Ohne Anwalt zur Wehr setzen, ist das möglich?

  • Abgesehen vom Selbstbehalt ist der Kindesunterhalt privilegiert, der Elternunterhalt aber nur "schwach ausgestaltet". Beim Kindesunterhalt gilt eine gesteigerte Erwerbsobliegenheit und die Existenzsicherung der Kinder hat Vorrang vor Altersvorsorge. Auch das Vermögen spielt beim Kindesunterhalt eine sehr viel größere Rolle. Die sog. Lebensstandardsgarantie gibt es beim Kindesunterhalt nicht.

    ein Blick in die unterhaltsrechtlichen Leitlinien hilft zu erkennen, der Unterschied zwischen Ehegatten- und Kindesunterhalt und Elternunterhalt ist verschwindend gering, was das Thema unterhaltsmindernde Positionen anbelangt

    ein normaler Anwalt für Familienrecht sollte die jeweiligen Unterschiede erkennen

  • Im übrigen bin ich im Gegensatz zu dir der Meinung, dass die Kenntnis der eigenen Leistungsfähigkeit für einen UHP durchaus Priorität haben kann, denn jemand, der weiß, dass von ihm höchstens 100 EUR gefordert werden können, schläft bedeutend besser, als jemand, der meint, die gesamte Deckungslücke übernehmen zu müssen.

    ich bin nicht der Meinung Leistungsfähigkeit ist kein Thema, nur damit kann ein Unterhaltspflichtiger keinen Blumentopf gewinnen,

    das Thema bietet keine neuen Erkenntnisse mehr, aus meiner Sicht ausgelutscht


    wer gewinnen will, der braucht einen wirklichen Experten für das Thema Bedarf/Bedürftigkeit, damit lässt sich heute nur noch gewinnen, ich bin der beste Beweis dazu, 3 Gerichtsverfahren deswegen gewonnen, und das lag nicht nur am Anwalt, sondern die intensive Beschäftigung mit dem Thema

  • Ohne Anwalt zur Wehr setzen, ist das möglich?

    wenn ein Unterhaltspflichtiger nur weiß, welche Positionen abgesetzt werden können, sie aber nicht argumentativ verteidigen kann, dann ist es nicht möglich, wer keine Kenntnis besitzt, welche Bedeutung Verzug, welche Bedeutung § 1613 BGB hat, dann ist es nicht möglich, wer keine Kenntnis zu § 94 SGB XII hat, dann ist es nicht möglich

    das sind aus meiner Sicht die Minimalvoraussetzungen, um sich gegen ein Sozialamt zur Wehr setzen können, sofern es nur um die unterhaltsmindernden Positionen geht

  • Ich wäre aber auch bereit gewesen, durch alle Instanzen zu gehen bis zum Bundesverfassungsgericht, und hatte in dieser Zeit auch schon eine Verfassungsbeschwerde in den Grundzügen vorbereitet.

    Hallo AWI,



    So als Gedankenspiel:

    https://www.bundesregierung.de…vom-26-april-2019-1603560


    Ehrentraut: Wir hatten dieses Thema schon am vergangenen Mittwoch, und Sie beziehen sich wahrscheinlich auf die heutige Berichterstattung. Es ist richtig, dass wir planen, Kinder von pflegebedürftigen Eltern zu entlasten. Das ist im Koalitionsvertrag so vereinbart worden. Dort hat man festgehalten, dass auf das Einkommen von Kindern pflegebedürftiger Eltern künftig erst ab einem Einkommen von 100 000 Euro im Jahr zurückgegriffen werden soll. Allerdings gibt es noch keine finale Fassung, es gibt nur einen Arbeitsentwurf. Deshalb kann ich mich zu Einzelheiten hierzu nicht äußern.

    Grundsätzlich kann ich aber bestätigen, dass wir aus verfassungsrechtlichen Gründen bestrebt sind, diese Beschränkung des Unterhaltsrückgriffs auf die gesamte Sozialhilfe des SGB XII auszuweiten und deswegen auch auf die Eingliederungshilfe zu übertragen, da wir eine Schlechterstellung der Eingliederungshilfe gegenüber der Leistung der Sozialhilfe vermeiden wollen.


    Könnte man solche Ausführungen von Personen des öffentlichen Rechts nicht auch nutzbar machen? Und dies nicht nur beim BVG. Schließlich hat dann ja schon die Legislative versagt.

    Es bestehen verfassungsrechtliche Bedenken also ist ein Unterhaltsrückgriff zum jetzigen Zeitpunkt schon fragwürdig.

  • wenn ein Unterhaltspflichtiger nur weiß, welche Positionen abgesetzt werden können, sie aber nicht argumentativ verteidigen kann, dann ist es nicht möglich, wer keine Kenntnis besitzt, welche Bedeutung Verzug, welche Bedeutung § 1613 BGB hat, dann ist es nicht möglich, wer keine Kenntnis zu § 94 SGB XII hat, dann ist es nicht möglich
    das sind aus meiner Sicht die Minimalvoraussetzungen, um sich gegen ein Sozialamt zur Wehr setzen können, sofern es nur um die unterhaltsmindernden Positionen geht



    Das ist m.E. weit überzogen.


    Als meine Frau die RWA erhielt, hatten weder sie noch ich Ahnung von Elternunterhalt geschweige denn von den einschlägigen Paragraphen des BGB oder SGB und trotzdem haben wir uns erfolgreich gewehrt.


    M.E. sind die minimalen Voraussetzungen eines UHP:


    Er muss ein Gefühl für soziale Gerechtigkeit haben

    Er muss lesen können und die Bereitschaft haben, Gesetzestexte und Gerichtsurteile zu lesen

    Er darf emotional nicht zu sehr betroffen sein

    Er muss Nervenstärke besitzen

    Er muss Durchhaltevermögen haben

    Wer kämpft, kann verlieren. Wer nicht kämpft, hat schon verloren.
    Abkürzungen: EU = Elternunterhalt, UHP = Unterhaltspflichtige(r), UHB = Unterhaltsberechtigte(r), RWA = Rechtswahrungsanzeige, SHT/SA = Sozialhilfeträger/Sozialamt, AVV = Altersvorsorge(schon)vermögen

  • Könnte man solche Ausführungen von Personen des öffentlichen Rechts nicht auch nutzbar machen?

    Verstehe ich nicht.



    Und dies nicht nur beim BVG.

    Eine Verfassungsbeschwerde bezieht sich immer auf einen Einzelfall und ist erst möglich, wenn alle anderen rechtlichen Möglichkeiten ausgereizt sind.

    Es bestehen verfassungsrechtliche Bedenken also ist ein Unterhaltsrückgriff zum jetzigen Zeitpunkt schon fragwürdig

    Für mich ergibt sich die Frage, welche verfassungsrechtlichen Bedenken hier gemeint sind. Ganz sicher betreffen sie nicht den Elternunterhalt im Allgemeinen.

    Wer kämpft, kann verlieren. Wer nicht kämpft, hat schon verloren.
    Abkürzungen: EU = Elternunterhalt, UHP = Unterhaltspflichtige(r), UHB = Unterhaltsberechtigte(r), RWA = Rechtswahrungsanzeige, SHT/SA = Sozialhilfeträger/Sozialamt, AVV = Altersvorsorge(schon)vermögen

  • Das ist m.E. weit überzogen.

    wenn ich hier die Beiträge so lese, dann sind meine Minimalvoraussetzungen noch untertrieben


    nur ein kleines Beispiel, ist ein ständiges Thema hier


    das Sozialamt verlangt eine 2. Auskunft, oder der Unterhaltspflichtige verlangt eine Neuberechnung,

    beide Aspekte berühren das Thema Verzug

    wer das Thema nicht kennt, zahlt zuviel

  • in diesem Zusammenhang gibt es noch einen Aspekt, Verwirkung durch Zeitablauf,

    ist jedoch klar vom § 1613 BGB zu unterscheiden


    Rechtsgrundlage ist § 242 BGB (Einwand der illoyal verspäteten Inanspruchnahme des Schuldners).

    Nach ständiger Rechtsprechung des BGH kommt eine Verwirkung in Betracht, wenn der Berechtigte ein Recht längere Zeit nicht geltend macht, obwohl er dazu in der Lage war. Gleichzeitig muss der

    Verpflichtete mit Rücksicht auf das gesamte Verhalten des Berechtigten darauf vertrauen haben, dass dieser sein Recht auch in Zukunft nicht geltend machen wird.


    Dies gilt für einen Anspruch, der länger als ein Jahr zurückliegt

  • Dies gilt für einen Anspruch, der länger als ein Jahr zurückliegt

    Kannst du das mal bitte für den Laien übersetzen.


    RWA vom Januar 2018, erste Forderung vom Amt Dezember 2018, kurze Briefreundsachaft mit Gegenargumentation im Januar 2019.

    Seit dem kein Mux mehr vom Amt.

    Also seit Januar 2018 im Verzug, wenn die Forderung berechtigt, was wohl ein Gericht entscheiden müsste, wenn das Amt Klage einreicht.

    Hat es aber nicht, wie ist dazu deine Meinung?


    LG frase

  • Gegenargumentation im Januar 2019.

    Seit dem kein Mux mehr vom Amt.

    Also seit Januar 2018 im Verzug, wenn die Forderung berechtigt, was wohl ein Gericht entscheiden müsste, wenn das Amt Klage einreicht.

    Hat es aber nicht, wie ist dazu deine Meinung?

    Wir haben heute Juli 2019, das Sozialamt kann wegen "zeitlicher Verwirkung" nur noch Unterhalt für die letzten 12 Monate fordern, also Juli 2018 bis heute

    die Zeit davor ist für das Sozialamt nicht mehr forderbar, wegen § 242 BGB, Treu und Glauben

    § 242 Leistung nach Treu und Glauben

    Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.


    dieser Grundsatz wird oft angewandt, auch im Unterhaltsrecht, dazu gibt es reichlich Urteile, auch beim Elternunterhalt

  • Hallo Unikat,


    wenn also ein Amt nicht innerhalb von 12 Monaten eine Klage einreicht, oder man selber zu zahlen anfängt, dann geht der Regress also maximal 12 Monate rückwirkend, vom aktuellen Datum aus? Dann wären ja viele Forderungen unberechtigt, die länger als 12 Monate zurück liegen.

    Das wäre mir echt eine neue Erkenntnis!


    LG frase

  • wenn also ein Amt nicht innerhalb von 12 Monaten eine Klage einreicht, oder man selber zu zahlen anfängt, dann geht der Regress also maximal 12 Monate rückwirkend, vom aktuellen Datum aus? Dann wären ja viele Forderungen unberechtigt, die länger als 12 Monate zurück liegen.

    Das wäre mir echt eine neue Erkenntnis!

    aus Urteil des BGH

    vom 23.10.2002 - XII ZR 266/99



    Von einem Unterhaltsgläubiger, der lebensnotwendig auf Unterhaltsleistungen angewiesen ist, muß eher als von einem Gläubiger anderer Forderungen erwartet werden, daß er sich zeitnah um die Durchsetzung des Anspruchs bemüht. Andernfalls können Unterhaltsrückstände zu einer erdrückenden Schuldenlast anwachsen. Abgesehen davon sind im Unterhaltsrechtsstreit die für die Bemessung des Unterhalts maßgeblichen Einkommensverhältnisse der Parteien nach längerer Zeit oft nur schwer aufklärbar. Diese Gründe, die eine möglichst zeitnahe Geltendmachung von Unterhalt nahelegen, sind so gewichtig, daß das Zeitmoment der Verwirkung auch dann erfüllt sein kann, wenn die Rückstände Zeitabschnitte betreffen, die etwas mehr als ein Jahr zurückliegen. Denn nach den gesetzlichen Bestimmungen der §§ 1585 b Abs. 3, 1613 Abs. 2 Nr. 1 BGB verdient der Gesichtspunkt des Schuldnerschutzes bei Unterhaltsrückständen für eine mehr als ein Jahr zurückliegende Zeit besondere Beachtung. Diesem Rechtsgedanken kann im Rahmen der Bemessung des Zeitmoments in der Weise Rechnung getragen werden, daß das Verstreichenlassen einer Frist von mehr als einem Jahr ausreichen kann


  • wenn also ein Amt nicht innerhalb von 12 Monaten eine Klage einreicht, oder man selber zu zahlen anfängt, dann geht der Regress also maximal 12 Monate rückwirkend, vom aktuellen Datum aus?

    wenn das Sozialamt oder der Unterhaltspflichtige nicht innerhalb der 12 Monate in irgendeiner Form reagiert,

    beispielsweise wenn 18 Monate nichts passiert ist, dann ist nur die Forderung der letzten 12 Monate rechtens, die 6 Monate sind für das Sozialamt verloren,

    deswegen kann es für den Unterhaltspflichtigen durchaus Vorteile haben, wenn er nicht reagiert, viel Geld gespart


    ich mache nicht umsonst immer wieder darauf aufmerksam, wie wichtig Grundkenntnisse des Unterhaltsrecht notwendig sind

  • deswegen kann es für den Unterhaltspflichtigen durchaus Vorteile haben, wenn er nicht reagiert, viel Geld gespart

    Das deckt sich mit den Aussagen meiner Anwältin. Also die Nerven behalten und abwarten.

    Bleibt die Frage, wenn das Gesetz kommt und man bisher nicht gezahlt hat etc. ist es dann nicht ungünstig, das Amt zu informieren?

    Damit könnte man ja Forderungen für die letzten 12 Monate aufleben lassen.


    LG frase

  • Bleibt die Frage, wenn das Gesetz kommt und man bisher nicht gezahlt hat etc. ist es dann nicht ungünstig, das Amt zu informieren?

    Damit könnte man ja Forderungen für die letzten 12 Monate aufleben lassen.

    ich halte es für besser dem Sozialamt zum Thema 100.000 € eine Mitteilung zu machen, dann ist die Frist gewahrt

    ich bin persönlich der Meinung, durch diese Mitteilung wird die zeitliche Verwirkung nicht unterbrochen, wenn das Sozialamt bis dahin nicht in irgendeiner Form reagiert hat, aus meiner Sicht greift der Schuldnerschutz, denn das Sozialamt hat die Verpflichtung seinen Anspruch umzusetzen