Ich habe schon mal im Januar geschrieben, dass es zur Zeit erstaunliche Dinge von den Sozialämtern verbreitet werden.
Unglaublich aber wahr: in Hamburg gibt es "Arbeitshilfe zu § 94 SGB XII" für SHT. Dieses Dokument hat sich zwischen 2019 und 2021 inhaltlich nicht verändert!
2019: https://www.hamburg.de/content…/data/ah-sgbxii-94-00.pdf
2021: https://www.hamburg.de/content…/data/ah-sgbxii-94-00.pdf
Das Kapitel "II. 2.6.4.3 Sonderfall Eltern-UH: Einkommen / Familienbedarf, Eigenbedarf, Selbstbehalt" ist unverändert und zeigt z.B. in der "Anlage 1" auf veraltete Selbstbehalte von 1800 Euro für UHP.
Sieht für mich nach einem Versehen der Behörde aus, sollte eigentlich unter der Rubrik "Anekdote" laufen. Meine Vermutung wäre, dass die Behörde ihre Arbeitshilfe für 2021 demnächst anpasst. Ich kann mir vorstellen, dass sowas auch in den anderen Bundesländern passieren kann, passieren wird
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Es war auch früher zum Teil so, aber nach meinem Eindruck hat es seit ca. einem Jahr zugenommen. Hat vielleicht mit der aktuellen neuen und unsicheren Rechtslage zu tun. Es werden seitens SHT Tatsachen behauptet, die keine sind.
Hier noch ein paar Beispiele.
Rhein-Erft-Kreis schreibt
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Bei der Antragstellung von Leistungen der Hilfe zur Pflege sind Unterhaltsansprüche von antragstellenden Personen gegenüber ihren volljährigen Kindern nun erst dann zu berücksichtigen, wenn das jährliche Gesamteinkommen mindestens eines Kindes mehr als 100.000 EUR brutto beträgt.
Bei der Antragstellung wird zunächst vermutet, dass das jährliche Gesamteinkommen jedes einzelnen volljährigen Kindes einer antragstellenden Person den Betrag von brutto 100.000 EUR nicht übersteigt.
Sofern im Einzelfall Anhaltspunkte für ein Überschreiten der Jahreseinkommensgrenze vorliegen oder ein Kind einer antragstellenden Person ein jährliches Gesamteinkommen von mehr als 100.000 EUR erzielt, erfolgt ein Auskunftsersuchen an das unterhaltspflichtige Kind und dessen nicht getrenntlebende Ehepartnerin bzw. nicht getrenntlebenden Ehepartner über die gesamten familiären Einkommens- und Vermögensverhältnisse. Diese Personen sind hierbei nach den sozialrechtlichen Vorschriften zur wahrheitsgemäßen Auskunft verpflichtet.
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Es wird kolportiert, dass wenn entsprechende Anhaltspunkte vorliegen, das UHP+Ehegatte die gesamten familiären Einkommens- und Vermögensverhältnisse offenlegen müssen. Richtig ist, dass es reicht wenn UHP z.B. mit einem Steuerbescheid nachweist, dass man unter 100T verdient. Eine solche Auskunft ist nach § 117 SGB XII schon ausreichend, weitere Auskünfte sind nicht erforderlich.
Zitat
§ 117 SGB XII
(1) Die Unterhaltspflichtigen, ihre nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartner und die Kostenersatzpflichtigen haben dem Träger der Sozialhilfe über ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse Auskunft zu geben, soweit die Durchführung dieses Buches es erfordert.
Kreis Euskirchen schreibt
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Ab einem Jahresbruttoeinkommen von 100.000 Euro müssen sich Kinder an den Pflegekosten ihrer pflegebedürftigen Eltern beteiligen (§ 94 Abs. 1a SGB XII). Der Sozialhilfeträger geht jedoch von der gesetzlichen Vermutung aus, dass Kinder unter dieser Grenze liegen. Er prüft die Einkommensverhältnisse erst, wenn es Anhaltspunkte für ein höheres Einkommen gibt. Um diese Vermutung zu widerlegen, darf die Behörde nur den bedürftigen Elternteil zu den Einkommensverhältnissen der Kinder erfragen. Es könnte also sein, dass der bedürftige Elternteil, zum Beispiel Angaben zum Beruf des eigenen Kindes machen muss. Erfährt der Sozialhilfeträger dann, dass eines der Kinder zum Beispiel als Richter tätig ist, können Rückschlüsse auf ein Gehalt jenseits von 100.000 Euro gezogen werden.
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Eigentlich meint es der SHT hier gut mit den potenziellen Unterhaltspflichtigen.
"darf die Behörde nur den bedürftigen Elternteil" fragen ob das Kind über 100T verdient hört sich gut an. Als ob wenn Elternteil sagt "nö, meine Kinder verdienen nicht so viel", dann war es das, keine weiteren Fragen. Es mag zwar in den meisten Fällen tatsächlich so laufen, die Wahrheit ist aber dass die Ämter auch andere Quellen ("Funk und Medien" wurden schon mal diskutiert) nutzen dürfen um herauszufinden ob das Kind evtl. über 100T verdient.