wechseln (und draufzahlen)?

    Kann ich persönlich bei Gericht anrufen und nachfragen ob überhaupt Termin Anfragen zu unserer Sache vorliegen?

    Oder ist das ungern gesehen?


    Oder vielleicht einfach ganz klar: wie kann ich unserer Anwältin Druck machen? Wie gesagt, die Sache wäre wesentlich einfacher (z.B. tägliche Anrufe) wenn ich gerade in Deutschland wäre.


    Gruß, J.

  • Hi,


    das Gericht wird wohl kaum auf eine telefonische Anfrage irgendwelche Auskünfte erteilen. Normalerweise ist es so, dass der Mandant von den Schriftsätzen, die der Anwalt fertigt, eine Abschrift erhält (hier wäre es der Antrag auf Ehescheidung gewesen). Dass außerdem aus dem geleisteten Vorschuss heraus ein Vorschuss für das Gerichtsverfahren eingezahlt wird, dass danach der Antrag auf Ehescheidung der Gegenseite (hier die Ehefrau) zugestellt wird. Das geschieht nur, wenn auch der Kostenvorschuss bei Gericht eingegangen ist. Corona hin oder her, diese Abläufe geschehen relativ zügig. Auch die Auskunfteinholung für den Versorgungsausgleich geschieht in der Regel ganz schnell, das sind alles prozessleitende Maßnahmen, die mit Corona so viel zu tun haben, wie Bismarck mit den Preiselbeeren. Eine ganz andere Frage ist, wie schnell der Richter dann in einigen Monaten terminieren wird. Da kann (muss aber nicht) es möglicherweise zu Verzögerungen kommen.


    Nein, du musst nicht beim Gerichtstermin erscheinen, wenn der entsprechende Antrag bei Gericht gestellt wurde, wir eine einvernehmliche Scheidung haben. Deshalb ist es wichtig, dass du anwaltlich im Gerichtsverfahren vertreten bist. Wir haben hier nämlich Anwaltszwang, d.h., Anträge können nur über einen Anwalt gestellt werden.


    Wie weiter vorgehen? Ich rätsele immer noch über das, was da vorgegangen ist. So eine Scheidung, das ist doch schnelles leicht verdientes Geld. Wichtig ist jetzt erst einmal, den genauen Status zu erforschen. Also, ob das Verfahren überhaupt bei Gericht anhängig ist. Ich würde an deiner Stelle ganz konkret bei der Anwältin unter Fristsetzung um Übersendung einer Abschrift des Scheidungsantrages auffordern, fragen, ob die Gerichtskosten eingezahlt sind. 14 Tage wären eine angemessene Frist. Deine Frau könnte direkt bei Gericht nachforschen, ob dort der Klageantrag eingegangen ist, ob also ein Verfahren anhängig ist. Eigentlich sollte es möglich sein, dies nach Terminvereinbarung persönlich zu ermitteln, oder sie fragt schriftlich an, ob sie als Partei im Prozessregister des Familiengerichts eingetragen ist, und warum ihr der Antrag auf Ehescheidung noch nicht zugängig gemacht worden ist. Sie sei ja immerhin Partei ......


    Das wäre mein Einstieg in die Sache. Wenn das Gericht kooperativ ist, dann solltet ihr sehr schnell wissen, ob da was passiert ist. Und dann erkläre ich euch gerne, wie es weiter geht, ohne dass es zu teuer für euch wird.


    Viel Erfolg!


    TK

  • Vielen Dank für diese ausführliche Rückmeldung!


    Da sind viele gute Informationen dabei, denen wir jetzt erstmal nachgehen.

    Danke dass du dir die Zeit genommen hast.


    Wenn ich neue Infos habe werde ich nochmal ein Update posten.


    Beste Grüße,

    J.

  • Nochmals ganz klar hervorgehoben, war vielleicht vorhin von mir etwas schwammig formuliert. Die Anwältin darf deiner Frau keine Infos geben. Du hast aber einen Anspruch darauf. Deine Frau kann nur den Weg über das Gericht gehen. Dort sollte zu ergründen sein, ob sie registriert ist, und das sollte der Fall sein, wenn vor x Monaten ein Ehenscheidungsantrag eingegangen ist.


    Wenn die Anwältin wirklich nichts getan hat, die Frist verstrichen ist, dann sollte man überlegen, ob man das Mandat entzieht, die Anwaltskammer informiert. Auch eine Strafanzeige wäre zu überlegen, denn so geht das ja gar nicht. Dass man das bei weiterer Nichtreaktion in Erwägung zieht, das könnte man ja schon jetzt in das Anwaltsschreiben einbauen. Vielleicht kommt die dann in die Puschen.


    Für was Corona so alles herhalten muss. Klar kommt es zu Verzögerungen. Das war aber im Wesentlichen in Verfahren, in welchem ein großer Menschenauflauf vorhersehbar war. Also die öffentlichen Verfahren, z.B. Strafverfahren, wo es dann noch viele Zeugen und Zuschauer gibt, möglicherweise 5 Richter vorne sitzen, eng beieinander u.s.w. Euer Verfahren ist nicht öffentlich, insoweit haben diese Verfahren auch während der Coronazeit stattgefunden. Also Rückstau dürfte sehr überschaubar gewesen sein. Und ohne irgendeinen Mucks vom Gericht, das glaube ich nicht. Ist die Lady überhaupt noch Anwältin? Praktiziert sie überhaupt noch?


    TK

  • Vom persönlichen Erscheinen kann man nur im Ausnahmefall befreit werden, dann müsste allerdings eine Anhörung der Partei durch einen anderen Richter erfolgen.

    Dies dürfte hier aber sinnfrei sein, da dies in Japan nicht realisiert werden kann und m. E. auch nicht im konsularischem Weg erfolgen kann.


    Selbst wenn die Anwältin hier nich nichts veranlasst haben sollte, ist weit und breit kein Ansatz für ein strafbares Verhalten zu erkennen und bisher auch kein standeswidriges Verhalten. "So geht es ja nicht" interessiert die StA nicht.

  • Hi,


    das ist der klassische Ausnahmefall, wenn die Partei anwaltlich vertreten wird. Da die Betroffenen hier ja schon seit langem getrennt leben, man sich in allen Sachen einig ist, sollte dieser Punkt im Scheidungsverfahren kein Problem sein, wenn denn erst einmal das Scheidungsverfahren anhängig ist. Möglicherweise wäre es sinnvoll, wenn die Frau den Scheidungsantrag gestellt hätte, aber, bei Bedarf kann die Frau ja immer noch einen eigenen Anwalt mandatieren.


    Doch, ein Betrug kann durchaus vorliegen, ich schreibe ausdrücklich "kann." Wenn jemand Geld für eine versprochene Leistung erhält, sich hartnäckig weigert, dann diese Leistung zu erbringen, für seinen Auftraggeber nicht mehr erreichbar ist, dann haben wir den Betrug vorliegen. Der Anwalt darf eben kein Geld für Nichtstun kassieren.


    Hier ist ein erheblicher Klärungsbedarf, denn fast ein Jahr Nichtstun, das muss wirklich schlüssig begründet werden.


    TK