Bedarfskontrollbetrag Erklärung

  • Hallo zusammen.


    Vielleicht kann mir ja hier ja jemand erklären, wann genau dieser Bedarfskontrollbetrag greift. Y zahlt nach Stufe 3 der düsseldorfer Tabelle für 3 Kinder. Zieht er den Gesamtbetrag von seinem bereinigtem Nettoeinkommen ab, liegt er unter dem Bedarfskontrollbetrag. Sein Anwalt meint, dieser Betrag stünde ihm nicht zu da er keine weiteren Unterhaltsverpflichtungen hat. Ist das so richtig ? Wäre für etwas Aufklärung sehr dankbar.

  • Hey,


    ich beschäftige mich auch schon länger mit diesem Thema und es ist tatsächlich so, wenn der Unterhaltspflichtige mehr verdient auch mehr für sich behalten darf.

    Früher ging die Düsseldorfer Tabelle von 3 Unterhaltspflichtigen Personen aus und seit einigen Jahren nur noch von 2 Personen.


    Anmerkung 1 der Leitlinien und Anmerkung 6 sind sehr wichtig.


    Hier ist eine genaue Erklärung einer Familienrechtlerin die das ganze auf den Punkt bringt.


    Kindesunterhalt anhand der Düsseldorfer Tabelle – Höhere Sätze und angepasste Bedarfskontrollbeträge

    Höhere Sätze und angepasste Bedarfskontrollbeträge können für böse Überraschungen 2023 sorgen. Anhand der sogenannten Düsseldorfer Tabelle wird in der Bundesrepublik Deutschland mitunter der Unterhalt für Kinder von getrennt lebenden Eltern geregelt. Die Tabelle wird vom Oberlandesgericht Düsseldorf in Abstimmung mit weiteren Behörden erstellt. Ihre aktualisierte Fassung trat in den vergangenen Jahren jeweils zum ersten Januar in Kraft. Entsprechend ist seit dem 01.01.2023 die Düsseldorfer Tabelle 2023 (Stand: 01.01.2023) nebst aktualisierten Leitlinien verfügbar.


    Bei der Düsseldorfer Tabelle handelt es sich weder um ein Gesetz, noch ist sie rechtlich verbindlich. Sie dient vielmehr als eine allgemeine Richtlinie, die allerdings bundesweit von Gerichten bei der Unterhaltsberechnung gerne herangezogen wird. In ihr finden sich Richtwerte beispielsweise beim Ehegattenunterhalt, der Mangelfallberechnung, dem Verwandtenunterhalt sowie dem Kindesunterhalt.

    Unterhaltsrelevantes Einkommen, Bedarfskontrollbetrag und die Leitlinien

    Die Düsseldorfer Tabelle wirkt bei oberflächlicher Betrachtung zunächst recht einfach und selbsterklärend. So gibt sie beispielsweise beim Kindesunterhalt anhand einer Übersicht/Liste in Relation gestaffelt nach dem unterhaltsrelevanten (Netto-)Einkommen des Unterhaltspflichtigen sowie anhand des Alters des Kindes (0-5, 6-11, 12-17, ab 18, Jahre) stufenweise den Mindestunterhalt an. Parallel weist sie auch den jeweiligen Bedarfskontrollbetrag aus. Dieser Bedarfskontrollbetrag benennt die Summe, welche dem Unterhaltspflichtigen selbst zum bestreiten des eigenen Lebensunterhalts zu verbleiben hat.


    Unterschied 2022 – 2023: Ein Beispiel

    Abschließend gilt es festzuhalten, dass nur derjenige, der wirklich alle grundsätzlichen Regeln der Düsseldorfer Tabelle und vor allem auch alle relevanten Leitlinien kennt, letztendlich sicher sein kann, alle Ansprüche in vollem Umfang zu erhalten.

    Da zum 01.01.2023 nicht nur die Beträge des Mindestunterhalts (Geld für das Kind) angehoben wurden, sondern auch parallel die jeweiligen Bedarfskontrollbeträge (Geld das dem Unterhaltspflichtigen verbleibt), können sich bei bestimmten Konstellationen jetzt enorme Unterschiede gegenüber 2022 ergeben.


    Anhand der beiden folgenden Beispiele wird ersichtlich, welche Unterschiede sich anhand der Düsseldorfer Tabelle 2022 gegenüber 2023 ergeben können.

    Beispiel anhand der Düsseldorfer Tabelle 2022

    Unterhaltspflichtiger Elternteil erwirtschaftet monatlich ein unterhaltsrelevantes Nettoeinkommen über 1901 Euro. Die Düsseldorfer Tabelle legt bei diesem Nettoeinkommen den Mindestunterhalt eines 6-jährigen Kindes auf 478 Euro fest. Dem Unterhaltspflichtigen steht ein Selbstbehalt über 1400 Euro zu. Die Differenz von Nettoeinkommen zum Bedarf des Unterhaltspflichtigen beträgt somit 501 Euro. Als Mindestunterhalt ergeben sich tatsächlich 478 Euro (so wie es die Düsseldorfer Tabelle aufführt), da diese Summe unterhalb der Differenz von Nettoeinkommen zu Bedarfskontrollbetrag des Unterhaltspflichtigen liegt.

    (1901 Euro (unterhaltsrelevantes Nettoeinkommen) minus 1400 Euro (Bedarfskontrollbetrag des Unterhaltspflichtigen) = 501 Euro. Somit ist der Unterhaltspflichtige in der Lage, den Mindestunterhalt von 478 Euro zu bedienen.)

    Beispiel anhand der Düsseldorfer Tabelle 2023

    Unterhaltspflichtiger Elternteil erwirtschaftet monatlich ein unterhaltsrelevantes Nettoeinkommen über 1901 Euro. Die Düsseldorfer Tabelle legt bei diesem Nettoeinkommen den Mindestunterhalt eines 6-jährigen Kindes auf 528 Euro fest. Dem Unterhaltspflichtigen steht ein Selbstbehalt über 1650 Euro zu. Die Differenz von Nettoeinkommen zum Bedarf des Unterhaltspflichtigen beträgt somit 251 Euro. Als Mindestunterhalt ergeben sich anstatt der 528 Euro (wie es die Düsseldorfer Tabelle eigentlich aufführt) nur 251 Euro. Denn die verbleibende Summe aus der Differenz des Nettoeinkommens zu Bedarfskontrollbetrag des Unterhaltspflichtigen weist lediglich diese 251 Euro aus.

    (1901 Euro (unterhaltsrelevantes Nettoeinkommen) minus 1650 Euro (Bedarfskontrollbetrag des Unterhaltspflichtigen) = 251 Euro


    Fakt ist, dass das Unterhaltsvorschuss Gesetzt diesbezüglich ausgeweitet wurde.


    wenn man das ganze so anwendet, dann ist man wesentlich beruhigter und ist kein Sozialfall. Wenn man halt weniger zahlen muss bzw. kann, dann wird der Rest von der Unterhaltsvorschuss Kasse ergänzt.



    Mit freundlichen Grüßen



  • Leider falsch. Wenn nicht besondere Umstände dazukommen, steht einem nur der notwendige Selbstbehalt zu. Weiterhin ist man gesteigert erwerbspflichtig, wenn man den Mindestunterhalt nicht zahlen kann aufgrund des Selbstbehaltes. Dann wirst Du aufgefordert zusätzlich zu arbeiten - bis zu 48 Wochenstunden sind zuzumuten. Tust du es nicht, wirst Du rechnerisch so gestellt, als ob Du es tust und Dir verbleiben noch weniger als 1400,-.

    Frag Dich mal, warum der Staat einer Familie die vom Bürgergeld lebt, nicht ähnliche Schraubzwingen anlegt.

    Grundsätzlich, um die Frage zu erklären. Der Denkfehler ist oft, dass man nach seinem Einkommen nach dem Bedarfskontrollbetrag guckt und meint, dieser stünde ihm zu. Falsch gedacht. Mit jeder Abstufung, mit der man versucht diesen zu erreichen, sinkt jedoch auch der zustehende Bedarfskontrollbetrag. Bei mehr als einem Kind landet man dann ganz schnell wieder ganz unten.

  • Hi,


    Bigpuster, auch bei Familien, die ausschließlich vom Bürgergeld leben, werden Schraubzwingen angesetzt, glaub es mir einfach mal.


    Nun zum von mir (ungeliebten) Bedarfskontrollbedarf. Das Problem ist, dass viele diesen Bedarf mit dem Selbstbehalt gleichsetzen, also ihn als zwingend zu berücksichtigen ansetzen. Dem ist aber nicht so. Deshalb gibt es auch durchaus Oberlandesgerichte, die diesen Kontrollbetrag gar nicht einsetzen. M.E. ist er überflüssig. Denn die DT ist kein Gesetz. Sie ist eine Orientierungshilfe, die bei der Berechnung des Kindesunterhalts wohltuende Sicherheit vermittelt. Aber, da wir es auf der Gesetzesseite mit einem unbestimmten Rechtsbegriff zu tun haben, kann das Gericht letztlich bestimmen, wie sie diesen Rechtsbegriff ausfüllt. Also, auch ohne den Kontrollbedarf müsste das Gericht individuell durchprüfen, ob das ganze Konstrukt angemessen ist, ob man den notwendigen Selbstbehalt also erhöhen muss.


    TK

  • Hallo noch mal.


    Die neue Tabelle ist ja nun raus die die Kontrollbeträge wurden auch erhöht. Also zu irgendwas müssen sie ja gut sein.. Ein Anruf beim Jugendamt hat Klarheit geschaffen. Arbeit muss sich auch lohnen. Wer mehr verdient, dem soll auch mehr bleiben. TK, warum ist er überflüssig? Warum soll ein Besserverdiener nur vom Selbstbehalt leben? Dann ist ja das Bürgergeld attraktiver als arbeiten zu gehen. Die ganze Tabelle an sich ist schon ein Witz.

  • Die Sachbearbeiterin beim Jugendamt sagte zu mir genau das: " Arbeit muss sich auch lohnen, wer mehr verdient, dem soll auch mehr bleiben."

    Deswegen berücksichtigen die immer den Bedarfskontrollbetrag. Es mag auch Ämter geben, die das nicht tun. Das kann sein. Muss man in de jeweiligen Leitlinien nachlesen. Aber an sich ist es ja schlüssig und sinnvoll. Wie gesagt, warum soll dem Zahlenden nur das absolute Existenzminimum bleiben?

  • Frauj, liest du eigentlich die Antworten nicht nur, sondern versuchst auch, sie zu verstehen? Ich habe nirgendwo geschrieben, dass den Verpflichteten nicht mehr bleiben darf, als der Selbstbehalt. Ich habe lediglich geschrieben, dass die Gerichte ohnehin die Angemessenheit der Zahlungen überprüfen müssen; da ja letztlich unbestimmte Rechtsbegriffe ausgefüllt werden müssen. Wir haben ja auch noch den § 1612a BGB in Verbindung mit der Mindestunterhaltsverordnung zu berücksichtigen. Und wenn deine Lady vom Jugendamt immer den Bedarfskontrollbetrag ohne auf den Einzelfall zu schauen berücksichtigt, dann mag sie doch mal erklären, wie sie das mit der Regelung des notwendigen Eigenbedarfs in Einklang bringt; der wäre ja dann überflüssig, außerdem mit Bereinigungsfaktoren, die sehr individuell sein können. Bei all dem kann man nämlich auch deutlich über den Kontrollbetrag kommen, oder auch drunter. Und weil das individuell zu überprüfen ist, ist er überflüssig.


    TK