Beiträge von Tabula rasa

    Der Staat zwingt dich zu gar nichts und es gibt hier auch keine zwei Maßeinheiten. Der Staat geht hier in Vorleistung weil eine erwachsene Familie es selbst nicht hinbekommt, den Lebensunterhalt aller Familienmitglieder zu klären. Vor 200 Jahren wäre halt jemand aus der Familie gestorben oder verhungert. Heute jedoch kommt die Solidargemeinschaft aus Steuermitteln in Vorleistung dafür auf. Der Sozialstaat.


    Dass der Staat die übergangenen Unterhaltsansprüche dann in voller Höhe einfordern kann ist logisch und sinnvoll.


    Genauso sinnvoll ist es, dass der Vater anschließend im Innenverhältnis mit der Mutter den Unterhalt über den familienrechtlichen Leistungsausgleich wieder ausgleichen kann. Mit dieser zivilrechtlichen Angelegenheit soll sich der Staat ja wohl nicht auch noch beschäftigen!?


    Ich erkenne keinerlei juristisches Problem.

    Ich verstehe den Sachverhalt vermutlich viel besser als du denkst. Und gerade weil der damalige Sachverhalt heute nicht mehr zutrifft, liegt eine Änderung der Geschäftsgrundlage vor, die bei Unterhaltstiteln zur Abänderungsmöglichkeit führt. Für alle Beteiligten inklusive Rechtsnachfolgern.


    Dass man sich in der Vergangenheit und nach dem gerichtlichen Vergleich scheinbar sogar auf etwas anderes einigte ohne zumindest mal eine Ersetzungsurkunde beim Notar zu machen und die Herausgabe des vollstreckbaren Titels zu verlangen, ist ein weiterer Verfahrensfehler, der aus mangelhafter anwaltlicher Beratung resultiert. Dass Anwälte sich gerne vergleichen, liegt genau wie beim Gericht daran, dass sie dann alle nichts entscheiden müssen und dafür das meiste Geld bekommen. Wenig Arbeit, bester Verdienst. Prima. Dass hieraus teils absurde Unterhaltslösungen herauskommen (in diesem Falle zu deinen Gunsten), ist bei diesen Angelegenheiten dann sekundär. Der Nutzer timekeeper schreibt hier immer zutreffend vom Rechtsfrieden.


    Nun steht auf der anderen Seite aber nicht mehr Mutter/Kind, sondern eine Behörde als Rechtsnachfolger, die sich auf solch ein Konstrukt eben nicht verweisen lassen muss. Wenn sie es tut, gut für dich. Wenn sie es nicht tut, rechtlich nicht zu bemängeln.


    Die Ungerechtigkeit zwischen Mutter und dir könntest du wie gesagt im Rahmen des familienrechtlichen Ausgleichs aber dann eben trotzdem ausgleichen. Das ist zwar umständlich, aber aus meiner Sicht die einzige Möglichkeit, wenn die BAföG-Stelle den vollen Unterhaltsbetrag gegen dich durchsetzt.


    Aber vielleicht hast du ja auch Glück und die Stelle fühlt sich von der ganzen Angelegenheit überfordert.

    Ein Vergleich ist genau wie ein Beschluss vollstreckbar und deshalb gibt es auch eine vollstreckbare Ausfertigung (Vgl. § 794 ZPO zu den Arten verschiedener Vollstreckungstitel). Ja, ggf. hat das Gericht über das Vergleichsprotokoll "Beschluss" drübergeschrieben (vgl. § 278 ZPO). Entschieden hat es dann trotzdem nichts. Das erkennt man z.B. auch daran, ob die Entscheidung veröffentlicht ist. Denn wenn Oberlandesgerichte im Unterhaltsrecht eigene Entscheidungen treffen, werden diese üblicherweise publiziert. Sie sollen Anhaltspunkte und Entscheidungshilfen für ähnliche Fallkonstellationen in der Zukunft geben (sog. Rechtsprechung) und werden oft zur Grundlage der Kommentarliteratur. Insofern das hier der Fall ist, dann bist du auf der sicheren Seite. Das Aktenzeichen hätte ich gerne, um mir die 20 Seiten mal durchzulesen. Sofern es aber nur ein nicht veröffentlichter Vergleich ist (oder eben ein Vergleich mit Beschlussüberschrift), dann kannst du nur darauf hoffen, dass die BAföG-Behörde dies so hinnimmt oder sich nie wieder meldet (wie im Falle von Nutzer frase).


    Ich unterhalte mich nicht darüber, was sein könnte, weil irgendjemand etwas nicht weiß und deshalb nicht macht, weil das spekulativ und nicht vorhersehbar ist. Ich unterhalte mich nur darüber, was rechtlich richtig ist. Und einen Vergleich könnte (!) die BAföG-Stelle umschreiben und ändern lassen. Wenn sie es nicht macht, wird es dadurch zur für dich wichtigen Tatsache, aber nicht rechtlich richtig. Das anwaltliche Angebot über den halben Mindestunterhalt bei bereits höher austituliertem Zahlbetrag ist rechtlicher Mumpitz.

    Beim Kindesunterhalt ist (von Haftungsfragen nach 1606 BGB abgesehen) nur das Einkommen des haushaltsfernen Elternteils relevant. Hier also das Einkommen des Vaters. Der Vater hat keinen Wohnvorteil, wenn er nicht selbst in einer eigenen Immobilie lebt. Ob die Mutter mehr oder weniger Einkommen als vorher hat, ist unerheblich.

    Das Einkommen des im Haushalt lebenden Partners kann zu einer Reduzierung des Selbstbehaltes beim Unterhaltspflichtigen führen oder auch dazu, dass dieser gerade nicht reduziert wird.


    Lässt man die Angabe frei, wird die Unterhaltsvorschusskasse einfach von Ersterem ausgehen und den Selbstbehalt pauschal reduzieren. Eine Nichtangabe hat deshalb keinerlei Vorteil.

    Leider verkennst du weiterhin den Unterschied zwischen einer gerichtlichen Entscheidung und einem Vergleich sowie den ganz eklatant anderen Konsequenzen, die sich daraus ableiten. Wenn es eine gerichtliche Entscheidung über die Einkommensanrechnung des Ehemannes der Mutter gäbe, so würde der Rechtsnachfolger diese vermutlich nicht anfassen können. Ein Vergleich ist aber keine Entscheidung, sondern eine Abrede zwischen den Eltern, gebilligt und niedergeschrieben vom Gericht. Und diese funktioniert - folgerichtig - natürlich nicht zu Lasten des Steuerzahlers. Völlig egal ob BAföG, Jobcenter, Unterhaltsvorschuss oder sonst irgendein Rechtsnachfolger. Jeder von diesen Stellen könnte (!) einen Vergleich abändern.


    Aus unterhaltsrechtlicher Sicht bist du nach der Schilderung hier recht eindeutig zur vollen Zahlung verpflichtet. Ob dich eine mutwillige Arbeitsaufgabe von der Forderung befreit, darf angezweifelt werden. Mal ganz unabhängig von dem mathematisch unsinnigen Ergebnis.


    Ein objektives Gerechtigkeitsempfinden ist für mich hier nicht erkennbar. Ich sehe nur jede Menge Wut gegenüber die Mutter. ...übrigens: Gegen die Mutter hättest du aufgrund der Situation vermutlich einen familienrechtlichen Ausgleichsanspruch und könntest dir einen Anteil am Unterhalt dann wiederholen. Das wäre zumindest der richtige Weg, den dein Anwalt dir hätte erklären können, statt dir irgendwelche Märchen aufzutischen und die Zwangsvollstreckung zu riskieren. Wie gesagt, der Beschluss ist vollstreckbar und ggf. läuft im Hintergrund bereits die Umschreibung. Solltest du dazu eine Anhörung erhalten, kannst du davon ausgehen, dass die BAföG-Stelle die Zwangsvollstreckung vorbereitet. Inwieweit einer BAföG-Stelle ggf. zusätzlich die öffentlich-rechtliche Vollstreckung zugänglich ist, ist mir nicht bekannt.

    Korrekt. Diese Anhörung ist nach Sachverhaltsschilderung hier ebenso erfolgt. Es gab zumindest Kontakt zwischen Unterhaltspflichtigem und BAföG-Stelle und auch hier im Thread wird deutlich, dass keine Bereitschaft zur sofortigen Zahlung besteht oder bestand und wohl auch keine geleistet wird. Da Unterhaltsforderungen immer Sofortforderungen sind, kann hier nicht länger als wenige Tage gewartet werden. Die Entscheidung der BAföG-Stelle erscheint daher nach dem Lesen der Beiträge sinnvoll und nachvollziehbar.


    Excel59 Eine kühne Behauptung, die worauf stützt?


    Rainman52 Ich hatte es so verstanden. Was willst du mit einer Zahlungsaufforderung, der du sowieso nicht nachgekommen wärst? Was hätte diese geändert? Es wäre exakt die gleiche Situation eingetreten. Wie ich dir bereits oben schrieb, ist die BAföG-Stelle der Rechtsnachfolger. Und ein Rechtsnachfolger (zumindest einer mit etwas Ahnung), wird sich ganz sicher nicht auf einen Unterhaltsvergleich mit fiktivem Einkommen einer anderen Person verweisen lassen und wird eine Abänderung des bestehenden Titels verlangen. Klar, du könntest Glück haben. Aber offensichtlich konfrontiert dich die BAföG-Stelle ja bereits mit der höheren Forderung. Und wenn du diese nicht anerkennst, dann werden sie diese eben versuchen mit verschiedenen Mitteln gerichtlich durchzusetzen.


    Dein nachfolgender Text ist aus unterhaltsrechtlicher Sicht unerheblich und verkennt die Rechtslage. Das Einkommen des Ehepartners der Mutter ist nun mal beim Kindesunterhalt irrelevant. Du kannst auch Heidi Klum heiraten und mit einem Hubschrauber vor dem Gerichtsgebäude landen oder in einem goldenen Bademantel erscheinen. Man wird dir deswegen dennoch kein fiktives Einkommen hinzurechnen. Dass dich ein Richter in die Pfanne gehauen hat, darf deshalb sehr stark bezweifelt werden. Schließlich hast du selbst einen Vergleich geschlossen und das Gericht überhaupt nichts entschieden (was übrigens ganz normal ist im Unterhaltsbereich). Und bei diesem Vergleich hast du aber etwas für dich sehr gutes erreicht, was ich für rechtlich falsch halte und außerhalb eines Vergleichs vermutlich auch nicht so entschieden worden wäre. Gut für dich (bisher), aber uninteressant für die BAföG-Stelle (zu Recht).


    Mit der Aufgabe deines Arbeitslebens könntest du dich ggf. der Unterhaltsforderung entziehen. Der Verlust an Einkommen dürfte jedoch in aller Regel höher sein als die Ersparnis durch weggefallenen Unterhalt. In aller Regel wäre diese Entscheidung mathematischer Unsinn und ziemlich dumm.

    Gauss Für die Vorauszahlung muss man glaubhaft machen, dass kein Unterhalt gezahlt wird. Das liegt hier vor.


    Rainman52 Also ist es ein Vergleich. Das Familiengericht hat insoweit nichts selbst entschieden, sondern die Beteiligten zum Vergleich moderiert (wie so oft). Dir wäre es lieber gewesen, dass deine Tochter den Unterhalt pfändet, als dass du durch den Rechtsnachfolger BAföG jetzt nochmal eine Klärungsmöglichkeit erhältst? Verstehe ich nicht diese Aussage.


    Auf den 340 € Deal wird sich kein Unterhaltsgläubiger einlassen, der auch nur einen Hauch von Ahnung hat.


    Der Verweis auf den OLG Beschluss befreit dich nicht von der höheren Forderung, wenn eine Änderung der Geschäftsgrundlage eingetreten ist. Sollte die BAföG-Stelle als Rechtsnachfolger des Kindes zu dieser Auffassung gelangen, können sie eine gerichtliche Abänderung erwirken, falls du nicht zur freiwilligen Anerkennung bereit bist. Ich persönlich halte den Verweis auf fiktives Einkommen der Mutter für aussichtslos und der Rechtsnachfolger muss sich auch nicht auf einen Vergleich mit der nicht zahlungsfähigen Mutter verweisen lassen. Auch die BAföG-Stelle fordert Unterhalt nach zivilrechtlichen Vorschriften und nicht nach öffentlich-rechtlichen. Das ergibt sich aus § 37 BAföG.

    Klingt nach einem windigen Vorgehen.


    Der alte Unterhaltsbeschluss ist gültig und vollstreckbar. Die BAföG-Stelle kann sich diesen umschreiben lassen und einfach die Zwangsvollstreckung über 400,50 € betreiben. Sollten sie nach Einkommensprüfung der Auffassung sein, dass sich ein höherer Anspruch ergibt (wovon hier mMn auszugehen ist), können sie zudem die gerichtliche Abänderung dieses Anspruchs durchführen. Sie können dich zuvor zur freiwilligen Anerkennung auffordern. Das wäre zumindest ein korrektes Vorgehen der BAföG-Stelle, falls es nicht im Sande verläuft.


    Der "Berechnungs"vorschlag des Anwaltes ist in meinen Augen lächerlich, zumal der bisherige OLG Beschluss scheinbar bereits eine komplexere Volljährigenberechnung mit fiktivem Einkommen bei der Mutter enthält (was ich persönlich nicht verstehe und als falsch erachte). Oder war das nur ein Vergleich?


    Gegen das Vorgehen des Kindes ist mMn nichts einzuwenden.

    Die Antragsberechtigung für eine Beistandschaft ergibt sich aus § 1713 BGB, hier Abs.1 S.2: "Steht die elterliche Sorge für das Kind den Eltern gemeinsam zu, kann der Antrag von dem Elternteil gestellt werden, in dessen Obhut sich das Kind befindet."


    Sofern ein Wechselmodell ausgeübt würde (ich beurteile das nicht), ist damit kein Elternteil antragsberechtigt.

    Wenn das Kind nicht im Residenzmodell betreut wird, dann ist die Mutter gar nicht antragsberechtigt für eine Beistandschaft. Von daher gilt es jetzt erst Recht das bereits gelebte Wechselmodell durch Vereinbarung oder notfalls gerichtliche Entscheidung mal dingfest zu machen. Bis dahin sollte man dem Beistand die tatsächliche Betreuungssituation möglichst genau schildern und ihm mitteilen, dass er das Kind aus diesem Grund gar nicht vertreten darf.

    Der Selbstbehalt des unterhaltspflichtigen Erwerbstätigen liegt bei 1510 €.


    Der Bedarf auf Betreuungsunterhalt umfasst die Einkommensdifferenz zwischen dem Einkommen vor der Geburt und dem Einkommen nach der Geburt. Hat die Mutter aber kein Einkommen, setzt man die o. g. 1120 € pauschal als Bedarf an. Bei 3000 € Nettoeinkommen scheint diese Zahlungshöhe durchaus realistisch.

    Siehe § 1615l BGB: Die Unterhaltspflicht beginnt frühestens vier Monate vor der Geburt und besteht für mindestens drei Jahre nach der Geburt. Sie verlängert sich, solange und soweit dies der Billigkeit entspricht. Dabei sind insbesondere die Belange des Kindes und die bestehenden Möglichkeiten der Kinderbetreuung zu berücksichtigen.


    Also ja, die Möglichkeit besteht. Erfolgsaussichten sind vom Einzelfall abhängig. Wenn das Kind ständig krank ist, dann könnte das ein Verlängerungsgrund sein.