Beiträge von Tabula rasa

    Auf der einen Seite gibt es keine rechtliche Vaterschaft, auf der anderen Seite hat man aber Kontakt und zahlt inoffiziellen Unterhalt. Ich bin ganz ehrlich und kann aus keinerlei Blickwinkel nachvollziehen, warum man sich so verhält und sich für sein ganzes Leben mit solchen Ungewissheiten beschäftigt. Wirklich, ich erkenne nicht einen einzigen Vorteil daran. Das wäre mir so eine derbe Last im Leben, das könnte ich nicht ertragen.


    Ein sinnvolles Vorgehen wäre 1) die eigene biologische Vaterschaft mit Einverständnis der Mutter zu prüfen, 2) die rechtliche Vaterschaft mit sämtlichen Rechten und Pflichten final zu klären und dann erst 3) sich mit den Unterhaltsfragen zu beschäftigen.


    Nun läuft es aber schon 8 Jahre anders und hinterlässt damit jede Menge offene Rechtsfragen, die dir keiner ad hoc im Detail beantworten können wird, weil sie von Faktoren abhängig sind, die im Zweifel jahrelang rückwirkend zu erheben und zu beweisen wären und weil sie davon abhängig sind, wer welche Ansprüche gegen wen überhaupt einfordert. Das kann vom Kind über die Mutter oder den damaligen Scheinvater bis hin zu Sozialleistungsbehörden wie der Unterhaltsvorschusskasse zu allerlei Konstrukten führen.


    Eine Verwirkung kann hier nicht vorliegen. Die Ansprüche gegen dich sind in Ermangelung der fehlenden rechtlichen Vaterschaft bisher noch nicht mal entstanden. Sie entstehen erst nach Klärung der Vaterschaft, dann aber rückwirkend zum Zeitpunkt der Geburt in voller Höhe. Auf keinen Fall sind die gerade frisch und rückwirkend entstandenen Ansprüche dann sofort verwirkt. Entgegen deiner Auffassung ist da nämlich nicht der Unterhaltspflichtige rechtlich geschützt, sondern der Unterhaltsberechtigte. Dieser war schließlich in Ermangelung der rechtlichen Vaterschaft bisher vollständig daran gehindert, die Ansprüche einzufordern und kann sie gerade deshalb für die Vergangenheit einfordern (vgl. § 1613 Abs.2 BGB). Ob man dem Kind die fehlende eigene Klärung der Vaterschaft dann anlasten kann, darüber lässt sich vielleicht streiten.


    Sollte der Anspruch festgestellt werden, wirst du erhebliche Probleme haben, die bisherigen und in meinen Augen völlig sinnlosen Barzahlungen als Erfüllung einzuwenden.


    Sollte die Mutter Sozialleistungen beziehen, wie z.B. Unterhaltsvorschuss oder ALG II / Bürgergeld, so könnte sich hieraus ein erheblicher Sozialleistungsbetrug ergeben, welcher mit Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren geahndet werden kann. Und an diesem hättest du im Zweifel einen nicht unerheblichen Anteil.

    Ja, durch die Anpassungen 2023 könnte es zu einem echten Ansturm an berechtigten Abänderungsanträgen auf bestehende Unterhaltstitel kommen.


    Bevor man ein Gerichtsverfahren einleitet, muss man aber erst mal den Gläubiger kontaktieren und eine einvernehmliche und außergerichtliche Herabsetzung anstreben. Am besten mit konkretem eigenen Lösungsvorschlag.

    Deine Frage ist nicht abwegig. Die rechtliche Abwicklung für den Otto-Normalverbraucher im Streitfall aber komplizierter als man es sich vielleicht vorstellt.


    Selbstverständlich kann die Mutter den privaten Samenspender (am besten notariell) vertraglich von Unterhaltszahlungen freistellen (sogenannte Freistellungsvereinbarung). Diese Freistellungsvereinbarung muss sich aber ein Kind nicht entgegenhalten lassen und kann seine Abstammungs- und Unterhaltsansprüche trotzdem durchsetzen. Ob nun selbst oder bei Rechtsnachfolge durch Sozialleistungsbehörden, der Vater kann sich dagegen nicht wehren. Auf Basis der Freistellungsvereinbarung kann er den gezahlten Unterhalt dann von der Mutter wieder zurückfordern. Und da wir hier im Zivilrecht sind, muss das bei fehlender Einigkeit immer gerichtlich und im Zweifel mittels Zwangsvollstreckung erfolgen. Kann man das nicht selbst oder darf es teilweise auch nicht, braucht man regelmäßig und ggf. wiederholt einen kostenpflichtigen Anwalt.


    Abschließende Rechtssicherheit kann nur bei einer ärztlich unterstützten künstlichen Befruchtung in einer Einrichtung der medizinischen Versorgung im Sinne von § 1a Nummer 9 des Transplantationsgesetzes unter heterologer Verwendung von Samen, der vom Spender einer Entnahmeeinrichtung im Sinne von § 2 Absatz 1 Satz 1 des Samenspenderregistergesetzes zur Verfügung gestellt wurde, hergestellt werden. Nur dann ist die rechtliche Vaterschaft des Spenders ausgeschlossen und damit auch jegliche Unterhaltsansprüche.

    Noch nicht ganz verständlich, was du meinst. Die Dynamik des Titels bezieht sich nur auf die Altersstufen und die Unterhaltsbeträge, aber nicht auf die Einkommensstufen. Ein titulierter Prozentsatz bleibt solange der gleiche Prozentsatz, bis man ihn neu verhandelt. Und da gab es keine Reduzierung 2023, sondern nur Erhöhungen.


    Wenn du eine Neuberechnung für notwendig erachtest, kannst du diese vornehmen und dem Gläubiger als zukünftigen Lösungsvorschlag unterbreiten. Bei Einigkeit, kann die bisherige Urkunde durch eine neue Urkunde ersetzt werden. Bei fehlender Einigkeit, kannst du den bestehenden Titel nur gerichtlich ändern lassen.

    Wenn ein dynamischer Titel besteht, bist du sogar verpflichtet, die Zahlungen selbst anzupassen. Machst du das nicht, läuft dir die Differenz als Schuld auf, die jederzeit vollstreckt werden könnte.


    Bei dem Kind mit Ausbildungsvergütung ist die Differenz identisch. Diese schlägst du einfach auf den reduzierten bisherigen Zahlbetrag drauf.

    Das ist doch unwahrscheinlich, dass der Anwalt von Verwirkung spricht, aber die 3-jährige Verjährungsfrist anbringt.


    Ob hier ein Gericht eine Verwirkung bejahen würde, kann keiner vorhersagen. Die Wahrscheinlichkeit bei bestehendem Titel ist auf jeden Fall deutlich geringer als ohne Titel. Denn durch den Titel ist es dem Schuldner die ganze Zeit klar, dass der Betrag zu zahlen ist und jeden Monat fällig wird. Sich dann allein auf die Untätigkeit des Gläubigers zu berufen, das wird zumindest mal richtig dünnes Eis.

    Ergänzung:


    Ich habe gerade noch einen interessanten Hinweis erhalten. Die Verjährungshemmung greift laut BGH nicht bei eingetretener Rechtsnachfolge, z.B. beim Bezug von Unterhaltsvorschuss oder ALG II. Das heißt, dass die Unterhaltsvorschusskasse oder das Jobcenter ihre Ansprüche weitaus zügiger geltend machen müssen, als das Kind selbst.


    Sollte hier also ein Leistungsbezug bestehen und diese Träger sich nicht melden, so könnte man diesen gegenüber Verjährung einwenden, wenn sie sich erstirgendwann nach vielen Jahren melden. Recht eindeutig könnte so ein Sachverhalt vorliegen, wenn der Unterhaltstitel bereits zu Händen des Rechtsnachfolgers ausgestellt wurde und nicht zu Händen des Kindes.


    Beim Anspruch des Kindes ist die Verjährung aber definitiv gehemmt.

    Deine Recherche ist in Ordnung. Es fehlt nur der zweite Teil.


    Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt 3 Jahre. Ob nun nach § 195 BGB oder nach § 197 Abs.2 BGB. Wurscht. Der Eintritt der Verjährung ist aber unter bestimmten Umständen gehemmt. Und zwar in diesem Fall bis zum 21. Geburtstag. Der Zeitraum, während dessen die Verjährung gehemmt ist, wird in die Verjährungsfrist nicht eingerechnet (§ 209 BGB).


    Deshalb beginnt die Verjährungsfrist von 3 Jahren für den Kindesunterhalt mit dem 21. Geburtstag. Für laufend titulierte Unterhaltsansprüche tritt eine Verjährung damit frühestens zum 24. Geburtstag des Kindes ein.


    (In OLG Naumburg, Beschluss vom 09.07.2008 - 3 WF 139/08 hatte das Kind die Feststellung der dreißigjährigen Verjährungsfrist beantragt, was für diesen Fall sinnfrei war, da noch überhaupt keine Verjährungsfrist eingetreten war. Das Gericht hat daher lediglich auf die zusätzlich auch noch möglichen Maßnahmen nach § 212 BGB hingewiesen, welche die Verjährungsfrist komplett neu beginnen lassen. Mit der Ablaufhemmung hat sich das Gericht gar nicht erst auseinandergesetzt. (Der Beschluss bezieht sich auch auf die damals noch leicht andere Gesetzeslage)


    In OLG Hamm, Beschluss vom 17.03.2014 - 6 UF 196/13 geht es gar nicht um Verjährungsfristen, sondern um die Verwirkung. Und das ist auch die eigentlich interessante Frage. Zum Umstands- und Zeitmoment hatte ich dir ja schon ein paar Infos und die BGH Rechtsprechung von 2018 geliefert. Ich vermag aus den bisherigen Schilderungen nicht zu erkennen, dass der Unterhaltspflichtige sich erfolgreich auf Verwirkung berufen kann. Man lese sich mal den erheblichen Unterschied zum Sachverhalt des OLG Hamm durch. Dort hatte der Unterhaltspflichtige über Jahre hinweg alle Unterhaltsangelegenheiten mit dem Beistand des Jugendamtes abschließend geregelt. Erst nach Abschluss der Beistandschaft meldete sich plötzlich die beauftragte Rechtsanwältin der Mutter und wollte plötzlich einen alten Rückstand haben und hat diesen sogar zwangsvollstreckt. Dass der Pflichtige sich hier erfolgreich auf das Umstandsmoment berufen konnte, war okay. Denn das Jugendamt hatte es trotz zahlreichem Schriftverkehr versäumt, den Rückstand weiter zu erwähnen oder einzufordern. Sogar in einem weiteren Gerichtsverfahren hat man es versäumt, darüber zu sprechen. Das reichte dem OLG, um eine illoyal verspätete Rechtsausübung zu bejahen. Ein klarer Haftungsfall des Jugendamtes. Das Kind kann Schadensersatz vom Jugendamt verlangen.


    Nur am Rande hat das OLG Hamm auch die Verjährungsfrist und die Ablaufhemmung erwähnt. Allerdings mit Verweis auf einen falschen Paragraphen und falschem Inhalt. Peinlich.)

    Katastrophe. Den Anwalt kannst du gleich in der nächstbesten Mülltonne entsorgen.


    Die Verjährung von laufend titulierten Unterhaltsansprüchen ist bis zum 21. Geburtstag des Kindes gehemmt, nachzulesen in § 207 Abs.1 Nr.2a BGB. Diese Frist wurdedurch den Gesetzgeber zuletzt mit Gesetz zur Änderung des Erb- und Verjährungsrechts von 18 auf 21 angehoben. In der Gesetzesbegründung findet man dazu die Erläuterung:


    "Die künftige Regelverjährung von drei Jahren würde dazu führen, dass die Verjährung bei Beibehaltung der jetzt geltenden Fassung von § 207 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB mit Vollendung des 21. Lebensjahres ebenfalls vollendet wäre. Das würde dem Ziel eines Schutzes der Familiengemeinschaft auch für die Dauer der Übergangszeit nicht gerecht werden. Der Entwurf sieht daher eine Verlängerung der Verjährungshemmung bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres der Kinder vor. Ansprüche zwischen Kindern und Eltern verjähren dann erst mit Vollendung des 24. Lebensjahres der Kinder."


    Titulierte bezifferte Unterhaltsrückstände verjähren sogar erst nach 30 Jahren, kommen aber eher selten vor.


    Dass ein Anwalt für diese Falschauskunft Geld verlangt, ist eine bodenlose Frechheit und ein Armutszeugnis. Er muss es ja nicht mal unbedingt sofort wissen. Aber mal kurz ins Gesetz zu schauen oder in seiner Online-Datenbank das erstbeste Ergebnis zum Thema zu überfliegen, das kann man wohl verlangen von einem Menschen mit zwei juristischen Staatsexamen.

    Dass keine Kosten erhoben werden, ist ja auch eine gesetzlich zulässige Möglichkeit, Jürgen. Aber sie ist eben nur eine von mehreren Möglichkeiten. Insofern würde der Hinweis ans Familiengericht, dass es keine Rechtsgrundlage gäbe, ins Leere laufen. Die Rechtsgrundlage für das Absehen von Kosten ist schließlich dieselbe, wie die Rechtsgrundlage für eine Aufteilung der Kosten. Insoweit erschließt sich mir der Hinweis weiterhin nicht.


    Du hast Recht, die o. g. Entscheidung des OLG Brandenburg war ein Antragsverfahren. Die Kostenfolge ist jedoch völlig identisch. Das Amtsverfahren führt nach der Rechtsprechung lediglich zum Ausschluss der Anwendung von § 81 Abs.2 Nr.2 FamFG. Man könnte dazu mittlerweile von fast jedem OLG eine ähnliche Entscheidung anbringen oder die Kommentarliteratur.


    Dass hier regelmäßig keine Kosten erhoben würden, vermag ich allenfalls bei von vornherein beantragter VKH zu erkennen. Ansonsten besteht Gebührenvorschusspflicht. Außerdem sind die Gebühren auch derartig gering, dass ich mich allein aufgrund der Höhe schon nicht dazu streiten würde.


    Dass es hierzu nach dem Ablaufhinweis von timekeeper tatsächlich mal jemand vor das Bundesverfassungsgericht wagt oder überhaupt zugelassen wird, darf doch stark bezweifelt werden. Ob überhaupt schon mal die Beschwerde zum BGH zugelassen wurde? Wahrscheinlich nicht.


    Um deshalb zurück zur Ausgangsfrage zu kommen: Ja Timbo, du kannst in aller Regel davon ausgehen, dass du (abseits etwaiger VKH/Beratungshilfeansprüche) auf den hälftigen Verfahrenskosten und deinen eigenen Anwaltskosten sitzen bleibst.

    Es bestehen wechselseitige Auskunftsansprüche zum Einkommen über § 1605 BGB und/oder § 242 BGB. Am einfachsten ist es, wenn beide Eltern sich gegenseitig die Auskunft erteilen oder beide dem Kind die Auskunft erteilen und sich dieses dann einen Berechnungsvorschlag im Jugendamt einholt.

    Jürgen, ich kann dir noch nicht ganz folgen, warum diese zahlreichen Entscheidungen einer rechtlichen Prüfung nicht standhalten sollten? Ich bin jetzt kein Grundrechtsexperte, ich wüsste aber auch nicht wie ich durch ein Grundrecht hier zu einer Problematik kommen könnte. Wenn dem so wäre, müsste halt jemand eine Verfassungsbeschwerde einreichen. Wird das nicht gemacht, bringt es jedenfalls nichts, pauschal zu behaupten, dass jahrelange Rechtsprechung "nicht rechtmäßig" sei.


    Die Kosten des Verfahrens sind gesetzlich geregelt in den §§ 80 ff. FamFG i.V.m. § 45 und Anlagen des FamGKG.

    Ein Umgangsverfahren ist definitiv kein Verfahren auf Antrag, sondern ein sogenanntes Amtsverfahren, welches durch Antrag lediglich angeregt werden kann, vgl. § 24 FamFG. Der Hinweis von Jürgen ist korrekt.


    Kosten entstehen aber wie gesagt trotzdem, vgl. z.B. OLG Brandenburg, Beschluss vom 12.11.2020 – 9 WF 242/20


    1. In Sorge- und Umgangssachen entspricht es grundsätzlich der Billigkeit, die Gerichtskosten zwischen den Eltern aufzuteilen und vom Ausspruch einer Erstattung außergerichtlicher Auslagen abzusehen


    2. Im Einzelfall kann in Sorge- und Umgangsverfahren Veranlassung bestehen, einem Elternteil die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen, wenn allein dieser für die Einleitung des Verfahrens und der hierdurch entstehenden Kosten verantwortlich ist.

    Ein privat nutzbarer Dienst-PKW ist ein sogenannter geldwerter Vorteil, der als Einkommen zählt. Es gibt die recht vereinfachte Variante einfach das Nettoeinkommen zu nehmen. Nettoeinkommen ist nicht der Auszahlungsbetrag auf dem Lohnschein, sondern das, was unter Nettoeinkommen zu finden ist.


    Wenn man den geldwerten Vorteil genauer ausrechnen will, müsste man eine Vergleichsberechnung mit einem Brutto-Netto-Rechner machen und herausfinden, wie hoch das Nettoeinkommen ohne Dienst-PKW wäre. Das kann man dann mit dem Nettoeinkommen inklusive Dienst-PKW vergleichen und schon hat man einen etwas genaueren Betrag, der niedriger sein sollte, als bei der erstgenannten vereinfachten Variante.


    Auch könnte man in deinem Fall die 5% Bereinigung weglassen, dafür aber auch die Fahrtkostenerstattung aus dem Gehalt herausrechnen.


    Auf Antrag des Kindes könnte das Jugendamt euch einen unverbindlichen Berechnungsvorschlag unterbreiten.

    Dass es sich um ein Amtsverfahren handelt, spielt keine Rolle. Kosten entstehen trotzdem und werden nach gefestigter Rechtsprechung in der Regel zwischen den Eltern aufgeteilt. Und die Kosten des Anwaltes muss man natürlich auch tragen, wenn man sich vertreten lässt.

    Es gibt beim Unterhalt keine Gewinner oder Verlierer. Es gibt einen Bedarf, eine Bedürftigkeit und eine Leistungsfähigkeit. Und diese Dinge machen in Kombination in den allermeisten Fällen ziemlich viel Sinn.


    Die aus deiner Sicht ggf. nachvollziehbare Ungerechtigkeit der Teilzeittätigkeit der Mutter, lässt sich wie gesagt rechtlich auflösen. Der Unterschied dürfte aber gar nicht so hoch sein, wie du das vielleicht glaubst. Dass du viel Unterhalt zahlen musst, liegt vornehmlich an deinem eigenen Einkommen.


    Um es mal an stark vereinfachten Rechenbeispielen zu verdeutlichen:


    1)

    KV 4.500 € bereinigt netto, KM 0 €

    Unterhalt allein nach Einkommen des Vaters = 144% Tabelle = 655 € + Schulgeld

    Zahlung vollständig durch Vater


    2)

    KV 4.500 € bereinigt netto, KM 2.000 € bereinigt netto (egal ob fiktiv oder vorhanden)

    Unterhalt nach Gesamteinkommen = 176% Tabelle = 856 € + Schulgeld

    haftungsmäßige Aufteilung der Zahlung nach Abzug Selbstbehalt = ca. 762 € KV und 94 € KM + jeweils anteilig Schulgeld

    Angemessenheitsprüfung: KV muss maximal Betrag aus eigenem Einkommen zahlen = siehe oben 655 € + ca. 90% ant. Schulgeld


    An diesen Beispielen erkennt man recht gut, was häufig vergessen wird. Nämlich, dass bei einer Volljährigenberechnung unter Berücksichtigung des Einkommens der Mutter erst mal ein viel höherer Bedarf herauskommt. Und dass der Haftungsanteil an diesem höheren Bedarf sogar höher sein kann, als wenn man nur nach dem eigenen Einkommen rechnet. Eine Hinzurechnung von fiktivem Einkommen hätte in diesem Beispiel nur eine marginale Auswirkung für den Vater; nämlich beim Mehrbedarf.


    Anders sähe es sicherlich aus, wenn die Mutter ein deutlich höheres Einkommen hat (ob nun echt oder fiktiv...) und der Vater nicht so gut verdient.

    Richtig, das Kind hatte diesen Doppelwohnsitz auch schon vor der Volljährigkeit. Das Bestimmungsrecht für Natural-/Barunterhalt unterscheidet aber nicht zwischen minderjährigen und volljährigen Kindern. Für eine Berücksichtigung spräche daher nach meiner Auffassung nur, wenn die Kosten bereits in der Vergangenheit als Naturalunterhalt berücksichtigt wurden. Das ist zumindest relativ unwahrscheinlich. Vermutlich wurden diese Kosten als Kosten des Umgangs zusätzlich vom Vater getragen.

    Eine solche Forderung würde dazu führen, dass die Eltern beide die jeweilige Wohnungsgewährung als Naturalunterhalt leisten wollen und das Kind damit ab der Volljährigkeit plötzlich einen selbst finanzierten Doppelwohnsitz hätte. Eine solche Bestimmung würde deshalb nach meinem Empfinden nicht die gebotene Rücksicht auf die Belange des Kindes abdecken und wäre unwirksam.

    Wer soll die Mutter zur Vollzeittätigkeit auffordern? In Deutschland gibt es keine Zwangsarbeit und scheinbar besteht im mütterlichen Haushalt und anhand des Eheeinkommens auch gar keine finanzielle Notwendigkeit.


    Ob der Mutter ein fiktives Einkommen zugerechnet wird, das hängt von euch drei Beteiligten selbst ab. Machst du ein Solches gegenüber der Unterhaltsforderung des Kindes geltend, so führt das jedenfalls dazu, dass das Kind einen echten ungedeckten Bedarf hat. Daher teile ich persönlich die Rechtsansicht, dass dieses Problem nur auf der Elternebene zu klären ist. Das heißt, du wärst weiterhin allein der Unterhaltszahler, hättest aber ggf. einen eigenen Ausgleichsanspruch gegen die Mutter.


    Die Eltern haben gegenüber ihrem Kind ein Bestimmungsrecht, ob der Unterhalt als Geldrente oder als Naturalunterhalt erbracht werden soll. Zum Naturalunterhalt gehört dann allerdings die vollständige Aufnahme in den Haushalt und alle Kosten des Kindes. Dabei ist auf die Belange des Kindes die gebotene Rücksicht zu nehmen. Es macht wenig Sinn, wenn das Kind schon immer bei der Mutter gewohnt hat und der Vater nun mit Verweis auf die Möglichkeit zum Einzug die Geldzahlung verweigert.


    Die Schulkosten sind auch in der Volljährigkeit Mehrbedarf des Kindes, jener zusätzlich zum regulären Unterhalt zu decken ist.

    Du hast Recht, die Änderung des Titels ab der Volljährigkeit des Kindes zu organisieren, ist unter Umständen (je nach Familiengeschichte) mit Nerven und vielleicht auch Kosten verbunden.


    Eine Befristung der Unterhaltsurkunde wälzt diese Problematik jedoch einfach nur vom Elternteil auf das Kind ab. Denn angenommen ein Elternteil ist nicht zur Klärung bereit, so muss das Kind selbst juristisch vorgehen. Die bisherige Sicherheit durch Titulierung wäre bei einer Befristung pünktlich zum 18. Geburtstag einfach so entfallen. Und genau dieser Zustand ist nicht hinnehmbar. Das gerade volljährig gewordene Kind hat ein wesentlich höheres Schutzbedürfnis als ein Elternteil. Deswegen könnte man sich z.B, auch nicht gegen eine laufende Zwangsvollstreckung wehren, nur weil Volljährigkeit eingetreten ist (vgl. § 244 FamFG). Und das war auch Teil der Gesetzesbegründung zur Einführung des § 1612a BGB ("Auf diese Weise ist das Kind (...) nicht gezwungen, sich nach Vollendung des 18. Lebensjahres einen neuen Titel zu beschaffen."), was der Bundesgerichtshof 2005 nochmals bekräftigt hat.


    Heutzutage sind deshalb auch (fast) alle gerichtlichen Unterhaltstitel stets unbefristet. Dass eine Jugendamtsurkunde überhaupt befristet werden kann, liegt ausschließlich daran, dass die Urkundsperson einen solchen Wunsch nicht ablehnen darf, wie Nutzer Trotha bereits ausgeführt hat.