Inobhutnahme

  • Hallo,

    es geht um eine 28-Jährigem Mutter mit 20 Monate altem Kind, die seit 8,5 Monaten in einer betreuten Wohneinrichtung lebt. Zuvor hatte sie mit dem Kindsvater in einer gemeinsamen Wohnung gelebt. Aufgrund einer anonymen Anzeige wegen Kindeswohlgefährdung kam das Jugendamt ins Spiel. Der Vater zeigte sich wenig zur Zusammenarbeit mit dem JA bereit und nach einigem Hin und Her wurde Mutter und Kind die Unterbringung in der betreuten Wohneinrichtung ermöglicht.


    Die Beziehungen zum Kindsvater war toxischer Natur und aufgrund der traumatischen Erfahrungen ist sie psychisch angeschlagen und hat Probleme, ihren Haushalt, die Hygiene und die des Kindes auf einem allgemein akzeptierten Standard zu halten. Depressive antriebslos Stimmungen verhinderten das. Von Seite des Jugendamts wurde ihr eine psychotherapeutische Maßnahme angeraten. Seit drei Wochen besucht sie nun eine Tagesklinik. Das Kind geht bereits seit drei Monaten in die Kindertagesstätte im gleichen Haus.


    Nun hat genau diese KiTa beim Jugendamt eine Meldung wegen Kindeswohlgefährdung gemacht, die beim JA vorliegt. Jugendamt und Wohneinrichtung sind wohl bereits zu einer Entscheidung gelangt, denn die Einrichtung teilte ihr gestern mit, es gibt die Möglichkeit, das Kind freiwillig in eine Pflegestelle zu geben oder es wird vom Jugendamt in Obhut genommen. Sie, die Mutter müsse die Wohneinrichtung in jedem Fall verlassen.


    Die Frage ist nun, was bedeuten die Alternativen im rechtlichen Sinn, was ist der Unterschied in Bezug auf Umgangsrecht und Wiederrückführung?

    Kann sie sich auch generell gegen das Vorgehen des Jugendamts und der Einrichtung wehren, oder muss sie den "Rausschmiss" einfach hinnehmen?


    Danke schon mal für Ideen und Tips!

  • Hi,


    der Unterschied zwischen der freiwilligen Abgabe in eine Pflegefamilie und einer Inobhutnahme ist zunächst einmal rein juristischer Natur. Ist die Mutter mit der Pflegefamilie nicht einverstanden, das Jugendamt das Kind also aus der Einrichtung heraus nimmt, so muss zwingend eine richterliche Entscheidung unverzüglich herbeigeführt werden, § 42 SGB VIII. Ich gehe im Augenblick davon aus, dass die Mutter das Sorgerecht für ihr Kind hat. Das Gericht überprüft dann also, ob eine Gefährdung des Kindeswohls bei dem Verbleib des Kindes bei der Mutter so gravierend ist, dass die Fremdunterbringung geboten ist.


    Was im Einzelfall sinnvoller ist, das können wir hier in Ermangelung der Kenntnisse hinsichtlich der konkreten Umstände nicht abschätzen. Jedenfalls wird eine Rückführung bei beiden Alternativen davon abhängen, ob es mit dem Kindeswohl vereinbar ist, das Kind wieder bei der Mutter leben zu lassen. Wie oft das in welcher Form überprüft wird, was also die Voraussetzungen hier in dem Einzelfall sind, das ist schwer zu sagen. Wäre im Fall der freiwilligen Unterbringung in einer Pflegefamilie vielleicht vertraglich schriftlich festzulegen, im Fall eines Gerichtsentscheides kann man das natürlich auch mit entscheiden lassen.


    Dasselbe gilt für ein geordnetes Umgangsrecht für die Zeit der Trennung von Mutter und Kind. Ich rate in so komplexen Fällen (fast) immer, anwaltliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. Der Anwalt sollte dann die Bedingungen für die Rückführung des Kindes festzurren, ebenso den Umgang regeln.


    Nun zur Wohnung in dem Heim. Normalerweise sind die Bedingungen, unter welchen dort gewohnt werden darf, vertraglich festgelegt, häufig in Kombination mit einer Nutzungsordnung. Wenn die Voraussetzungen wegfallen, dann ist die Wohnung auch zu räumen.


    So, das mal so zum Einstieg in die Problematik, noch recht allgemein gefasst. Jetzt kannst du weiter auf den Punkt genau fragen.


    TK

  • Hallo timekeeper,


    vielen Dank für deine Antwort.


    Ja, die Mutter hat das alleinige Sorgerecht.


    Sie wird am Donnerstag in persönlichen Gespräch mit dem JA offiziell über die Entscheidung des JA zur Kindeswohl-Anzeige der Kindertagesstätte informiert. Dass diese Entscheidung so aussieht , dass sie entweder freiwillig der Unterbrinung des Kindes in einer Pflegestelle zustimmt, oder das Kind vom JA in Obhut genommen wird, wurde ihr vorgestern von der Wohneinrichtng fernmündlich mitgeteilt.


    "freiwillig" klingt immer so positiv, aber ist es das auch? Mir ist der Unterschied zur Inobhutnahme auch noch nicht klar. Für mich klingt das wie: entweder du gibst uns das Kind oder wir nehmen es notfalls mit Gewalt. Das sind keine Alternativen. Aber wie verhält Sie sich nun am besten, ohne sich weitere Wege des Umgangs mit dem JA zu verbauen.


    Aus deiner Antwort entnehme ich eigentlich auch nur: unbedingt Anwalt nehmen. Es eilt halt zum einen (bis Donnerstag bekommt sie das sicher nicht hin, zumal sie gerade eine ihr vom JA empfohlene psychotherapeutische Therapie in einer Tagesklink macht), zum anderen verfügt sie über keinerlei Erspartes mehr. In der Mutter-Kind-Einrichtung wird ihr wöchentlich ein bestimmter Betrag zur Vertretung der wichtigsten Einkäufe zugeteilt. Anwaltlichen kann sie daraus nicht bestreiten.


    Es erscheint ihr gerade alles ziemlich hoffnungslos, die versucht, alles was man ihr aufträgt richtig zu machen, aber anscheinend kann sie es weder der Einrichtung noch dem JA recht machen. Eine grausame Wiederholung ihrer Lage, als sie noch in der toxischen Gewaltbeziehung lebte. Dabei sollte ihr doch die betreute Unterbringung helfen, wieder ein eigenes, selbstbestimmtes Leben zu führen.


    Sieht auch für Außenstehende aus wie eine Teufelsspirale, die nur immer tiefer abwärts führt.

  • Hi,


    das sehe ich etwas anders. Es geht hier primär um das Kindeswohl. Und da scheinen es Gründe zu geben, daran zu zweifeln, dass die Mutter dem Kind auf Dauer gerecht werden kann, bzw. es alleine schafft. Und doch, ein entweder gibst du uns das Kind oder wir nehmen es auch so mit, das kann es vom Ergebnis her geben, wenn es anders nicht geht. Denn man hat ja die Alternative angeboten und ausprobiert bzw. über Monate gelebt, sie hat offensichtlich nicht funktioniert. Was soll dann jetzt im Interesse des Kindes geschehen? Mir fehlen da hier konkrete Angaben.


    Anwaltliche Beratung kann im Fall der Bedürftigkeit auch vom Staat finanziert werden. Es gibt Beratungshilfe, Verfahrensostenhilfe. Hilfsorganisationen wie "Frauen helfen Frauen, Pro Familia, Caritas, Diakonie" u.s.w. halten in der Regel Listen von erfahrenen Anwälten für die Abwicklung von so Problemfällen bereit.


    Nur, so vage, wie hier das alles formuliert wird, so vage kann die Antwort auch nur sein.


    TK

  • Hallo mamusch,


    in deinem Eingangsbeitrag hast du schon Defizite der Mutter aufgezeigt, die sogar zur Anzeige geführt haben.

    Ein Kind ist auf die Versorgung durch seine Eltern angewiesen. Hier scheinen beide Eltern größere Probleme zu haben.

    Der sinnvollste Weg ist also, das die Mutter ihre Probleme bearbeitet und für sich selber erst ein stabileres Leben erreicht.


    Danach kann dann über die Beziehung zum Kind nachgedacht werden.


    Gruß


    frase

  • Die tagesklinische Maßnahme zeigt auch schon Fortschritte, sie hat mittlerweile ihre Wohnung und die Sauberkeit ganz gut im Griff. Das Verhältnis zum Kind ist sowieso sehr gut, wird amtlicherseits auch gar nicht angezweifelt.


    deswegen ist es ja auch so unverständlich,warum der Entzug des Kindes ausgerechnet jetzt erfolgt,wo alles auf einem guten Weg scheint.Ihr ausgerechnet jetzt das Kind zu nehmen,sie in Ängste zu stürzen, ihr Kind jemals wieder zu bekommen, ist doch kontraproduktiv!

  • Schau mal, die Mutter weiß nicht, was schief gelaufen ist, was der Grund für den wohl geplanten Kindsentzug ist. Wie sollen wir das dann wissen und helfen? Wie so eine Sache theoretisch abläuft, das hab ich hier geschrieben. Ich wiederhole mich: Anwalt einschalten. Dann sieht man klarer.


    TK