KU rückwirkend ?

  • Hallo zusammen,


    dieser Thread war auch für mich sehr informativ, vielen Dank :)


    Nur noch eine Frage zu der Aussage, dass Kindesunterhalt "i.d.R." nicht rückwirkend gefordert werden kann - gibt es dazu rechtliche Grundlagen in Form eines Paragraphen im (wahrscheinlich?) BGB? Und wenn von "i.d.R" die Rede ist, gibt es möglicherweise relevante Ausnahmen von der Regel?


    Meine Ex versucht nämlich auch gerade mit anwaltlicher Hilfe, mehr Unterhalt für meine Töchter zu bekommen, nachdem ich fast zwei Jahre zu dem Thema von ihr nichts gehört habe. Merkwürdigerweise fällt ihr Aktionismus mit plötzlich eingetretener Arbeitslosigkeit zusammen ... :whistling:


    Im Februar kam ein anwaltliches Schreiben, dass ich mein Einkommen offen legen solle. Das habe ich brav getan, tatsächlich hat sich eine stufenrelevante Erhöhung ergeben. Gegen die Unterhaltsberechnung habe ich auch nichts einzuwenden, die Methodik deckt sich mit der, die auch von meiner Anwältin angewendet wurde, als es erstmals um Kindesunterhaltsberechnung ging.
    Was mich allerdings stört ist die Aussage der gegnerischen Anwältin, man gehe davon aus, dass mein Einkommen auch in 2016 schon den höheren Unterhalt gerechtfertigt habe, so dass ich bitte schön für das komplette Jahr 2016 nachzahlen soll.
    Gehe ich recht in der Annahme, dass das reine Einschüchterungstaktik ist, nach dem Motto "Vielleicht funktioniert es ja und er zahlt" ?
    Ich würde der Anwältin gerne ausnehmend höflich aber passend antworten, da wäre ein Gesetzesparagraph natürlich hilfreich.
    Nachgezahlt habe ich übrigens für die Monate Februar bis April 2017 und habe ab Mai den Dauerauftrag entsprechend erhöht.


    Versteht mich nicht falsch: Ich liebe meine Kids und zahle gerne Unterhalt für die beiden. Es fiele mir nur wesentlich leichter, hätte ich den Eindruck, dass das Geld auch bei den beiden ankommt und nicht den Lebensstil meiner Ex-Frau finanziert...


    Gruß
    Torsten

  • Hall Oz7203,


    Unterhalt kann nur ab "in Verzugsetzung" gefordert werden.(Also nach Aufforderung das Einkommen offenzulegen).


    zwischen erstmaliger Zahlung des Unterhalts/neuer Unterhalt und der Aufforderung können Monate liegen


    (Anwälte werden sich nicht einig, ein Gericht muss entscheiden) hier ist dann ab in Verzugsetzung nachzuzahlen.


    Auch wenn ein dynamischer Titel vorliegt, und das Kind in die nächste Altersstufe kam, und der Unterhalt nicht


    dynamisch erhöht wurde,muss nachgezahlt werden.


    Und nicht neidisch sein, der KU wird der EX keinen fürstlichen Lebensstil bescheren.


    lg
    edy

    Eine freundliche Begrüßung bei jedem Beitrag, ist eine Werschätzung gegenüber den Antwortgebern
    z.B. "Hallo"
    Das ist ein Laienforum, die Antworten sind nicht rechtsverbindlich. edy (Admin)

  • Was mich allerdings stört ist die Aussage der gegnerischen Anwältin, man gehe davon aus, dass mein Einkommen auch in 2016 schon den höheren Unterhalt gerechtfertigt habe, so dass ich bitte schön für das komplette Jahr 2016 nachzahlen soll.


    Rückwirkend gibts Unterhalt eigentlich nur unter den Voraussetzungen des § 1613 BGB.


    Vermutlich handelt es sich nur um einen Einschüchterungsversuch der Anwältin. Es könnte aber theoretisch auch sein, dass sie Recht hat. In engen Grenzen besteht für den Unterhaltspflichtigen nämlich eine Pflicht zur ungefragten Information über wesentliche Einkommensverbesserungen!


    Um das zu checken, werden präzise Angaben benötigt.

    • Zu welchem Ergebnis kommt die aktuelle Unterhaltsberechnung?
    • Um wieviel (Prozentangaben reichen zunächst) ist das unterhaltsrelevante Einkommen seit der letzten Überprüfung gestiegen?
    • Wieviel Unterhalt wurde in der Vergangenheit (ab der letzten Einkommensüberprüfung) monatlich gezahlt?
    • Seit wann besteht ein vollstreckbarer Titel? Um was für einen Titel handelt es sich (Urkunde, Urteil, Beschluss, Vergleich)?
  • Hallo, ( das dürfte auch für gobberlast möglich sein, ein bißchen Freundlichkeit kann nicht schaden)


    "In engen Grenzen besteht für den Unterhaltspflichtigen nämlich eine Pflicht zur ungefragten Information über wesentliche Einkommensverbesserungen!"


    Da würde mich doch jetzt mal dringend die Rechtsgrundlage zu dieser Ansicht interessieren!


    "man gehe davon aus, dass mein Einkommen auch in 2016 schon den höheren Unterhalt gerechtfertigt habe,"


    Das ist halt Anwalts-Blabla. Ausgehen kann man immer von viel - nur Geld bringt einem das nicht.

  • Hallo!
    Da stimme ich Hr. Nuhr zu und zittiere aus besagtem Urteil: "der Beklagte sei aufgrund seines eigenen vorausgegangenen Verhaltens ausnahmsweise verpflichtet gewesen, der Klägerin unaufgefordert seine 1975 aufgenommene Erwerbstätigkeit mitzuteilen".


    "Vorausgegangenes Verhalten" und "ausnahmsweise" - ergo in exakt dem im Verfahren behandelten Fall. Dies kann auf keinen Fall irgendwie verallgemeinert werden. Insbesondere ist hier der Umstand zu beachten das der UH-Pflichtige gar keinen UH bezahlt hat, da er zunächst aus gesundheitlichen Gründen keiner Beschäftigung mehr nachging und entsprechend eine gerichtliche Änderung eines bestehenden UH-Vergleiches betrieben hat. Später ist diese Grundlage, also der Wegfall der Erwerbsfähigkeit, entfallen.


    Diese Konstellation hat mal so richtig gar keine Ähnlichkeit mit dem Fall des OP - mal ganz abgesehen davon das die Entscheidung 30 Jahre alt ist, und laut Scheidungsurteil der UH-Pflichtige die Schuld an der Scheidung trug (das gab's damals noch).

  • Hi,


    darum geht es doch gar nicht. Wir haben hier, wie immer das Regel/Ausnahme Prinzp. In der Regel gilt die 2-Jahresfrist. Aber, es gibt eben Ausnahmen. Ob eine Ausnahme im Einzelfall vorliegt, das kann man hier nicht abschätzen. Einmal kann die Mutter (ich bleib mal bei der klassischen Rollenverteilung) durchaus auch vor Ablauf der 2 Jahre Auskünfte einfordern. Dann haben wir zumindest eine Verzugssituation hergestellt. Oder aber der Vater kann bei besonderen Konstellationen eben auch verpflichtet sein, die Änderung anzuzeigen.


    Herzlichst


    TK

  • Hallo!
    Da stimme ich Hr. Nuhr zu und zittiere aus besagtem Urteil: ...


    Wer lesen - und verstehen - kann ist klar im Vorteil.


    Zitat

    Diese Grundsätze, an denen der Senat festhält, sind nicht nur anzuwenden, wenn die wesentliche Änderung der Verhältnisse auf Seiten des Unterhaltsgläubigers dessen Bedürftigkeit ganz oder teilweise behebt; sie gelten vielmehr in gleicher Weise für den Unterhaltsschuldner in Fällen, in denen das Verschweigen einer grundlegenden Verbesserung seiner Leistungsfähigkeit evident unredlich ist.


  • Hi,


    was bei diesen ganzen Sachen immer vergessen wird. Gem. Art. 6 GG obliegt den Eltern die Verantwortung für die "Aufzucht der Brut." Das ist eben nicht nur ein Recht (Schutz vor staatlicher Willkür), sondern beinhaltet auch Pflichten. Eine der Pflichten ist die angemessene finanzielle Versorgung. Und Teil dieser Pflichten kann durchaus sein, den Unterhalt angemessen zu erhöhen, bei wesentlicher Veränderung, also die angemessene finanzielle Versorgung des Kindes zu verantworten. Und das nicht nur nach Aufforderung.


    Herzlichst


    TK

  • Einmal kann die Mutter (ich bleib mal bei der klassischen Rollenverteilung) durchaus auch vor Ablauf der 2 Jahre Auskünfte einfordern. Dann haben wir zumindest eine Verzugssituation hergestellt.


    Ein Verzug kann aber nur entstehen wenn auch ein Anspruch auf die Auskunft besteht.
    Diesen hat aber derjenige glaubhaft zu machen der die Auskunft begehrt - also die KM. Es funktioniert nicht so, das die KM Auskunft einklagt, und dann das Gericht dann pauschal schaut ob KV wirklich mehr verdient, um danach im der KM recht zu geben.
    Es müssen seitens der KM schon sehr deutliche Indizien vorgebracht werden.

  • Und Teil dieser Pflichten kann durchaus sein, den Unterhalt angemessen zu erhöhen, bei wesentlicher Veränderung, also die angemessene finanzielle Versorgung des Kindes zu verantworten. Und das nicht nur nach Aufforderung.


    ... womit wir aber ruck-zuck in der Diskussion sind was denn "Angemessen" ist.
    Die komplette Rechtsprechung bezüglich KU hat sich meiner Meinung nach ziemlich weit von der Gesetzgeben weg entwickelt.
    So schreibt der Gesetzgeber beispielsweise, der Unterhalt bemisst sich an der Lebenssituation des UH-EMPFÄNGERS.
    Das finde ich beim KU nirgends reflektiert, dort wird ausschließlich auf die Situation des UH-Pflichtigen abgestellt.


    Ja, ich kenne die Argumentation: Die armen Kinder können ja für alles nix, also wird dern Situation eben so definiert, als wären die Eltern noch verheiratet...


    Zum einen mal sehe ich diesen Ansatz nicht im Gesetz, zum anderen deckt er viele Fälle gar nicht ab.
    Angenommen: Aufgrund der Scheidung nimmt der KV einen hoch dotierten Job im Ausland an - hätte er in der Ehe nie machen können. --> KU steigt....