Strafanzeige wegen Verletzung der Unterhaltspflicht

  • Hi,

    im Forum habe ich kürzlich darauf hingewiesen, dass es auch die Option gibt, Strafanzeige gegen einen Verletzer seiner Unterhaltsverpflichtungen zu erstatten, § 170 StGB. Hier etwas Aufklärung dazu, wenn das Sinn macht oder anders ausgedrückt, wie die Systeme Familienrecht/Strafrecht zueinander stehen.

    Grundsätzlich ist das Strafrecht nicht dazu da, die Spielregeln des Zivilrechts auszuhebeln oder zu ersetzen. Das Strafrecht hat die Aufgabe, den Strafanspruch des Staates umzusetzen; dass dabei auch quasi als Nebeneffekt ein zivilrechtlicher Nutzen herauskommen kann, ist erwünscht, aber nicht Bedingung. Daraus ergibt sich die erste Regelung. Der Staatsanwalt ist nicht dazu da, streitige Fälle im Sinne des Berechtigten zu lösen bzw. durchzusetzen. Wenn sich die Betroffenen über das grundsätzliche Bestehen einer Unterhaltspflicht oder über die Höhe der Verpflichtung streiten, dann bewegen wir uns ausschließlich im zivilrechtlichen Bereich und da ist das ganze dann auch zu klären.

    Also, wann sollte man Strafanzeige erstatten? Letztlich sollten zwei Voraussetzungen nachweisbar vorliegen: eine Verpflichtung muss vorliegen und dieser Verpflichtung entzieht sich der Betroffene durch nicht von unserem Rechtssystem vorgesehenen Aktionen. Die Verpflichtung sollte sich idealerweise aus einem zivilrechtlichen Titel ergeben. Und der Entzug kann sich aus einer Reihe von Aktionen ergeben. Einige Beispiele: man setzt sich - wie in diesem Forum in einem Thread angekündigt - mit unbekanntem Aufenthalt ab; kündigt seine Arbeitsstelle; überschreibt sein ganzes Hab und Gut an eine dritte Person, so dass Vollstreckungsmaßnahmen zivilrechtlicher Art ins Leere gehen müssen. Das dürften so die gängigsten diesbezüglichen Handlungen sein.

    Wie man eine Strafanzeige gezielt in die richtigen Bahnen lenkt, damit geht es in der Fortsetzung weiter.

    TK

  • So, weiter geht es:

    Wo sollte die Strafanzeige erstattet werden? Es gibt ja einige Institutionen, die dazu berechtigt bzw. verpflichtet sind. In Unterhaltsanzeigen empfehle ich immer, diese direkt bei der Staatsanwaltschaft zu erstatten. Weil eben auch zur Bewertung eines Anfangsverdachts - und nur dann leitet die Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren ein - gewisse zivilrechtliche Grundkenntnisse erforderlich sind, die etwa die Polizei nicht haben muss. Die Strafanzeige sollte substantiiert darlegen, dass die zivilrechtliche Seite des Falls klar ist und die erforderlichen Unterlagen in Ablichtung als Anlage bitte beifügen.

    So, der Staatsanwalt wird dann die Ermittlungen aufnehmen. Er hat natürlich andere Zugriffsmöglichkeiten auf Institutionen, die ihm Auskunft erteilen werden. Z.B. die Ermittlung einer aktuellen Wohnadresse, eines Arbeitgebers ist wesentlich einfacher, als auf der zivilen Seite des Falles. Und - er kann einen untergetauchten Straftäter/eine Straftäterin auch mit Haftbefehl suchen lassen.

    Wenn denn der Täter gefasst ist, der Anfangsverdacht sich zu einem hinreichenden Tatverdacht verdichtet hat, muss der Staatsanwalt sich entscheiden, wie er weiter vorgeht. Er kann das Verfahren einstellen, wenn damit auch schon dem Strafanspruch des Staates genüge getan ist, wegen geringen Verschuldens. Er kann einen Strafbefehl beim zuständigen Amtsgericht beantragen, also eine Verurteilung im schriftlichen Verfahren anstreben, oder eben die klassische Anklageschrift verfassen, so dass es dann nach mündlicher Verhandlung zu einer strafrechtlichen Entscheidung kommt.

    Gegen das Strafbefehlsverfahren spricht, dass ja eine Geldstrafe letztlich die Zahlungsfähigkeit hinsichtlich des Unterhalts reduzieret, also nicht unbedingt unterstützend ist. Es gibt allerdings ein "Stufenplan," der bei vielen Gerichten angewandt wird, und der auch erfolgreich ist:

    1. Verfehlung: Das Verfahren wird wegen geringen Verschuldens eingestellt, mit der Auflage, die Rückstände und laufenden Zahlungen aufzunehmen. Wird diese Auflage nicht erfüllt oder nach Ablauf der Frist von 6 Monaten kommt es zu neuen Verfehlungen, dann wird wieder gehandelt.

    2. Verfehlung, bzw. Scheiterns der ersten Regelung: es kommt zur mündlichen Verhandlung. Verurteilung erfolgt, allerdings auf Bewährung, diesmal lange Bewährungszeit, in welcher der Täter seinen Verpflichtungen nachkommen muss, etwa 3 Jahre, sonst Bewährungswiderruf.

    3. Verfehlung, bzw. Bewährungswiderruf: neues Strafverfahren, diesmal dann Freiheitsstrafe ohne Bewährung, gegebenenfalls zusätzlich zum Bewährungswiderruf.

    So, das war mal ein ganz grober Überblick über diese doch sehr spezielle Problematik.

    TK

Participate now!

Don’t have an account yet? Register yourself now and be a part of our community!