Unterhaltspflicht für Eltern bei Grundsicherung (nicht pflegebedürftig)?

  • Hallöchen zusammen,


    mein Vater (zu dem ich seit 20 Jahren so gut wie keinen Kontakt habe) bekommt 575€ Rente im Monat. Nun habe ich erfahren, dass er Bürgergeld (er meint sicher Grundsicherung) beantragt hat. Dazu sollte er auch meine Kontaktdaten angeben, meinen Beruf und ob ich mehr als 100.000€ verdiene.


    Meine Fragen:

    1. Der Grundsicherungssatz beträgt meines Wissens 520€. Also wird hier sicher nichts aufgestockt. Lediglich zur Wohnung (~250€ warm) sollte es vom Grundsicherungsamt einen Zuschuss geben. Also in diesem Beispiel 195€ (55€ „Überschuss“ im Vergleich zum Regelsatz, die auf die Miete angerechnet werden). Stimmen meine Überlegungen so?
    2. Wäre ich (wenn ich denn über 100.000€ Brutto verdienen würde, was toll wäre) denn überhaupt unterhaltspflichtig?

    Danke schonmal für Eure Einschätzungen.

  • Hi,


    Sozialrecht ist zwar nicht so unbedingt meine Sache, ich versuche es trotzdem.


    Zu Frage 1: Warmmiete von ca. 250 € für eine Wohnung, sorry, wohl kaum in Deutschland. Wir haben zwar die Begrenzung auf 45 qm für eine Einzelperson nicht mehr, es ist also einerlei, wie groß die Wohnung ist. Trotzdem sind die 45 qm ja noch ein grober Richtwert dafür, was eine Wohnung so kosten darf. Und rechne mal die Nebenkosten aus den 250 € raus; da bleibt ja dann ein Kaltmietzins von 50 € übrig, ist ja wohl kaum realistisch.


    Abgesehen davon, die ersten 6 Monate wird auch ein überhöhter Mietzins von den Sozialbehörden getragen.


    Zu Frage 2: das kann ich nicht abschätzen. Denn wir haben ja nicht nur die 100.000 € Grenze, sondern eben auch den Selbstbehalt; und der ist ja in diesem Fall relativ hoch. Da fließen ja auch Sonder- und Mehrbedarfe ein; außerdem sind Eltern ja in der Rangfolge ganz hinten. Vorrangig sind Unterhaltsverpflichtungen gegenüber Kindern, Ehepartnern.


    TK

  • Hallo, willkommen hier im Forum,

    Dazu sollte er auch meine Kontaktdaten angeben, meinen Beruf und ob ich mehr als 100.000€ verdiene.

    Das kann ein Amt fragen, zum Einkommen würde ich keine Angaben machen.


    GS wird nur geleistet, wenn kein Kind über 100.000€ Einkommen hat (daher die Frage vom Amt)


    Wie hat denn der Vater vorher sein Leben finanziert, bestimmt nicht von 575€ Rente?


    Gruß


    frase

  • Herzlichen Dank frase und timekeeper für Eure Rückmeldungen.


    Das mit den 250€ Wammiete ist tatsächlich so. Ein möbliertes Zimmer auf dem Land ohne großen Schnickschnack.

    Wie mein Vater sein Leben bisher finanziert hat, weiß ich nicht. Ich hatte ja die vergangenen Jahrzehnte keinen wirklichen Kontakt zu ihm.


    Beim tieferen Einlesen in die Thematik bin ich in der Wikipedia im Beitrag zur Grundsicherung auf das Stichwort "gesetzliche Vermutung" gestoßen (wurde hier in einem anderen Thema schonmal in einem anderen Zusammenhang besprochen):

    "Zudem gilt die gesetzliche Vermutung, dass das Jahreseinkommen der unterhaltspflichtigen Angehörigen einen Betrag von 100.000 Euro nicht überschreitet (§ 43 Abs. 5 SGB XII). Ein Unterhaltsrückgriff des Sozialhilfeträgers erfolgt grundsätzlich nicht."


    Ich würde das so interpretieren, dass das Sozialamt grundsätzlich nicht nach meinem Einkommen nachfragt. Lediglich wenn Anhaltspunkte existieren (Berufsangaben: Chefarzt, Kieferchirurg, etc.) würde eine Anfrage gestellt.


    Ist das so? Gibt es da Erfahrungswerte hier im Forum?

  • Hallo nochmal,


    natürlich versuchen die Ämter ihre Kosten klein zu halten.

    Bisher war dein Vater nicht auf Unterstützung angewiesen.

    Hätte aber schön länger bei dieser Rente Anspruch gehabt. (aktuell 502 € für den Lebensunterhalt, ohne Wohnkosten)


    Woher will denn dein Vater (zudem du keinen Kontakt hattest) über deinen Beruf und Einkommen etwas wissen?

    Ich würde das so interpretieren, dass das Sozialamt grundsätzlich nicht nach meinem Einkommen nachfragt. Lediglich wenn Anhaltspunkte existieren (Berufsangaben: Chefarzt, Kieferchirurg, etc.) würde eine Anfrage gestellt.

    Das kann man so tun, es gibt kaum einheitliche Aussagen dazu.


    Ämter versuchen natürlich auf allerlei Wegen an Infos zu kommen.

    Daher wird nur das angegeben was erforderlich ist. (Kreuz bei unter 100.000€, wenn es so ist, setzen)

    Ich vermute aber, es wird nicht mehr lange dauern und es gibt einen digitalen Abgleich der Personendaten mit der Finanzverwaltung.

    Dann wird diese Vermutungsregel schneller unterlaufen als man denkt.


    Was dir also bleibt ist die Planung deiner Einkommensentwicklung, wenn du nicht in die Unterhaltspflicht rutschen willst.


    Gruß


    frase

  • Dazu sollte er auch meine Kontaktdaten angeben, meinen Beruf und ob ich mehr als 100.000€ verdiene

    (wenn ich denn über 100.000€ Brutto verdienen würde, was toll wäre

    Ich nehme an, dass du weniger als 100T verdienst. Sag deinem Vater, er soll es so dem SHT mitteilen.



    das Sozialamt grundsätzlich nicht nach meinem Einkommen nachfragt. Lediglich wenn Anhaltspunkte existieren

    Korrekt.



    Grüße,

    m

    Abkürzungen: UHP = Unterhaltspflichtige(r), UHB = Unterhaltsberechtigte(r), RWA = Rechtswahrungsanzeige, SHT = Sozialhilfeträger, AVV = Altersvorsorge(schon)vermögen


  • Hi,


    wir haben es hier mit einer sog. widerlegbaren Vermutung zu tun. Dies bedeutet, dass eine Tatsache als gegeben angesehen wird, es sei denn, es ergibt sich was anderes. Allerdings ist hier der Antragsteller zur Mithilfe verpflichtet. Es geht nicht darum, detaillierte Angaben zu machen, die sind erst erforderlich, wenn eben die allg. Auskunft Anhaltspunkte für die Erforderlichkeit sauberen Rechnens ergibt. Aber, irgendwas muss die Behörde ja vermuten können. Und zu dieser Ansatz muss geliefert werden. Wie soll es sonst laufen?


    TK

  • irgendwas muss die Behörde ja vermuten können.

    genau, die Behörde darf vermuten, das kein Einkommen über 100.000€ vorliegt, so ist die Regelung gedacht.


    Wer also dazu keine Angaben machen kann, weil er es nicht weiß, macht das Kreuz bei "nein".


    Gruß


    frase

  • genau, die Behörde darf vermuten, das kein Einkommen über 100.000€ vorliegt, so ist die Regelung gedacht.

    Ich würde es sogar noch etwas schärfer formulieren: Der Gedanke des Gesetzes ist, dass die Behörde a priori vermuten soll, dass kein Einkommen über 100.000€ vorliegt. Damit soll den Eltern die Sorge genommen werden, dass ihre Kinder zur Kasse gebeten werden, wenn sie Grundsicherung beantragen. Anscheinend haben aus diesem Grund viele Rentner trotz großer Armut erst gar keinen Antrag gestellt.


    Ich danke Euch allen erstmal für die Rückmeldungen. Mal schauen, wie es weiter geht.