Frage nach den Rechten des unterhaltspflichtigen Elternteils

  • Hallo,


    ich habe mich hier angemeldet, weil meine Freundin und ich ein größeres Problem haben, mit welchem wir leider nicht so ganz umzugehen wissen!


    Also:
    Meine Freundin wurde kürzlich geschieden und hat mit ihrem Ex-Mann eine elfjährige Tochter (wird im August zwölf). Die Tochter lebt allerdings bei ihrem Vater. Dieser hatte in der Vergangenheit versucht, durch ein Gericht einen bestimmten Betrag an Unterhalt einzufordern. Zum damaligen Zeitpunkt hatte meine Freundin noch ein Mindesteinkommen von 975,- € netto monatlich. Das Gericht urteilte, dass die Kindesmutter ab Mai diesen Jahres monatlich 300,- € an Unterhalt an den Kindesvater zahlen soll, ohne jedoch eine genaue Berechnung zu veranlassen. Der festgesetzte Betrag entspricht auch nicht der Vorgabe der Düsseldorfer Tabelle (hiernach wäre es prinzipiell ein Betrag von 393,- €; ab August 460,- €). Auf weitere Forderung des Gerichts und des "gegnerischen" Anwalts, sich einen "besser bezahlten Arbeitsplatz" zu suchen, tat meine Freundin dies, sodass sie nun ein monatliches Netto-Einkommen von 1232,- € hat.
    In der Zwischenzeit hat ihr Ex-Mann über seinen Anwalt wohl "vorsorglich" einen Vollstreckungstitel zur Lohn- UND Kontopfändung erwirkt, obwohl meine Freundin jeden Monat pünktlich überweist. Sie hatte aber trotzdem über ihren Anwalt eine Unterhaltsberechnung fordern lassen - hierzu gab' es bis dato keine Rückmeldung. Gestern hat sie dann das zuständige Jugendamt angerufen, da dieses ja für eine solche Berechnung zuständig ist - Aussage des Jugendamtes war, dass in diesem Fall nur der Kindesvater eine Berechnung veranlassen kann...!?
    Nach einem (sehr unangenehmen) Anruf bei ihrem Ex-Mann lehnte dieser eine Berechnung ab - er sähe keine Notwendigkeit dazu...!


    Nun haben wir beide recherchiert und fanden heraus, dass einerseits die Düsseldorfer Tabelle nur die prinzipiellen Beträge angibt, eine genaue Unterhaltsberechnung berücksichtigt ja noch den Selbstbehalt (in unserem Fall für Erwerbstätige: 1080,- € im Monat), sowie eventuell die monatlichen Fahrtkosten zum und vom Arbeitsplatz (?) und zudem noch anteilsmäßig das Kindergeld, welches hier ja der Vater bekommt.


    Nun zu unserem eigentlichen Problem bzw. unseren Fragen, auf die wir bislang keine Antworten haben:
    1. Hat meine Freundin als Unterhaltspflichtige das Recht, eine Berechnung zu fordern?
    2. Kann ihr Ex-Mann diese Berechnungsforderung ablehnen?
    3. Kann ihr Ex-Mann überhaupt einen Vollstreckungstitel einfach so erwirken, obwohl kein Zahlungsverzug seitens meiner Freundin eingetreten ist?
    4. Wenn ja, ist dieser Titel schriftlich, mit Unterschrift/Stempel eines Amtes, Notar's oder Gerichtes meiner Freundin zumindest in Kopie zukommen zu lassen?
    (Sie hat nämlich nur ein Schreiben des gegnerischen Anwalts, in welchem geschrieben steht, sie hätten einen Titel gegen sie)
    5. Wenn dieser Titel rechtswirksam wird, wieviel kann/darf er pfänden lassen?
    (Er behauptet, er könne bis auf einen übrig bleibenden Betrag von 780,- € pfänden lassen; die Pfändungstabelle 2017 gibt an, es wäre nur maximal 109,28 €, die bei ihrem aktuellen monatlichen Netto-Einkommen gepfändet werden dürfen, da hier wohl auch der Selbstbehalt von 1080,- € zu berücksichtigen wäre)


    Uns wäre sehr damit geholfen, wenn jemand uns diese Fragen (begründet) beantworten kann!


    Grüße


    Nina und Sascha

  • Hallo!


    Das JA hat recht. Dieses vertritt das Kind - und somit kann auch nur der Elternteil bei dem das Kind lebt eine Berechnung dort veranlassen.


    Sehr seltsam finde ich allerdings besagtes Urteil.
    Es muss dazu doch ein Verfahren gegeben haben, bei dem beide Seiten Ihre Ansicht begründen, und auch ein Gericht zieht jetzt eher selten irgend eine Zahl aus dem Hut, sondern begründet seine Berechnung im Rahmen des Urteils.

  • Hi,


    wenn denn wirklich ein Urteil besteht, dann kann man aus der Begründung doch einiges entnehmen. Und 393 € abzüglich Kindergeld, dann sind wir ja bei etwa 300 €. Aber hier ist ja offensichtlich mit einem fiktiven Einkommen gearbeitet worden. Und nochmals, es existiert ein Titel, aus dem vollstreckt werden kann. Da ist nix mehr zu unterschreiben oder so.


    Herzlichst


    TK

  • 1. Hat meine Freundin als Unterhaltspflichtige das Recht, eine Berechnung zu fordern?


    Ja, im Rahmen einer Unterhaltsabänderungsklage. Voraussetzung wäre z. B., das sich die finanziellen Verhältnisse für ?den Pflichtigen seit der Titulierung verschlechtert haben. Ob das hier Sinn macht, kann ich so nicht beurteilen. Da müsste man einen Rechtsanwalt hinzuziehen. Ggf. über Beratungshilfe.


    2. Kann ihr Ex-Mann diese Berechnungsforderung ablehnen?


    Kann er. Ohne Einigung bleibt nur der Weg über das Familiengericht.


    3. Kann ihr Ex-Mann überhaupt einen Vollstreckungstitel einfach so erwirken, obwohl kein Zahlungsverzug seitens meiner Freundin eingetreten ist?


    Ja. Dafür hat er das Gerichtsurteil über die Unterhaltsfestsetzung. Darüber kann er sich eine sogenannte vollstreckbare Ausfertigung besorgen, falls das Gericht im Wortlaut keine konkreten Zahlbeträge nennt (abstrakte Forderung). Der Titel alleine löst aber noch keine Pfändung aus. Allerdings müsste man, wenn der Vater ohne Zahlungsverzug der Mutter pfänden würde, dann Vollstreckungsabwehrklage am Gericht erheben.


    4. Wenn ja, ist dieser Titel schriftlich, mit Unterschrift/Stempel eines Amtes, Notar's oder Gerichtes meiner Freundin zumindest in Kopie zukommen zu lassen?


    So erst mal nicht. Ggf. im Rahmen einer laufenden Vollstreckung. So weit ist es ja noch nicht


    5. Wenn dieser Titel rechtswirksam wird, wieviel kann/darf er pfänden lassen?

    Pfänden kann er erst, wenn Rückstände aufgelaufen sind. Bei Rückständigem Unterhalt wird nach §850d ZPO gepfändet. Also selbst bei Arbeitnehmern bis runter auf Sozialhilfenivau.

  • Zitat

    ?1. Hat meine Freundin als Unterhaltspflichtige das Recht, eine Berechnung zu fordern?Ja, im Rahmen einer Unterhaltsabänderungsklage. Voraussetzung wäre z. B., das sich die finanziellen Verhältnisse für den Pflichtigen seit der Titulierung verschlechtert haben.


    Nur als Ergänzung: Dies wäre auch gegeben wenn die die EInkünfte des UH-Empfängers verändert haben, z.B. Kind beginnt eine Ausbildung und hat somit eigenes Einkommen.