Unterhalt ist Unterhalt – egal, wer ihn zahlt

Familienunterhalt verfolgt gleiches Ziel wie Betreuungsunterhalt.
Familienunterhalt kann Betreuungsunterhalt ausgleichen – so der BGH.

Laut einem Urteil des BGH vom 16. März 2016 unter dem Az XII ZR 148/14 kann der Wegfall des Anspruchs auf Betreuungsunterhalt vom Mann X (Vater des von der Mutter betreuten Kindes) durch den Anspruch auf Familienunterhalt vom Mann Y (den Mutter heiratet) ausgeglichen werden.

Familienunterhalt und Betreuungsunterhalt gleichwertig

Beide Arten des Unterhalts seien auf das gleiche Ziel gerichtet (Sicherstellung des Lebensunterhalts). Ein Anspruch auf Schadensersatz aufgrund einer rechtsanwaltlichen Falschberatung, aufgrund derer der Betreuungsunterhalt weggefallen ist (Frau heiratet), sei durch den Anspruch auf Familienunterhalt gegen den (neuen) Ehemann ausgeschlossen, weil der neue (Familien)Unterhalt den fehlenden alten(Betreuungs) Unterhalt ausgleiche.

Der Entscheidung des BGH lag folgender Fall zugrunde:

Eine Frau hatte sich im Zuge der Trennung von dem Vater ihres Kindes von einem Rechtsanwalt vertreten lassen und verklagte diesen auf Schadensersatz wegen unrichtiger anwaltlicher Auskunft.

Die Frau ist Mutter einer im Oktober 2010 nichtehelich geborenen Tochter. Sie beauftragte den Beklagten, der Rechtsanwalt und Fachanwalt für Familienrecht ist, mit der Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen gegen den Vater ihres Kindes. In einer E-Mail teilte die Frau ihrem Rechtsanwalt mit, dass sie in einer neuen Partnerschaft lebe und eine Heirat sowie weitere Kinder plane. Auf den Unterhalt nach § 1615 l Abs. 2 Satz 2 BGB, der ihr bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres zustehe, wolle sie einerseits nicht verzichten,- andererseits aber auch nichts mehr mit dem Kindesvater zu tun haben. Sie regte daher an, sich mit diesem auf eine Hochrechnung ihres Unterhalts für die drei Jahre zu einigen. Sollte dieser daran kein Interesse haben, sei sie auch gern bereit, bis zum Ablauf ihres Unterhaltsanspruchs in „wilder Ehe“ mit getrennten Wohnungen zu leben, um „voll zu kassieren“. Sie bat den Rechtsanwalt um Rat für das weitere Vorgehen.

Der Anwalt  antwortete in einer E-Mail, der Unterhaltsanspruch nach § 1615 l Abs. 2 BGB bestehe mindestens für die dreijährige Regelbetreuung der Tochter und dauere auch fort, wenn die Frau heiraten oder in anderer „Lebenspartnerschaft“ leben sollte. Sie müsse nicht in „wilder Ehe“ leben. Die Eheschließung ändere grundsätzlich nichts am Unterhaltsanspruch gegen den Kindesvater.

Die Frau heiratete daraufhin. Ihr Ehemann ist leitender kaufmännischer Angestellter mit einem monatlichen Bruttoeinkommen von 7.200 €.

Die Frau verlangt  von ihrem Rechtsanwalt Schadensersatz wegen entgangenen Unterhalts nach § 1615 l Abs. 2 Satz 2 BGB für die Zeit von der Eheschließung bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres des Kindes in Höhe von über 30.000 €.

Anspruch auf Betreuungsunterhalt entfällt bei Heirat

Der BGH urteilt, dass der Rechtsanwalt die Rechtsprechung des BGH zur entsprechenden Anwendung des § 1586 BGB auf den Unterhaltsanspruch nach § 1615 l Abs. 2 Satz 2 BGB (Senatsurteil BGHZ 161, 124 = FamRZ 2005, 347) nicht berücksichtigt habe und daher dem Grunde nach wegen anwaltlicher Falschberatung gemäß § 280 Abs. 1 BGB zum Schadensersatz verpflichtet sei.

Ein möglicher ersatzfähiger Schaden liege darin, dass die Klägerin wegen der Falschberatung früher als von ihr unter diesen Umständen vorgesehen geheiratet hat und demzufolge ihr Unterhaltsanspruch gegen den Vater ihres Kindes weggefallen ist.

Nach der Rechtsprechung des BGH erlösche der Unterhaltsanspruch gemäß § 1615 l Abs. 2 Satz 2 BGB analog § 1586 BGB mit der Verheiratung des unterhaltsberechtigten Elternteils. Der BGH hat dies damit begründet, dass das Gesetz für den Unterhaltsanspruch nach § 1615 l BGB – im Gegensatz zum nachehelichen Unterhaltsanspruch nach § 1570 BGB – keine ausdrückliche Regelung enthält, wie zu verfahren ist, wenn die unterhaltsberechtigte Mutter einen anderen Mann als den Vater ihres Kindes heiratet, und hat darin eine unbewusste Regelungslücke gesehen. Wenn der Gesetzgeber trotz der großen Nähe zu dem Anspruch aus § 1570 BGB von einer dem § 1586 Abs. 1 BGB entsprechenden Regelung abgesehen, dessen Anwendung aber auch nicht ausgeschlossen hat, kann das nur auf einer unbeabsichtigten Regelungslücke beruhen. Daher sei schon zur Gleichbehandlung einer geschiedenen Mutter mit der Mutter eines nichtehelichen Kindes im Fall der (Wieder-)Heirat eine entsprechende Anwendung von § 1586 BGB geboten (Senatsurteil BGHZ 161, 124 = FamRZ 2005, 347, 349 f.). An dieser Rechtsprechung sei auch nach Inkrafttreten des Unterhaltsrechtsreformgesetzes zum 1. Januar 2008 festzuhalten. Daraus, dass im Zuge der Reform keine § 1586 BGB entsprechende ausdrückliche Regelung in das Gesetz aufgenommen wurde, könne keine Änderung der Rechtslage hergeleitet werden. Für den Gesetzgeber bestehe regelmäßig schon keine Veranlassung, mit einer gesetzlichen Neuregelung zugleich die zu einem bestimmten Rechtsinstitut ergangene höchstrichterliche Rechtsprechung zu kodifizieren und dabei in der Vergangenheit aufgetretene Gesetzeslücken zu schließen. Erst recht könne aus einem entsprechenden gesetzgeberischen Unterlassen nicht die Folgerung gezogen werden, dass dadurch die im Wege richterlicher Rechtsfortbildung ausgeformte Rechtslage geändert werden sollte.

Die Frau hätte bei zutreffender Beratung durch den Rechtsanwalt die Heirat zurückgestellt. Auch wenn es sich bei der Heirat um eine höchstpersönliche Entscheidung handelt, steht dies der Zurechnung eines damit verbundenen Schadens nicht entgegen.

Dennoch kein Anspruch auf Schadenersatz

Dennoch hat der BGH einen Schadensersatzanspruch verneint. Zum einen habe die Frau  zum Bedarf und zur Leistungsfähigkeit nicht in ausreichendem Maß vorgetragen, da sie das Einkommen des Unterhaltspflichtigen nicht dargelegt habe. Ein Unterhaltsschaden sei deshalb  nicht schlüssig vorgetragen.

Die unterhaltsrechtlichen Grundsätze zur Darlegungs- und Beweislast fänden beim auf den Unterhaltsschaden gerichteten Schadensersatzanspruch keine Anwendung. Den Schadensersatzkläger (also die Frau) treffe  vielmehr anders als den Unterhaltsgläubiger im Rahmen des Unterhaltsverfahrens die Darlegungs- und Beweislast auch für die Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen (BGH Urteil vom 23. April 1974 – VI ZR 188/72 – NJW 1974, 1373 mwN).

Familienunterhaltspflicht des Ehemannes gleicht Betreuungsunterhaltspflicht des Kindesvaters aus

Zudem sei aber ein – unterstellter – Unterhaltsschaden jedenfalls nach den Grundsätzen des Vorteilsausgleichs kompensiert worden, so der BGH.  Durch die Heirat sei ein Anspruch der Klägerin auf Familienunterhalt nach § 1360 BGB begründet worden, der an die Stelle des Unterhaltsanspruchs nach § 1615 l Abs. 2 Satz 2 BGB getreten sei. Der nach §§ 249 Abs. 1, 251 Abs. 1 BGB zu leistende Schadensersatz umfasse zwar zum einen alle Nachteile, die der Geschädigte verglichen mit dem hypothetischen schadensfreien Verlauf erlitten habe. Bei der Bemessung des Schadensersatzes seien aber nicht nur die dem Verletzten ungünstigen, sondern auch die ihm schadensbedingt günstigen Veränderungen zu berücksichtigen. Dementsprechend dürften schädliche und nützliche Folgen des schädigenden Verhaltens nicht voneinander getrennt werden. Daher seien mit dem Schaden verbundene Vorteile grundsätzlich auf den Schaden anzurechnen (Vorteilsausgleich). Voraussetzung für eine solche Anrechnung sei, dass Schadenseintritt und Vorteil im adäquaten Ursachenzusammenhang stünden. Das sei beim Verlust des Unterhaltsanspruchs nach § 1615 l Abs. 2 Satz 2 BGB und dem Entstehen des Anspruchs auf Familienunterhalt, die beide aus der Eheschließung resultieren, unzweifelhaft der Fall. Die außerdem erforderliche Kongruenz zwischen Vor- und Nachteil sei ebenfalls gegeben, da  beide Ansprüche als Unterhaltsansprüche zur Deckung des Lebensbedarfs der Klägerin bestimmt seien und den gesamten Lebensbedarf der (jeweils) nicht erwerbstätigen Klägerin abdeckten. Dass der Unterhalt nach § 1360 BGB – abgesehen von Wirtschafts- und Taschengeld – nicht ohne Weiteres Geld zu leisten sei, ändere nichts daran, dass er zur Deckung des gesamten Lebensbedarfs bestimmt ist.

Schließlich stünden der Anrechnung des Familienunterhalts auf den durch die Falschberatung des Beklagten entstandenen Unterhaltsschaden auch keine mit der Zuerkennung des Schadensersatzanspruchs verbundenen Wertungsgesichtspunkte entgegen. Zwar sei zutreffend, dass es sich beim Familienunterhalt um gegenseitige Pflichten der Ehegatten handele und der Anspruch aus § 1360 BGB sich insoweit von demjenigen aus § 1615 l BGB unterscheide. Dass es sich hierbei indessen nicht um einen ausschlaggebenden Unterschied handeln kann, zeige sich an der gesetzlichen Regelung in § 1586 BGB. Diese führe auch beim Unterhalt nach § 1570 BGB zum Erlöschen des Anspruchs, obwohl insoweit ähnliche Unterschiede zwischen Betreuungsunterhalt und Familienunterhalt in der neuen Ehe bestünden. Dementsprechend habe der Bundesgerichtshof im Fall, dass bei Tötung eines im Gewerbebetrieb mitarbeitenden Ehegatten der dadurch geschädigte überlebende Ehegatte wieder geheiratet hat und in der neuen Ehe der früheren Ehe vergleichbare Leistungen erhält, einen Vorteilsausgleich angenommen, ohne darin eine ungerechtfertigte Besserstellung des Schädigers zu erblicken (BGH Urteil vom 16. Februar 1970 – III ZR 183/68 – NJW 1970, 1127 zur Wiederverheiratung beim Anspruch aus § 845 BGB).

Ob eine andere Betrachtung angebracht wäre, wenn der Familienunterhalt etwa mangels Leistungsfähigkeit des Ehegatten keinen adäquaten Ersatz für den weggefallenen Anspruch aus § 1615 l Abs. 2 Satz 2 BGB bilde, könne  offenbleiben, da der Ehemann der klagenden Frau  unstreitig hinreichend leistungsfähig sei.

Der Klägerin sei somit eine Anrechnung des Vorteils zumutbar  und der Beklagte werde dadurch auch nicht in unangemessener Weise entlastet.

1 Gedanke zu „Unterhalt ist Unterhalt – egal, wer ihn zahlt“

  1. de heer ikiewicz woont in nederland ,is getrouwd met frau bozena ilkiewicz die in duisburg elke maand van de hartz iv geld krijgt voor onderhoud voor haar en haar twee kinderen ….daarbij krijgt ze ook nog elke maand 400 tot 600 euro van haar man uit nederland via de westeren union opgestuurd ……dat is toch niet eerlijk we spreken hier van fraude

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