Welche Unterlagen fordert das Jugendamt vom Vater?

  • Gutentag,


    Ist der Vater nicht leistungsfähig und der Unterhaltvorschuss gezahlt wird, welche Unterlagen/Nachweise werden vom Vater durch das Jugendamt eingefordert, wenn der Vater freiberuflich tätig ist?


    Vielen Dank

  • Hi,


    hier ist zu unterscheiden zwischen der Berechnung im Rahmen der Beistandsschaft und der Einforderung der Unterhaltsvorschusskasse. Ersteres richtet sich nach Familienrecht, letzteres ist öffentliches Recht. Der Unterhaltsvorschuss ist in der Höhe begrenzt, entsprechend sind auch die Anforderungen. Bei familienrechtlichen Berechnungen (in der Höhe nach oben offen), sind die Voraussetzungen anders. Um was geht es also?


    Herzlichst


    TK

  • Es geht darum in Erfahrung zu bringen welche Unterlagen die Unterhaltsvorschusskasse/Jugendamt fordert um Einsicht in die Verdienste des Vaters zu erhalten. Ich habe gelesen das Steuerbescheide (teilweise Steuererklärungen) und Jahres-Gehaltsabrechnungen vom Arbeitgeber gefordert werden.

  • Hi,


    das kommt drauf an. Im Rahmen einer Beistandsschaft werden normalerweise alle Unterlagen der letzten drei Jahre erfordert, aus denen sich dann das Jugendamt ein Bild über die Höhe des zu zahlenden Unterhaltes machen kann.


    Geht es um die Unterhaltsvorschusskasse, also die Rückforderung des verauslagten Steuergeldes (ganz andere Kiste), so sind die Anforderungen geringer, da dort nur geguckt wird, ob die monatlich verlauslagten Gelder zurückzuzahlen sind.


    Herzlichst


    TK



  • Hi TK,


    Danke für deine Antworten. Was ist in dem Falle, wenn der Vater nicht zahlen kann, aber Mutter und Vater sich einig sind (Vater erkennt Vaterschaft an) und es wird keine Bestandschaft eingerichtet. Ich habe gelesen das Unterhaltvorschuss auch ohne Bestandschaft gezahlt wird. Eine Beistandschaft kann jederzeit nachträglich eingerichtet werden falls nötig?


    Kann (darf) eine Beistandschaft Kontoauszüge anfordern?


    Danke

  • Hi,


    die Unterschiede zu verstehen, zwischen der Unterhaltsvorschusskasse und dem, was da angefordert wird und einer Beistandsschaft, scheint hier doch recht schwierig zu sein. Deshalb nochmals in epischer Breite.


    Unterhaltsvorschusskasse, das sind Steuermittel. Es ist ein Vorschuss aus Landesmitteln, der darlehensweise gewährt wird und zurückzuzahlen ist vom dem zur Zahlung von Unterhalt Verpflichteten. Die Höhe ist durch die Düsseldorfer Tabelle festgelegt, es gibt also Unterschiede je nach Alter des Kindes. Vom dortigen Mindestunterhalt ist das Kindergeld in Abzug zu bringen und der Rest wird maximal ausgezahlt. Wohlgemerkt als Darlehen. In dieser Kasse wird nur geprüft, ob der Vater derzeit zahlungsfähig ist, und wenn teilweise, wieviel er derzeit zahlen kann und wie bis zur oberen Grenze ausgezahlt wird. Das Ganze ist auf 72 Monate begrenzt, und die Empfängerin darf nicht verheiratet sein oder mit dem Kindsvater zusammen leben. Die Überprüfung und Bewilligung dieser Gelder haben die Länder prakischerweise an die Gemeinden deligiert. Wäre ja etwas mühsam für die Antragsteller jedesmal in die Landeshauptstadt zu fahren, um dort einen Antrag abzugeben. Basis für das alles ist das Unterhaltsvorschussgesetz. Die Kasse prüft nur, was sie prüfen muss, um die Anspruchsberechtigung festzustellen für diesen nach oben gedeckelten Betrag. Und sie geht auch ohne Belege in Vorlage, wenn die Mutter klar macht, dass kein Unterhalt kommt. Dem Vater muss hier aber klar sein, dass da erhebliche Schulden auflaufen.


    Eine völlig andere Geschichte ist die Beistandsschaft. Die juristische Basis findet sich im SGB VIII. Das ist eine Art anwaltliche Vertretung des Kindes eben für diese Angelegenheit. Sind auch andere Mitarbeiter, eine völlig andere Abteilung in der Verwaltung. Hier ist sauber zu rechnen, es sind alle, wirklich alle Unterlagen vorzulegen, bei Selbständigen die der letzten drei Jahre, die eine Berechnung ermöglichen. Dort wird, wenn man sich einig ist, eventuell gratis ein Unterhaltstitel erstellt, ansonsten bei Gericht eine Unterhaltsklage im Namen des Kindes eingereicht. Dort wird bei dauerhafter Zahlungsunfähigkeit geprüft, ob man ein fiktives Einkommen zugrunde legen kann. Und hier ist der Unterhaltsanspruch des Kindes natürlich nicht gedeckelt durch den Mindestunterhalt nach der Düsseldorfer Tabelle. Da langt ein "ich bin selbständig und kann nicht mal einen Cent Unterhalt erbringen" mit Sicherheit nicht aus.


    Ich denke, @tred mach sich das ganze sehr einfach, im Augenblick. Er baut Schulden bei der Unterhaltsvorschusskasse auf. Dort erwartet man natürlich auch völlig zu Recht, dass sich die Mutter um die Angelegenheiten des Kindes kümmert. Und irgendwann wird sie, sofern er nicht zahlt, in der anderen Abteilung des Jugendamtes landen. Und eine Beistandsschaft wird eingerichtet werden.


    Wetten, dass?


    Herzlichst


    TK

  • Danke für die Antworten TK,


    neben deinen Sachlichen Kenntnissen Scheinst du aber auch die Zukunft zu kennen. Ich würde nicht gerne wetten, da ich wirklich nicht weiß was die Zukunft bringt. Aber wie du richtig fest gestellt hast kenne ich mich "noch" nicht so gut mit all dem aus aber versuche dieses gerade zu ändern. Stück für Stück. Was wir tun werden wissen wir noch nicht. Wir wissen nur das wir gemeinsam und nicht gegeneinander sein werden.


    Auf eine negative Vermutung in jemandes Leben zu wetten ist nicht unbedingt herzlich oder?


    In jedem Falle nochmal Danke für deine sachlichen Auskünfte, diese haben uns geholfen.

  • TK, stimmt das so noch:


    Die Höhe ist durch die Düsseldorfer Tabelle festgelegt, es gibt also Unterschiede je nach Alter des Kindes. Vom dortigen Mindestunterhalt ist das Kindergeld in Abzug zu bringen und der Rest wird maximal ausgezahlt.


    Das Ganze ist auf 72 Monate begrenzt, und die Empfängerin darf nicht verheiratet sein oder mit dem Kindsvater zusammen leben.


    Meine Erfahrung damit sind:
    Es wird nicht der Betrag laut DDT gezahlt, sondern signifikant weniger. Für zwei Kinder unter 12 waren es bei uns letztes Jahr zusammen 360 Euro. Nachdem eins davon 12 geworden ist, nur noch 180 Euro. Die 72-Monatsregelung griff bei uns noch nicht, die UVK hat für rund ein Jahr gezahlt.


    Und:
    "Die Empfängerin darf nicht mit dem Unterhaltspflichtigen verheiratet sein." muss es richtig heißen, richtig?


    Mit Bitte um Info, Danke und Gruß
    Thorsten

  • Hab's mir schon selbst beantwortet:


    https://de.wikipedia.org/wiki/Unterhaltsvorschussgesetz


    Da steht auch das mit der Höhe des Unterhalts.


    Und: mit einer Neuvermählung der KM entfällt der Anspruch tatsächlich. Die Last geht damit augenscheinlich auf den Stiefvater über. Die Aussage von TK war in der Hinsicht also korrekt.


    Allerdings steht da nichts davon, dass es ein Darlehen ist. Rückzahlung demnach nur, wenn die Mittel zu Unrecht gewährt wurden.


    Gruß Thorsten

  • Nee, meine Auskunft ist definitiv richtig. Zahlungen der Unterhaltsvorschusskasse beinhalten rein rechnerisch der Kindergeld. Und dieser Betrag entspricht dann der Düsseldorfer Tabelle. Die Last bei der Unterhaltsfinanzierung ist nun mal Angelegenheit der Eltern und nicht des Stiefvaters.


    Nein, die öffentlich-rechtliche Seite (Unterhaltsvorschuss) ist auch anders geregelt als der allgemeine Familienunterhalt. Da ergeht gegen den Verpflichteten ein Verwaltungsakt. Wenn er sich dagegen wehrt, dann wird überprüft, ob er leistungsfähig war, wenn er sich nicht wehrt, ist der Verwaltungsakt bestandkräftig und muss bedient werden. So wie ein Knöllchen, gegen welches man sich nicht wehrt.


    TK

  • Ahh, klar. Das Kindergeld wird ja abgezogen, beim Unterhalt aber 50%, bei der UVK dann wohl alles, daher der Unterschied. Und ich nehme an, dass die UVK ausschließlich und nur vom Mindestsatz ausgeht, während der Unterhalt ja nach Einkommen des Unterhaltspflichtigen gestaffelt ist. Schätze ich, ohne es nachgerechnet zu haben. Korrekt?


    Allerdings steht im Wiki, dass die UVK nicht mehr einspringt, wenn sich die KM neu verheiratet hat. Das ist eigentlich eine klare Aussage: es wird von Seiten der öffentlichen Hand erwartet, dass in dem Fall der Stiefvater einspringt, ehe Steuermittel eingesetzt werden. Schließlich wohnen die Kinder ja im gemeinsamen Haushalt. Ich finde das auch nicht verwerflich. Selbstverständlich helfe ich meiner Frau und ihren Kindern sehr gern, wenn sie dadurch in Not geraten, dass der KV unverschuldet in finanzielle Schwierigkeiten gerät, z.B. durch Arbeitslosigkeit o.ä. Das sowas passieren kann, habe ich ja gewusst, ehe ich sie geheiratet habe.


    Deinen zweiten Absatz verstehe ich leider nicht. Vielleicht kannst Du mir erklären, was Du damit meinst.


    Danke und Gruß
    Thorsten

  • Hi,


    so, den ersten Teil hast du jetzt kapiert. Wir bewegen uns im öffentlichen Recht. Mit Steuergeldern soll eben sorgfältig umgegangen werden. Hier wird davon ausgegangen, dass der zum Unterhalt Verpflichtete ja ohnehin nur den Mindestunterhalt zahlen kann. Wenn nicht, kann ja der Unterhaltsberechtigte das alles bei Gericht geltend machen. Es geht hier nur um die Beschränkung der Leistung durch die öffentliche Hand, nicht um mehr. Und das ist auch gut so. Wir haben genug Fälle, in welchen der Kindsvater angeblich unbekannt ist, und dann nach 72 Monaten plötzlich der Kindsmutter einfällt, wer der Daddy ist, die Behörden dann feststellen, dass der Umgang Kind/Vater äusserst vertraut ist. Da kein Verwaltungsakt existiert, kann der Vater nicht in Anspruch genommen werden, super, oder? So, jetzt hoffentlich dieser Teil auch verstanden.


    Wiki ist kein Gesetz. Und häufig auch missverständlich. Für das Kind aus einer anderen Beziehung muss der neue Partner nicht aufkommen. Wieso wird eigentlich immer nach dem Steuerzahler gefragt, und niemand kommt auf die (inzwischen wohl abwegige) Idee, dass auch eine Mutter finanziell für den Unterhalt ihres Kindes sorgen kann/muss?


    Herzlichst


    TK

  • Prima. Naja, dass betrogen wird, wo was zu holen ist, ist ja nix Neues.


    Nun steht aber im Wiki und im Gesetz, dass die UVK nur dann zahlt, wenn die KM unverheiratet, geschieden, oder verwitwet ist. Damit fällt die UVK aus, wenn es einen neuen Ehemann gibt. Wer, außer diesem, käme denn dann Deiner Meinung nach in Frage, wenn die beiden leiblichen Eltern eben nicht leistungsfähig sind?


    LG Thorsten

  • ... womit wir dann wieder an dem Punkt angelangt sind, dass der
    Bedarfsgemeinschaft genügend Geld zur Verfügung steht, weil der
    Stiefvater über ein gutes Einkommen verfügt und auf diesem Wege dann die
    Kinder aus 1. Ehe eben doch mit versorgen darf ....


    Damit wären wir dann wieder am Anfang.


    Aber,
    wie gesagt, damit habe ich ja auch gar kein Problem. Die leiblichen Eltern stehen ja in 1. Reihe, und erst, wenn die ausfallen , springt der Bonuspapa ein und wenn auch der nicht versorgen kann, kommen staatliche Mittel zum Tragen.


    Und das ist ja auch okay.


    Schönen Tag
    Thorsten

  • Nein, die öffentlich-rechtliche Seite (Unterhaltsvorschuss) ist auch anders geregelt als der allgemeine Familienunterhalt. Da ergeht gegen den Verpflichteten ein Verwaltungsakt. Wenn er sich dagegen wehrt, dann wird überprüft, ob er leistungsfähig war, wenn er sich nicht wehrt, ist der Verwaltungsakt bestandkräftig und muss bedient werden.


    Wie und vom wem wird denn überprüft, ob der Vater leistungsfähig ist oder nicht? Wie muss sich ein Vater "wehren", wenn er nicht leistungsfähig ist oder es glaubt zu sein? Und was geschieht im Zweifelsfall? Im Familienrecht entscheidet das Familiengericht auf Antrag über die Leistungsfähigkeit, aber wie läuft das beim Unterhaltsvorschuss genau ab? ?(


    Wir haben genug Fälle, in welchen der Kindsvater angeblich unbekannt ist, und dann nach 72 Monaten plötzlich der Kindsmutter einfällt, wer der Daddy ist, die Behörden dann feststellen, dass der Umgang Kind/Vater äusserst vertraut ist. Da kein Verwaltungsakt existiert, kann der Vater nicht in Anspruch genommen werden, super, oder?


    Eine Mutter, die sich weigert, bei der Feststellung der Vaterschaft oder des Aufenthalts des anderen Elternteils mitzuwirken, hat keinen Anspruch auf Unterhaltsvorschussleistungen. Da muss sie sich schon was Glaubhaftes einfallen lassen...


    Wer ist eigentlich "Wir"? Bist beim Jugendamt beschäftigt?

  • Hi,


    der Unterhaltsvorschuss ist schon seit vielen Jahren (müssten inzwischen ca 15 Jahre sein) nicht mehr von der Angabe des Vaters abhängig. Die Mutter muss sich also gar nichts einfallen lassen. Nur sagen "Vater unbekannt." Der Vater wird angeschrieben von der Unterhaltsvorschusskasse, muss Unterlagen einreichen. Tut er das nicht, dann ergeht ein Bescheid, gegen den er Widerspruch einlegen kann, dann ist das Verwaltungsgericht zuständig. Also ein ganz normales Verwaltungsverfahren.


    Herzlichst


    TK

  • Nur sagen "Vater unbekannt."


    So einfach wird es Müttern gemacht, den Staat zu betrügen???


    Trotz Unterhaltsvorschussgesetz?

    Zitat

    (3) Anspruch auf Unterhaltsleistung nach diesem Gesetz besteht nicht, wenn der in Absatz 1 Nr. 2 bezeichnete Elternteil mit dem anderen Elternteil zusammenlebt oder sich weigert, die Auskünfte, die zur Durchführung dieses Gesetzes erforderlich sind, zu erteilen oder bei der Feststellung der Vaterschaft oder des Aufenthalts des anderen Elternteils mitzuwirken.