Reaktion der Kinder

  • Ich habe noch keinen Themenbereich gefunden, in dem über die Reaktion der Kinder gesprochen wird. Ich finde, das ist ein sehr wichtiges Thema. Ich habe zumindest einige Fragen dazu. Wir reichen im November die Scheidung ein, unser Sohn ist 16 und weiß über alles Bescheid. Wir versuchen, alles so transparent zu machen, wie es geht, und reden offen über alles. Meistens sagt er kaum ein Wort dazu, ich habe überhaupt das Gefühl, dass er nicht darüber sprechen möchte. Auf die Frage, ob es ihm unangenehm sei oder wie es ihm geht, kommt die Antwort "alles ist okay". Ich glaube auch, dass alles okay ist, natürlich der Situation entsprechend. Aber je näher die endgültige Scheidung rückt, desto mehr Gedanken mache ich mir. Ist sein Verhalten normal? Ich selbst denke, ja, das ist es. Aber eventuell übersehe ich da etwas? Wie reagieren eure Kinder?

  • Hallo,


    über das Thema kann man sicher Bücher schreiben (was ja auch schon reichlich geschehen ist, einfach mal zum Buchhändler Deines Vertrauens gehen): da ist alles möglich! Teilweise hängt es von den sich scheidenden Eltern ab, teils auch von der Konstitution der Kinder selber, die teils auf den Erfahrungen, aber auch auf den vererbten Eigenschaften des Kindes basieren.


    Die schlimmste Belastung ist jedoch sehr sicher, wenn die Eltern ihre Konflikte auf dem Rücken der Kinder austragen oder die Kinder in diese Konflikte mit einbeziehen. Es sind eben Kinder und keine Erwachsenen, die Konflikte liegen im Bereich der elterlichen Partnerschaft, und da hat niemand was zu suchen, außer die beiden Eltern. Also hält man die Kinder da strikt heraus. Man stürzt sie sonst in einen schlimmen Loyalitätskonflikt, denn jedes Kind liebt beide seiner Eltern.


    Tatsache ist nichtsdestoweniger, dass es für alle Kinder eine schwere Belastung ist, völlig egal, wie alt sie sind. Ebenso ist Tatsache, dass man die Konsequenzen überhaupt nicht abschätzen kann. Manche Kinder kommen recht gut damit klar, bei manchen ziehen sich die Folgen der Belastungen bis ins hohe Erwachsenenalter hin.


    Auf der anderen Seite sind Eltern, die die ganze Zeit nur streiten oder achtlos nebeneinander herleben und nur der Kinder wegen zusammen bleiben, nicht weniger belastend und ein schlechtes Vorbild. Also hat man in dem Fall wohl nur die Wahl zwischen Pest und Cholera.


    Meiner Meinung nach kann eine Scheidung also nur der letzte Schritt sein, wenn alle Möglichkeiten der Rettung der Partnerschaft versagt haben. Diese auszuschöpfen liegt in der Verantwortung der Eltern gegenüber ihren Kindern. Das ist jedenfalls meine Meinung.

  • Hi,


    hier sind wir wirklich mal (fast) einig. Aber, ich bitte das Alter des Kindes nicht zu vergessen. In diesem Alter sind sie selbständig, heutzutage, und es wird immer wieder beobachtet, dass Kinder mehr unter ständigen Streitereien leiden als unter einer sauberen Trennung. Wichtig ist, dass das Kind in den Entscheidungsprozess, wo es in Zukunft lebt, einbezogen wird. Dass man es ernst nimmt mit seinen Bedürfnissen. Ihm Sicherheit vermittelt und Zuwendung. Dann kann das Kind die Trennung sogar als Gewinn für sich verbuchen.


    Das klappt auf jeden Fall wesentlich besser als dieses "wir sind ja nur noch wegen dir zusammen." Glaubt es mir mal.


    Herzlichst


    TK

  • Also meine Eltern sind auch getrennt und als ich damals das erfahren hatte, war das sehr hart für mich und ich glaube ich hatte viel schlimmer reagiert ... damals war das so das ich mit keinem mehr geredet hatte. Meine Schule musste darunter leiden (eine Zeit lang) und ich war kaum noch zuhause. Ich hatte damals keine Lust mehr auf die Situation und versuchte es zu umgehen. Ich finde es gut das Sie mit ihrem Sohn darüber so offen reden, denn das erleichtert bestimmt die Situation. Bei mir war es nicht so. Es war wie ein Schlag ins Gesicht, denn mir wurde viel verheimlicht.
    Zurück zum Thema... ihr Sohn verhält sich ganz normal und ich hoffe er kommt so schnell wie möglich damit klar... damit nichts anderes in seinem Leben darunter leidet.


    MfG
    Chris.k

  • Hi,


    hier sind wir wirklich mal (fast) einig. Aber, ich bitte das Alter des Kindes nicht zu vergessen. In diesem Alter sind sie selbständig, heutzutage, und es wird immer wieder beobachtet, dass Kinder mehr unter ständigen Streitereien leiden als unter einer sauberen Trennung.


    TK


    Das sehe ich genauso und habe es auch so bei uns beobachtet: Zwischen 6 Jahren und 16 Jahren (Beim Alter der Kinder) ist doch ein riesen Unterschied!!

  • Das beruhigt mich, dass momentan alles in Ordnung zu sein scheint mit meinem Sohn. Ich würde ihn gerne fragen, was er denkt und was er gerne anders hätte, aber in dieser Hinsicht dringe ich nicht zu ihm durch. Zum mit mir reden zwingen kann ich ihn ja nicht. Ich sehe es auch so wie alle hier, dass elendige Streitereien vor dem Kind nicht gut sind. Ich könnte mir auch gut vorstellen, dass vor allem jüngere Kinder sehr darunter leiden, die Mama oder den Papa weinen zu sehen. Ich hoffe, dass unser Sohn in den vergangenen Jahren nicht allzu sehr unter uns gelitten hat. Wir haben es immer vermieden, vor ihm zu streiten. Aber es ist natürlich vollkommener Quatsch, zu glauben, er würde davon nichts mitbekommen. Als wir ihm sagten, dass wir uns trennen werden, reagierte er auch wenig überrascht.


    Wenn jemand ein Buch zu diesem Thema empfehlen kann, wäre es natürlich sehr schön. Ich habe kurz bei Amazon geschaut, dort gibt es sehr viele Titel, aber keiner, der sofort ins Auge springt und sagt "ich bin gut". Also vielleicht weiß da jemand einen hilfreichen Titel.

  • Ich glaube nicht, dass das Alter ausschlaggebend ist dafür, wie sehr und auf welche Weise jemand über einen Verlust trauert. Und die Auflösung des Elternhauses und Trennung der Eltern ist für jedes Kind ein schwerer Verlust, egal wie alt. Nur lernen Kinder im Laufe der Jahre eben auch, anders damit umzugehen und auch ihre Trauer zu zeigen und darüber zu sprechen, oder eben auch das Gegenteil. In die Köpfe hineinsehen kann niemand.


    Bücher sind wie Freunde, die muss man sich selbst aussuchen. Kommt halt drauf an, was zu einem passt. Geh zum Buchhändler und lies die Bücher "an", die Dich interessieren, dann merkst Du ja schnell, ob der Autor zu Dir und Deinen Kindern passt oder nicht.

  • Hi,


    bei meinen Kids war Erleichterung da nach der Trennung, sie waren 4 und 13 Jahre alt. Ich sehe es gerade in meinem unmittelbaren Umfeld. Der Junge ist 15, die Eltern sind wegen des Kindes nach meinem Empfinden zu lange zusammen geblieben. Der Junge ist mal da, mal dort, die schulischen Leistungen sind sogar besser geworden. Ich denke mal, man darf den Druck, der eine nicht intakte Beziehung der Eltern auf die Kinder ausübt, nicht unterschätzen. Der 15-jährige meinte zu mir auf Nachfragen: Klasse, jetzt bekomm ich doppelt Weihnachtsgeschenke, fahre doppelt in den Urlaub und ich hab kein schlechtes Gewissen mehr, weil die Eltern ja nur wegen mir zusammen geblieben sind. Wichtig ist halt die Zuverlässigkeit, die die Eltern rüberbringen müssen. Dass sich da nichts ändert, das ist von ganz entscheidender Bedeutung. Und - in der Klasse ist das ja kein Einzelfall. Es ist heute was normales. Auch das spielt eine Rolle.


    Herzlichst


    TK


  • als ich die Gründe des Jungen gelesen habe, warum es gut ist, dass die Eltern getrennt sind, dachte ich zuerst: Das sind typische positive Dinge, die man sich zurecht legt. Irgendetwas Positives muss die Trennung ja haben. Es klang mir wie eine Ausrede.
    Da machte mir gleich Sorgen, aber da er nun auch gesagt hat, dass er ein schlechtes Gewissen hat, dass die Eltern nur wegen ihm zusammengeblieben sind, da dachte ich: Ok, er scheint tatsächlich erleichtert zu sein. Es muss für ein Kind wahnsinnig schlimm sein, wenn es glaubt, dass die Eltern nur wegen ihm zusammen sind. Und da die Ehe dann offensichtlich nicht funktioniert, gibt sich das Kind womöglich die Schuld an jedem Streit und jeder misslichen Lage. Kaum auszudenken, welcher Druck auf dem Kind lasten muss. Da ist es ganz definitiv besser, wenn sich das Paar trennt.
    Danke TK, dass du noch einmal an die Zuverlässigkeit der Eltern appellierst und noch einmal daran erinnerst, dass man dem Kind auch das Gefühl gibt, dass so eine Trennung oder eben Scheidung etwas Normales ist. Und dass sich auch danach alles normal verhalten wird. Und ganz wichtig war es uns auch, dem Jungen zu sagen, dass es das Richtige für uns ist.



    An Thorsten: Da hast du Recht. Nun, dann werde ich in einem Buchladen stöbern und anlesen.