Wiederaufleben des Unterhaltsanspruchs

Aufstockungsunterhalt lebt wieder auf.
Unterhaltsanspruch kann später wieder aufleben.

Vor 8 Jahren hat der Gesetzgeber mit einer Unterhaltsreform das Prinzip der Eigenverantwortlichkeit der geschiedenen Eheleute in den Vordergrund gestellt. Er wollte eine vollständige Entflechtung der finanziellen Beziehungen der Ex-Partner erreichen, jedenfalls dem Grundsatz nach. Jeder der Ex-Gatten soll für die Deckung seines täglichen Lebensbedarfes nach der Scheidung selbst sorgen.

Im Unterhaltsrecht wurden die Möglichkeiten erweitert, Unterhaltsverpflichtungen zeitlich zu befristen.

Betreuungsunterhalt

Hiervon gibt es selbstverständlich Ausnahmen, insbesondere, wenn minderjähriger Kinder durch einen geschiedenen Ehegatten betreut werden – sog. Betreuungsunterhalt. Dennoch wollte der Gesetzgeber die bis dahin geltende Lebensstandardgarantie auf Dauer beenden.

Aufstockungsunterhalt

Eine weitere Ausnahme für den Anspruch auf nachehelichen Ehegattenunterhalt bis zum Renteneintritt besteht nach dem neuen Recht weiterhin allein aufgrund des höheren Einkommens eines Ehegatten. Der geschiedene Ehegatte mit geringerem Einkommen kann somit verlangen, dass der andere durch Unterhaltszahlung für die Erhaltung des ehelichen Lebensstandards sorgt.

Der Aufstockungsunterhalt muss aber nur in Ausnahmefällen bis zum Renteneintritt des Unterhaltsberechtigten gezahlt werden. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn dieser aufgrund der Kindererziehungszeiten nicht mehr in der Lage ist, sein voreheliches Einkommensniveau zu erreichen.  Die Gerichte betrachten also die fiktive Situation,  wie dieser Ehegatte beruflich stehen würde, hätte er nicht geheiratet. Die Differenz zwischen dem danach möglichen und nunmehr tatsächlich erzielten Erwerbseinkommen muss ihm als monatlich zu zahlender Aufstockungsunterhalt vom leistungsfähigen Ex-Partner zur Verfügung gestellt werden.

In einem Fall, denn der Bundesgerichtshof 2015 zu entscheiden hatte, musste der Ehemann, der einen Betrieb leitete, ab Ehescheidung Aufstockungsunterhalt zahlen. Nach Beendigung seines Arbeitsverhältnisses aus gesundheitlichen Gründen bezog der Mann zunächst Arbeitslosengeld, anschließend drei Monate Leistungen nach Hartz IV, bevor er wieder eine Anstellung fand. Während seiner Arbeitslosigkeit war er unter Berücksichtigung seines eigenen Existenzminimums nicht in der Lage, Unterhalt zu zahlen.

Der Mann verlangte mit seiner Klage die endgültige Beseitigung  seiner Unterhaltsverpflichtung: durch Leistungsunfähigkeit eine Zäsur eingetreten sei, die zum endgültigen Wegfall seiner Unterhaltsverpflichtung geführt habe. Der BGH urteilte jedoch, dass auch eine nachhaltige Unterbrechung der Leistungsfähigkeit nichts daran ändere, dass der Aufstockungsunterhaltsanspruch nach deren Wiederherstellung erneut aufleben kann.

Somit ist ein Unterhaltsanspruch auch dann möglich, wenn der besser verdienende Ehegatte zum Zeitpunkt der Ehescheidung rein rechnerisch nur deshalb keinen Unterhalt schuldete, weil er zum Beispiel Kindesunterhalt zahlt oder gemeinschaftliche Schulden tilgte. Fallen diese finanziellen Belastungen weg, kann der Unterhaltsanspruch wieder aufleben

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