Keine Verfahrenskostenhilfe bei anstehende Verfahren zum Kindesunterhalt - wer kann helfen?

  • Guten Abend,
    Ich bin seit drei Jahren von meinem Mann geschieden, die gemeinsame Tochter (17) lebt bei ihm.
    Seit der Scheidung beziehe ich ALGII (vorher Hausfrau). Seit Zeitpunkt der Scheidung wurde ich vom
    zuständigen Amt in regelmäßigen Abständen zu meiner Leistungsfähigkeit bezgl. Kindesunterhalt für meine
    Tochter befragt. Da ich lediglich ALGII bezogen habe und noch beziehe, konnte ich zu Unterhaltszahlungen
    nicht herangezogen werden.


    Im Rahmen der nachehelichen Regelungen wurde Ende 2014 das ehemals gemeinsame Haus verkauft, wovon ich dann
    anteilig ca. 20T Euro erhielt. Aus einer moralischen Verpflichtung heraus und aufgrund von jahrelangen
    Schuldgefühlen beglich ich damit ein vor einigen Jahren erhaltenes privates Darlehen.


    Nachdem mein Ex-Mann die Behörde darüber informiert hatte, wurde ich erneut zu meiner Leistungsfähigkeit
    bezgl. Kindesunterhalt befragt. Ich habe geschildert, was mit dem Verkaufserlös geschehen ist, jedoch wurde
    das nicht so hingenommen. Der ganze Vorgang liegt jetzt beim Amtsgericht. Meinem Antrag auf Verfahrenskostenhilfe
    wurde nicht entsprochen, so dass der Anwalt, der für mich schon lange tätig ist, z.B. auch im Rahmen der
    Feststellung des Zugewinns, mich hier nur vertritt, wenn ich ihn vorab bezahle - was ich jedoch nicht kann.


    Das Gericht hat bereits einen Termin festgesetzt zur "Güteverhandlung und zur mündlichen Verhandlung" und meinen
    Anwalt dazu geladen (im Vorfeld hatte er noch einige Korrespondenz mit dem Gericht in dieser Sache durchgeführt).
    Er wird dort nur erscheinen, wenn er (wie geschildert) zuvor von mir bezahlt wird. Es besteht Anwaltszwang.
    Bereits jetzt hat er mich darauf hingewiesen, dass im Falle des Nichterscheinens mit einem Versäumnisbeschluss ergehen
    wird, gegen den man mittels anwaltlichem (!) Schriftsatz Einspruch einlegen kann.


    Warum wurde meinem Antrag auf VKH nicht entsprochen?
    Das Gericht legt mir zur Last, dass ich mich bewusst und selbstverschuldet in die Lage der Leistungsunfähigkeit gebracht
    habe, da ich das "Hausgeld" nicht für die Sicherung des Kindesunterhaltes, sondern zur Darlehensrückzahlung verwendet habe.
    Daher müsse ich mich leistungsfähig behandeln lassen.
    Deweiteren werden meine Nachweise bezgl. Bemühungen um eine Arbeit als nicht ausreichend angesehen (ich habe im Zeitraum
    ab 03/2015 bis August 2015 ca. 20 Bewerbungen abgeschickt).
    Schließlich erkennt das Gericht nicht, dass ich aufgrund meiner psychischen und körperlichen Verfassung nur eingeschränkt,
    wenn nicht gar überhaupt nicht arbeitsfähig bin (hier habe ich es leider selbst versäumt, mir dies ausreichend attestieren
    bzw. begutachten zu lassen - die vorgelegten Atteste, dass ich für einige Wochen nicht arbeitsfähig bin) reichen hier nicht.
    So sieht das Gericht letztendlich keine Aussicht auf Erfolg bezgl. einer Rechtsverteidigung.


    Nun weiss ich nicht, wie ich überhaupt weiter vorgehen soll. Mein Anwalt wird den Termin nicht wahrnehmen und ich werde den
    Versäumnisbeschluss erhalten - was geschieht dann weiter? Ich fürchte, es wird auch nicht viel Sinn machen, dem Beschluss
    des Gerichts (Ablehung des VKH-Antrages) zu widersprechen, da in dieser Monatsfrist sicherlich nicht rechtzeitig ausreichende
    Unterlagen über meine Arbeitsunfähigkeit beibringen kann.


    Ich hoffe sehr, dass mir jemand hier ein paar Ratschläge geben kann, wie ich mich jetzt verhalten soll.


    Noch ein Hinweis: Mein Ex-Mann hat ein Einkommen, welches ca. dem 5-fachen meines monatlichen ALGII-Geldes entspricht. Es ist also
    nicht so, dass er bzw. meine Tochter zur Sicherung ihrer Existenz auf Unterhalt von mir angewiesen sind.
    Ferner hatte er mit mir vereinbart, dass ich keinen Kindesunterhalt bezahlen muss, wenn ich im Gegenzug auf nachehelichen Unterhalt
    von ihm verzichte - dies geschah jedoch nur mündlich.


    Herzlichen Dank !!!!!!

  • Leider hat das Gericht recht, schätze ich. Deine Rückzahlung war voreilig. Ich fürchte, da gibt es nur einen Weg: denjenigen, dem Du das Geld zurückgezahlt hast, bitten Dir erneut zu helfen und die Anwaltsrechnungen vorerst aus Deiner Rückzahlung zu begleichen mit dem Versprechen, dass Du die Beträge nachzahlst, wenn Du wieder leistungsfähig bist. Jedenfalls, wenn es keine anderen Geldquellen gibt, bei denen Du um Hilfe bitten kannst (Eltern, Geschwister ....)


    Und was kann das Gericht anderes entscheiden, wenn justiziable Nachweise für Arbeitsunfähigkeit fehlen? Eine solche Aussage muss schon beweisbar und belastbar sein. Da bedarf es wohl mindestens eines amtsärztlichen Gutachtens. Immerhin geht es um eine Menge Geld und den Unterhalt Deiner Kinder.


    Und 20 Bewerbungen in 7 Monaten sind nun nicht DIE Unmengen. Theoretisch kann erwartet werden, dass Du die Zeit, die Du wegen Arbeitslosigkeit "frei" hast, damit verbringst, Dich um Arbeit bemühen. Nun weiß ich nicht, was Du für einen Job hast. Vielleicht gibt es da nicht viele Stellen. Aber im Grunde kann man auch erwarten, dass Du auch Arbeit annimmst, die nicht Deiner Ausbildung oder Deinen Vorkenntnissen oder Qualifikation entsprechen, wenn es um den Unterhalt Deiner Kinder geht. Geh zum Arbeitsamt und lass dich beraten. ich persönlich würde mich wahrscheinlich hinsetzen und mir jeden Tag mindestens 10 Firmen in der näheren Umgebung heraussuchen und mich blind per eMail bewerben. Das kostet nichts. Vielleicht kriegst Du ja sogar so einen Job. Auf jeden Fall kannst Du an Hand der Antworten der beworbenen Firmen nachweisen, dass Du Dich beworben hast.


    Das Einkommen Deines Exmannes ist für die Bestimmung des Unterhalts für Deine Kinder im Übrigen unerheblich. Es kann dann allenfalls sein, dass auf Grund der Gegebenheiten ein Gericht im Fall einer Unterhaltsklage einen etwas geringen Unterhaltsbetrag festsetzt als in den Düsseldorfer Tabellen festgelegt.


    Viel Erfolg und alles Gute!

  • Thorsten, hier sind wir wirklich einer Meinung. Der Grundsatz im deutschen Rechtssystem ist, dass die öffentlichen Gelder erst dann heranzuziehen sind, wenn jemand wirklich bedürftig ist, nicht, wenn er sich bedürftig gemacht hat. Hier hat sich jemand bedürftig gemacht, wollte also letztlich private Schulden vom Staat bezahlen lassen. Zum anderen geht Unterhalt an Kinder immer vor. Vor anderen Schulden, immer und ausnahmslos. Es gibt zahllose Gerichtsentscheidungen in dieser Richtung. Etwa sinngemäß wie folgt: Um den Unterhalt für Kinder sicherzustellen, ist es zumutbar, mit einem Gläubiger zu verhandeln hinsichtlich der Streckung eines Darlehens, auch bei ungünstigerem Zinssatz. Um den Unterhalt sicher zu stellen, ist eine private Insolvenz zumutbar. Und, so das Familiengericht in Giessen schon vor etlichen Jahren, wenn jemand ALG II Empfänger ist, kann er den ganzen Tag drauf verwenden, sich zu bewerben. Da gehen die Vorstellungen der ALG II-Behörde und der Familiengerichte durchaus auseinander. Auch hinsichtlich der Zumutbarkeit der Jobs. Familienrechtlich ist für Kindesunterhalt jeder, wirklich jeder Job zumutbar.


    Es kann auch sein, dass VKH aus anderen Gründen verwehrt worden ist, nämlich der Aussichtslosigkeit der Rechtsverteidigung. Wenn jemand über Jahre ALG II bekommt, nicht in die Grundsicherung wegen Arbeitsunfähigkeit geschoben wird, dann ist er zumindest eingeschränkt arbeitsfähig.


    Und, wudu müsste eigentlich auch Riesenprobleme mit dem Job-Center bekommen. Denn die Zuwendung hätte mit ALG II verrechnet werden müssen. Das wird auch noch auf wudu zukommen. Denn nicht nur die Gerichte, auch der Staat im allgemeinen reagiert zickig, wenn man sich auf Kosten von uns allen saniert.



    Herzlichst


    TK